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Ufer von Morgen

Ufer von Morgen

Titel: Ufer von Morgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Vertretern der neutralen Länder«, sagte St. Leger. »Dänemark, Afghanistan, Burma, Frankreich und Ungarn. Wir wollten eine Art Kompromiß aushandeln, Dane. Etwas, das man vorzeigen könnte, wenn die Sitzung heute eröffnet wird.«
    »Irgend etwas erreicht?«
    »Nicht einen Schritt sind wir vorangekommen«, erwiderte St. Leger und versuchte, traurig zu lächeln. »Es gibt einfach keinen Kompromiß, der durchführbar wäre.«
    Merrill sagte: »Es gibt nur schwarz und weiß.«
    »Ja. Eine der beiden Seiten muß nachgeben, oder alle erleiden einen Verlust.«
    »Man sollte meinen, die müßten das einsehen.«
    »Sie sehen es ein«, erwiderte St. Leger. »Wir haben es nämlich nicht mit blinden, nationalistischen Fanatikern zu tun, Dane. Aber die Menschen im Westen schrecken vom Gefühl her vor der ganzen Sache mit der Pantropie zurück, während der Osten nicht begreift, daß man einen Plan fallenlassen soll, den man für gut hält, nur weil es einen anderen gibt, der teurer und ihrer Ansicht nach unvernünftiger ist. Keiner gibt also einen Millimeter nach. Und Sie wissen, wovor ich mich fürchte.«
    »Vor einem einseitigen Vorgehen? Das ist doch unmöglich.«
    »Nicht unmöglich, Dane, nur eben unwillkommen. Angenommen, die Asiaten haben genug von dem Schwanken der Gesetzgebung und schicken eine Gruppe auf den Mars, die dort pantropische Wesen aufziehen soll? Oder angenommen, dem Westen ist alles egal, und er beschließt, den Mars aus eigener Tasche zu terraformieren, damit die westliche Privatwirtschaft zum Zuge kommt?«
    »Das würde Krieg bedeuten.«
    »Natürlich. Die Jahre des Alptraums sind vorüber, aber sie sind nicht notwendigerweise für immer dahin. Seit rund fünfzig Jahren haben wir auf diesem Planeten relativ friedlich und harmonisch gelebt. Wenn aber dieser Knoten in der Versammlung nicht bald gelöst wird, können wir erleben, daß jemand einseitig die Initiative ergreift. Und dann geht die alte Geschichte mit den Wasserstoffbomben wieder los, der ganze aggressive Wahnsinn, von dem wir geglaubt hatten, wir hätten ihn 2009 begraben.«
    Merrill starrte auf den weinroten Teppichboden des Büros. »Kein Kompromiß in Sicht. Und keine Seite will klein beigeben. Was geschieht als nächstes?«
    »Ich wollte, ich wüßte es. Gehen Sie und reden Sie mit Kennedy und Wu, Dane. Ich wage es nicht. Sie trauen mir nicht. Horchen Sie sie aus. Versuchen Sie herauszubekommen, wie die auf den Stillstand reagieren. Dann erstatten Sie mir Bericht.«
    »Gut.«
    Washington, D.C. 29. März (AAP) – Charles Kennedy, der Leiter der amerikanischen Delegation bei den Vereinten Nationen, verbrachte den heutigen Morgen im Weißen Haus, wo er seine dritte Besprechung innerhalb der letzten zehn Tage mit Präsident Brewster abhielt. Ebenfalls anwesend waren Dr. Manly Halliburton aus Chicago und Michael]. Reed aus New York, die wichtigsten Befürworter einer Terraformierung des Mars.
    Nach der Besprechung gaben weder der Präsident noch Mr. Kennedy einen Kommentar ab. Mr. Reed äußerte, daß ihm von Regierungsseite wieder versichert worden sei, daß man dem Plan einer Terraformierung wohlwollend gegenüberstünde.
    - New York Times vom 30 . März 2052
    Charles Kennedy war siebenundfünfzig und hatte schon eine steile Karriere hinter sich. Vor ihm lagen noch gut zwanzig Jahre des Dienstes an der Öffentlichkeit. Er hatte ein schmales, aristokratisches Gesicht, eine lange, spitze Nase und feste Lippen. Seine Brauen waren unverhältnismäßig dunkel und buschig. Das Kopfhaar war ihm vor der Zeit weiß geworden.
    Er lächelte Dane Merrill von seinem riesigen, leeren Mahagoni-Schreibtisch her gütig an und sagte: »Ich habe Verständnis für Ihre Lage, Merrill. Aber haben Sie wirkliches Verständnis für die unsere?«
    »Habe ich. Ich weiß, daß Sie sich gefährlich weit vorgewagt haben, Mr. Kennedy, wenn Sie das meinen.«
    »Das meine ich. Und nun sollen wir im Namen der staatsmännischen Einsicht zurückstecken.«
    »Im Namen des Friedens«, sagte Merrill.
    Kennedy wurde unruhig und fuhr sich durch die weiße Mähne. »Bei der Sache geht es um viele Faktoren, die unklar sind. Im letzten halben Jahr haben wir ein paar hundert Millionen aus eigener Tasche gezahlt, um festzustellen, wie die öffentliche Meinung in dieser Hälfte der Welt aussieht. Und die meisten Leute sind geradezu entsetzt von dem Gedanken der Pantropie.«
    »Die meisten Leute sind von jeder neuen Idee entsetzt«, bemerkte Merrill.
    »Zugegeben. Mein lieber Merrill,

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