Uferwald
totgefahren wird.«
»Die Personenbeschreibung kommt also von den Bankleuten, von diesem Czybilla und seinen beiden Schnepfen?«
»Von wem sonst?«
»Na gut«, fuhr Kuttler fort. »Hast du was zu schreiben? Der eine Kerl heißt Iwan Neumeister, und er wohnt bei seiner Mutter in der Sperlinggasse 19, das ist in der Buchenbronn-Siedlung. Der zweite Kerl ist angeblich sein Cousin, das ist ein Zwei-Meter-Mann, da müsst ihr gucken, wie ihr den ruhig- stellt. Im Augenblick sind die beiden zwar nicht im Buchenbronn, aber sie haben sich schon das Bier und den Schnaps ins Haus bringen lassen.«
»Entschuldige«, unterbrach ihn Orrie, »was glaubst du, wie mir das am Arsch vorbeigeht? Hast du eigentlich eine Vorstellung, was die mich im Neuen Bau alles geheißen haben? Der Schlimmste war euer Zwangszwinkerer.«
»Und mir haben Sie ein Disziplinarverfahren angehängt.« »Tut mir Leid. Trotzdem...«
»Ich hab dir den Namen gegeben«, sagte Kuttler. »Das ist nicht nichts. Damit kannst du es ihnen zeigen. Ihnen allen.«
»Erstens hab ich Feierabend«, protestierte Orrie, »zweitens ist das ausschließlich verdammte Kripoarbeit. Warum kümmerst du dich nicht selbst darum?«
»Mach was draus, oder lass es bleiben«, antwortete Kuttler. »Ich hab anderes zu tun.« Er schaltete das Handy aus und drehte sich auf den Rücken und sah Puck zu, die – ein Tablett mit einer Bierflasche und belegten Broten balancierend – zu ihm ins Bett stieg. »Sei nicht enttäuscht«, sagte sie, »das Bier ist lauwarm. Mein Kühlschrank hat den Geist aufgegeben.«
Kühlschrank?, dachte Kuttler. »Ich liebe lauwarmes Bier. Und für den Kühlschrank wird sich Ersatz finden lassen.«
D as Nasenbluten hatte aufgehört. Czybilla fühlte sich merkwürdig leicht, ein wenig betrunken, sicher doch, aber wenn er den Kopf nicht zu rasch bewegte, hatte er keine Schmerzen.
Das Dröhnen war noch da, aber so, als ob es sich in ihm eingerichtet hätte oder er sich in ihm.
»Angefangen hat es... ich weiß gar nicht mehr, wann es angefangen hat.« Doch, du weißt es. Angefangen hat es mit Tantchen. »Da kam so eine Alte in die Filiale, die hatte siebzig- oder achtzigtausend Mark, verteilt auf drei Konten, mal hat sie da fünfzig abgehoben, mal dort hundert einbezahlt. Die Auszüge hat sie schon lange nicht mehr lesen können, aber von ihren Verwandten hat sie keinen dran gelassen, und so ist sie immer zu mir gekommen, ich hab ihr den Beleg ausgefüllt, und sie hat ihren Krakel dazu gemacht. «
»Und dann hat die Alte bald keine siebzigtausend mehr gehabt«, sagte Wanja und gähnte, »das ist keine so besonders hinreißende Geschichte, weißt du das?«
Czybilla schüttelte den Kopf. »Nein, so ist das nicht gelaufen. Durchaus nicht. Da kam nämlich einmal ein Kunde, ein ganz gut situierter Mann.«
»Was war der?«, unterbrach ihn Wanja.
»Es war einer mit Kohle, ein Bauamtsleiter vom Land, ich weiß auch nicht, wieso es der so üppig hatte, aber er hatte das Geld in Bündeln in seiner Aktentasche verstaut, und er hat so herumgedruckst, ich sollte es für ihn anlegen, aber nicht unter seinem Namen, ob ich da einen Weg wüsste? Es sei ihm einfach zu blöd, immer nach Österreich zu fahren, die österreichischen Nummernkonten waren damals sehr in Mode.«
»Weiter«, sagte Wanja.
»Ich hab das Geld dann angelegt, nicht in Aktien, sondern in Optionen, das ist vielleicht riskanter, aber wenn Sie richtig Kasse machen wollen...«
»Was für Zeug?«
»Optionen. Ich erkläre es Ihnen. Gleich.« Czybilla griff nach der Flasche und nahm einen Schluck. Sie war fast leer. »Nehmen wir mal Daimler. Der Kurs liegt jetzt so bei 32...«
»32 was?«
»Bei 32 Euro pro Aktie. Und nun denken Sie, Daimler bautbescheuerte Autos, und der Kurs, der geht so was von baden – was tun Sie dann?«
»Mercedes find ich nicht bescheuert.«
»Auch recht«, konzedierte Czybilla. »Daimler baut tolle Autos, und deshalb denken Sie, der Kurs ist viel zu niedrig, der geht auf mindestens fünfzig rauf. Dann bieten Sie mir einen Vertrag an, dass ich Ihnen in zwei Monaten zehntausend Stück zum Kurs von sagen wir einmal vierunddreißig verkaufen muss...«
»Zehntausend Stück wovon?«
»Von den Daimler-Aktien.«
»Sehe ich vielleicht so aus, als ob ich Aktien kaufe?«, wandte Wanja ein.
»Lass ihn weiterreden«, sagte Brötchen.
»...also jedenfalls ist das eine Option, und wenn der Kurs tatsächlich raufgeht, muss ich Ihnen die Aktien für vierunddreißigtausend verkaufen,
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