Überleben auf Partys: Expeditionen ins Feierland (German Edition)
Michael. Nur die Marmorplatte wird es überstehen. Das ist es, was nachfolgende Generationen an diesem rätselhaften Ort finden werden. Eine schwarze Platte aus Marmor auf einem Trümmerfeld. Der Buddha ist in der Nase. Nadine würgt.
»Endlich sieht es hier wieder wohnlich aus«, sagt Andreas.
Der Rest der Party ist eine Therapiesitzung aller Frauen, mit Judith und Nadine im Zentrum. Die Männer stehen derweil im Garten und stoßen, den Blick auf das Terrassenfenster, blind mit Bierdosen an.
»Und sonst?«
»Läuft.«
»Tina und du? Babys?«
»Bald.«
»Mareike?«
»Wieder da.«
»Gut.«
»Jo.«
»Na, dann.«
»Prost.«
»Prost.«
Aus dem Spülgläsersex wird in dieser Nacht nichts mehr. Als Tina um drei Uhr die völlig verheulten Freundinnen Judith und Nadine Arm in Arm aus der Haustür schiebt und die Tür schließt, lehnt sie sich von innen dagegen und sinkt erschöpft wie eine Boxerin hinab.
»Ruf in Jerusalem an«, sagt sie, »als Nächstes löse ich den Nahostkonflikt.«
Michael lächelt.
Wie gerne würde er sie noch vernaschen.
Aber selbst wenn – für Spülgläsersex sind nicht genug intakte Gläser übrig geblieben.
•Der 30. Geburtstag
Alkoholpegel: ★ ★
Drama: ★ ★ ★ ★ ★
Erotik: ★ ★
Spaß: ★ ★
Was man erwartet
Sex. Nach einem angenehmen Beisammensein, das den »alten Kreis« einander wieder näherbringt und alle mit einem guten Gefühl nach Hause entlässt, genießt man den ersten Spülgläsersex im eigenen Haus und beobachtet sich dabei selbst gespiegelt in den aufsteigenden Blubberbläschen.
Was tatsächlich passiert
Krieg und Therapie. Die schwelenden Konflikte der letzten zwölf Jahre kommen auf den Tisch und werden bis zur letzten Glasscherbe ausgefochten. Am nächsten Morgen kramt man das Bonusheft vom Supermarkt raus, da es bei vollem Bogen einen Satz neuer Weingläser zum Sonderpreis gibt.
Was man tun sollte
Das Leben der Freunde auch zwischen dem Schulabschluss und dem 30. Geburtstag verfolgen und an wichtigen Schlüsselpunkten wie Hochzeit, Kindsgeburt oder dem Überleben einer Berglawine persönlich anwesend sein. Unter Männern reicht auch Biertrinken.
Typischer Song
»Californication« von den Red Hot Chili Peppers
Typisches Getränk
Rotwein
Das Komasaufen
Das Komasaufen ist das Fest des Absturzes. Eine Feier des Weges mit gnadenlosem Ziel. Ein Fanal der Kompromisslosigkeit. Ungünstig ist nur, dass es niemals über das Krankenhausklo hinausgeht …
Pffffffffffffffffffft.
Bodo bläst ins Röhrchen. Er kriegt die Dinger umsonst, denn sein Vater arbeitet beim Reisezentrum des ADAC.
»Es ist erst halb sieben. Da passiert noch nix, Alter!«
Stimmt.
Der Alkoholtester zeigt lediglich 0,1 Promille an. Dabei hat Bodo schon die zweite Ladung Halbliterdosen in seinen Saufhelm geklemmt. Samstagabends nennt ihn niemand Bodo. Samstagabends ist er Biermeister Bob. Und als solcher weiß er, was für eine Kondition er sich erarbeitet hat. Aber erst 0,1 Promille nach einem Liter Bier? Das kann heute richtig in Arbeit ausarten.
Bodo saugt die zweite Ladung Dosen, die oben links und rechts an seinem Helm klemmen, auf ex in seinen hünenhaften Leib. Er rülpst so laut, dass ein kleiner Passant zusammenzuckt und augenblicklich einen Kopf tiefer in den hochgeschlagenen Kragen seines Fleecemantels rutscht.
»Nachladen, Knappe!!!«, brüllt der Biermeister und beugt sich nach hinten, damit Felix an seinen Rucksack kommt, in dem zwanzig Kilo Paderborner Pils klappern. Felix zieht die nächsten Kannen aus dem Sack und montiert sie an Bobs Schädel. Die leeren Patronen fliegen blechern rappelnd über den Asphalt wie Hülsen aus einer leer geschossenen Ladung von Chuck Norris. Felix heißt samstagabends Der kleine Feigling , weil er ausschließlich diese süßen Schnäpse säuft und mit zunehmendem Pegel immerfort ankündigt, jemanden fertigmachen zu wollen. Ole notiert die Pegelstände. Er hält die Gruppe zusammen, obwohl er die härteste Trinksau von allen ist. Ihn nennen sie Wodka-O., weil er nur den klaren Kartoffelschnaps vom Russen trinkt. Gorbatschow, Puschkin, die ganze Riege, direkt aus der Literflasche, natürlich ohne O-Saft. Dafür denkt er daran, zwischendurch auch mal was zu essen. Er hat sich zu diesem Zweck einen Wursthalter gebastelt. Eine halbe Plastikgabel, die aufrecht am Bügel seiner Sonnenbrille klebt. Wodka-O. trägt immer Sonnenbrille, auch nachts.
Nur Ellen und Anja haben keine Saufnamen. Was nicht heißt, dass sie nicht saufen.
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