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Uferwald

Titel: Uferwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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zur Iller hinab. »In den Holzstöcken« sagen die Leute zu dieser Gegend, und so sah sieauch aus. Der Regen fiel so dicht, dass die Wischerblätter Mühe hatten, das Wasser von der Frontscheibe zu schaffen, obwohl sie auf die höchste Geschwindigkeit eingestellt waren. Was tu ich mir da an, dachte Luzie, hatte sie nicht genug Stress und Ärger im Büro? Morgen würde sie die Aktennotiz über den Fall Fudel/Gossler zu schreiben haben, es war das erste, was der Geschäftsführer – eben von der Katholischen Akademie zurückgekehrt – angeordnet hatte. Ganz offenkundig sollte nun sie das Karnickel sein, denn hätte nicht sie in der Wohnung der Frau Gossler nachsehen lassen, und hätte wiederum nicht sie den Schreibtisch der Sachbearbeiterin Fudel überprüft...
    » Woraus haben Sie eigentlich Ihre Befugnis abgeleitet für diese... diese Aktion, Frau Haltermann?«
    ...hätte sie also dies alles nicht getan, so wäre der Personalrat nicht aufgestört und die Frau Gossler läge noch in ihrer Wohnung und niemand hätte einen Ärger und alles ginge seinen geordneten Gang. Morgen würde sie aufschreiben, was sie dazu zu sagen hatte, aber dieses Morgen war jetzt eigentümlich fern und unwichtig und hatte überhaupt nichts zu tun mit dem, was sie jetzt tat oder tun wollte.
    Die Straße führte über eine Brücke, irgendwann müsste jetzt links oben eine Kirche zu sehen sein, wenn irgendetwas zu sehen wäre. Rechts nach der Kurve sollte ein Gasthof sein, aber es kamen jede Menge Kurven. Irgendwann dann doch ein Licht, parkende Autos, sie fuhr auf den gekiesten Hof, dann sah sie, dass das nicht der «Adler« war, und wenn es der nicht war, dann konnte sie auch mit der Skizze nichts mehr anfangen, die sie heute Mittag bekommen hatte.
    Es blieb ihr also keine Wahl, und so stieg sie aus und ging in die Kneipe, die »Zum deutschen Kaiser« hieß. Zigarettenqualm und Lärm und die Ausdünstungen rotgesichtiger schwitzender Männer schlugen ihr entgegen, der Wirt ließ sie erst einmal vor dem Tresen stehen und machte sich am Zapfhahn zu schaffen, und während sie so stand und wartete, spürte sie, wie ihr die Rotgesichtigen auf den Hintern starrten. Schließlich bequemtesich der Wirt zu einer Auskunft, Luzie bemühte sich, höflich danke zu sagen, ging und stellte sich die Kommentare und Mutmaßungen lieber nicht vor, die jetzt in der Kneipe ausgetauscht wurden. Dritte Querstraße links, hatte der Wirt gesagt, den Berg hoch, bis es nicht mehr weitergeht. Die Scheinwerfer erfassten ein altes Bauernhaus mit weit heruntergezogenem Dach, zwei Fenster waren erleuchtet, alles andere dunkel. Sie stellte den Wagen ab, stieg aus und hängte sich ihr Cape über die Schultern.
    Was mach ich, dachte sie, wenn der jetzt nicht allein ist, sondern irgendeine Bauernschnepfe sitzt ihm Modell? Dann verscheuchte sie den Gedanken und ging durch den Regen zur Haustür. Es war zu dunkel, als dass sie eine Klingel hätte erkennen können. Sie klopfte, dann griff sie nach der Klinke und drückte sie hinunter, es war noch eine alte Klinke, schmiedeeisern, und sie saß ausgeleiert in der Tür. Der Flur roch modrig, durch Türritzen drang das Licht aus dem Zimmer, dessen Fenster sie erleuchtet gesehen hatte. Sie ging zur Tür, klopfte leicht und öffnete sie.
    Sascha saß auf einer Eckbank an einem Holztisch und las. Vor ihm stand eine geöffnete Flasche Bier. In einem eisernen Ofen brannte ein Feuer.
    »Du hast dir Zeit gelassen«, sagte Sascha und klappte das Buch zu.
    Luzie trat noch einen Schritt ins Zimmer. Das Cape war zu Boden geglitten. Sascha stand auf und nahm die Bierflasche und stellte sie auf das Fenstersims.
     
    A uch im Büro des Leiters der Kriminalpolizei war nur die Schreibtischlampe eingeschaltet, und die schweren, dunkel gebeizten Stilmöbel ließen den Raum nicht einfach bloß altmodisch, sondern merkwürdig düster erscheinen.
    »Setzt euch«, sagte Kriminalrat Englin. »Ein Rechtsanwalt...« Er blickte auf den Schreibblock, der vor ihm lag – »ein RechtsanwaltDannecker hat mich angerufen, ich glaube, Kuttler, er wollte sich über Sie beschweren.« Sein Augenlid zuckte einmal, aber Kuttler hatte den Eindruck, an diesem Tag sei alles anders als sonst, selbst die Stimme Englins und womöglich anders auch das Zucken des Englinschen Augenlids. Er warf einen Blick zu Tamar und sah, dass sie ihm ein Zeichen gab, es war eine auffordernde Handbewegung, als wolle sie ihm sagen: Jetzt mach mal!
    »In der Wohnung, in der diese Frau Gossler

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