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Ufer von Morgen

Ufer von Morgen

Titel: Ufer von Morgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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unseren Platz treten, denen die öffentlichen Interessen mehr am Herzen liegen. Hier wird niemand sein, der das abstreiten will. Sie, Mr. Kennedy, haben mir das auf unserer kleinen Besprechung im Frühjahr sehr klar gemacht.«
    Niemand sagte etwas. Man war unruhig. Merrill fuhr fort: »Dieser Punkt ist also klar. Der nächste ist, daß wir auf anderen Welten Kolonien errichten müssen. Wenn die gegenwärtige Krise jedoch andauert, werden wir nie soweit kommen. Handeln wir damit im allgemeinen Interesse? Selbstverständlich nicht! Die gegnerischen Parteien in diesem Streit handeln nur in nationalem Interesse, erweisen aber der gemeinsamen Sache der Erde einen schlechten Dienst. Daher müssen wir mit aller Gewissenhaftigkeit versuchen, den toten Punkt zu überwinden, an dem wir jetzt stehen. Ich habe einige Vorschläge, mit denen Mr. St. Leger einverstanden ist.«
    »Fangen Sie schon an«, brummte Michael Reed ungeduldig.
    Merrill hielt sich zurück und warf dem dickbäuchigen Industriellen keinen wütenden Blick zu. »Schön. Erstens: Wir müssen den Mars sofort kolonisieren. Und die einzige Methode der Kolonisation, die in Betracht kommt, ist, wie ich fürchte, die Terraformierung.«
    Die einfache, entschiedene Äußerung hatte die erwartete Wirkung. Hwang sah ihn mit offenem Mund an, während Wu vor Schreck erblaßte. Kennedy sah völlig überrascht aus, Halliburton blinzelte ungläubig, und Reed, der sich von seiner Verblüffung rasch erholte, strahlte zufrieden.
    Dann löste sich die Spannung. Wu sprang auf die Beine und rief heftig, aber ganz Herr seiner selbst: »Mr. Merrill, ich muß Sie ersuchen, diese Äußerung genau zu erklären! Was Sie gesagt haben, ist ein Schlag ins Gesicht der ganzen östlichen Welt. Stellen Sie sich einen Kompromiß so vor? Sie erklären kategorisch, daß das Verfahren Ihrer eigenen Nation angewandt werden muß!«
    Merrill erwiderte müde: »Bitte setzen Sie sich, Mr. Wu. Ich habe nicht die Absicht, den Osten zu beleidigen, und ich werde alles erklären, wenn Sie mir nur die Gelegenheit dazu geben. Meine Äußerung war nicht der Ausdruck einer Bevorzugung des Westens. Ich bin einfach nur für die ganze Erde, Mr. Wu. Wir vom Sekretariat geben uns Mühe, über den nationalen Gesichtspunkten zu stehen, so schwer das manchmal auch fallen mag.«
    »Lassen Sie uns dann bitte Ihre Erklärung hören«, sagte Wu. »Ich muß Sie jedoch warnen. Wir haben nicht die Absicht, uns zu fügen.«
    »Wenn Sie es nicht als Kampf auffassen würden«, sagte Merrill, »müßten Sie auch keine Angst vor einem Nachgeben haben. Die Erklärung ist jedoch ziemlich einfach. Die Pantropie ist eine große Errungenschaft der Biologie, aber es wäre politischer Selbstmord, sie auf dem Mars anzuwenden. Für diesen Planeten ist die Terraformierung die einzig vernünftige Methode.«
    »Ich kann nicht verstehen –«
    »Der Grund«, fuhr Merrill rücksichtslos fort, »ist folgender: Die Völker der Welt haben uns mit der Regierung beauftragt. Wir entscheiden über die Ausgaben. Wir sind daher den Völkern verpflichtet. Mr. Wu, dieser Planet ist übervölkert. Nach der Zählung von 2050 hat die Erde fast neuneinhalb Milliarden Bewohner. Wir werden noch Jahrhunderte an dem Problem der Übervölkerung zu beißen haben. Vor allem im östlichen Teil der Welt, Mr. Wu.
    Nun gut. Wir wollen einen großen Schritt in den Weltraum hinaus machen. Wir wollen menschliches Leben auf den Mars verpflanzen. Aber angenommen, wir setzen dort pantropisches Leben ein, Mr. Wu? Eine große Errungenschaft der Biologie, aber wird der Mars dadurch menschlichen Pionieren zugänglich gemacht? Sicher nicht. Der Mars wird im Gegenteil der Menschheit auf immer entzogen. Was wir jetzt brauchen, Mr. Wu, ist eine Welt dort oben, die die Gedanken von neun Milliarden Menschen auf der Erde in ihren Bann schlägt. Eine Welt, deren Aufbau der einfache Mann für gerechtfertigt hält. Eine Welt, die dem Pionier Chancen bietet und die auf eine Abnahme der Überbevölkerung hoffen läßt. Keine Welt, die von Wesen bevölkert wäre, die uns fremd wären und die wir selbst geschaffen hätten.
    Dieser Punkt ist von beiden Seiten die ganze Zeit übersehen worden. Der Durchschnittsbürger zahlt die Rechnung und bestimmt die Richtung. Was ich jetzt sage, hat mit den Realitäten der Politik zu tun. Bis jetzt haben wir auf einer reichlich abstrakten Ebene diskutiert. Es ist Zeit, daß wir die Füße auf den Boden der Tatsachen bekommen und sehen, daß wir die Zustimmung

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