Uferwald
soll...«, hob Luzie an, aber Matthes lächelte abwehrend, und Luzie hielt inne und folgte seinem Blick.
»Ach, da ist ja dieser Mensch. Warum fragen wir ihn nicht einfach, was genau er wissen will und warum, und sagen esihm dann?« Sie wandte den Blick wieder zu Matthes. »Diese bescheuerte Abstimmung war ja nun wirklich peinlich. Aber wenn jemand diese Geschichte herausfinden will, dann findet er sie auch heraus.«
»Wir haben damals ausgemacht, dass wir nichts davon erzählen«, gab Matthes zurück. »Und ich hab mich daran gehalten und hab abgeblockt, als dieser Mensch mich danach gefragt hat. Also halt du dich bitte auch daran.«
»Das willst du so?«, fragte Luzie zurück.
»Ich denke, dass ich das erwarten darf.«
»Okay«, sagte Luzie leichthin. »Ich werde daran denken. Und du wirst nicht vergessen, was dein Chef uns angewiesen hat.« Sie lächelte kurz.
Das Luzie-Lächeln, dachte Matthes. Eines, das keine Widerrede duldet.
K uttler hatte eine halbe Brezel in der Hand und betrachtete die Traumtänzer-Statue. Irgendwo hatte er sie schon einmal gesehen. Oder nein, es war nicht die Statue gewesen, sondern ein Plakat mit einem Bild von ihr, das Plakat war im Hauptbahnhof aufgestellt, auf Gleis 1, als er und Tamar den Alten Mann und seinen Hund verabschiedet hatten. Er trat ein wenig zur Seite und biss ein Stück von der Brezel ab, sie schmeckte ihm nicht und verursachte ihm ein würgendes Gefühl im Hals, der Bäcker hatte die Lauge zu stark konzentriert, oder vielleicht war es überhaupt ein Unding, Brezeln am Abend anzubieten, das kam davon, wenn man aus lauter Geiz die schwäbische Folklore zu weit trieb.
Von der anderen Seite her näherte sich eine Gruppe dem Traumtänzer und blieb davor stehen und ließ sich von einem Mann in einer Lederweste und mit einer mächtigen kraushaarigen schwarzen Mähne erklären, was die Statue offenbar an Fragen offen ließ. Vorne, dicht bei dem Mann in der Lederweste, standen zwei Frauen, die knappen Cocktailkleidchen einwenig zu knapp, und eine Dame, das weiße Haar ganz kurz geschnitten, dahinter die männlichen Begleitpersonen mit den ergebenen Gesichtern, die Kuttler vermutlich aus der Zeitung hätte kennen müssen, wenn er sich für die bessere Gesellschaft der Stadt jemals interessiert hätte. Er trat ein oder zwei Schritte näher, um zuhören zu können.
»Die Arbeit ist vor dem Jahr 2000 entstanden, vor meiner Pariser Zeit jedenfalls, dort hatte ich keine Werkstatt dafür«, sagte der Mann, der wohl wirklich der Künstler Alexander Keull war, »und die hauptsächliche Schwierigkeit dabei bestand darin, dass sich das Material keineswegs so leicht bearbeiten lässt, wie Sie das vielleicht auf den ersten Blick meinen. Es bricht nämlich ziemlich schnell. Wenn etwas so aussehen soll, als sei es ganz absichtslos gemacht, wie zufällig, dann müssen Sie das vorher sehr genau kalkulieren...«
Die weißhaarige Dame nickte und sagte etwas von Kleist und den Marionetten, Keulls Gesicht verzog sich, und Kuttler trat zur Seite, weil eine Frau direkt auf ihn zukam. Sie trug ein schwarzes Kostüm und hochhackige Pumps. Unvermittelt blieb sie vor ihm stehen und bedachte ihn mit einem knappen Lächeln.
»Sind Sie jetzt dienstlich hier?«, fragte Luzie Haltermann. »Oder irgendwie auch wieder nicht, so wie heute Morgen?«
»Mir ist diese Statue aufgefallen«, antwortete Kuttler unbeholfen und deutete auf den Traumtänzer. »Ich hab sie schon einmal auf einem Plakat gesehen.« Noch während er es sagte, schoss ihm durch den Kopf, dass die Plakate vermutlich in der ganzen Stadt herumhingen. »Das ist eine Arbeit von Alexander Keull, nicht wahr?«
»Es steht auf dem Sockel. Sie können es ganz einfach nachlesen«, antwortete Luzie. »Hat das auch mit Ihren Ermittlungen zu tun?«
»Das lässt sich so eindeutig nicht sagen«, antwortete Kuttler ausweichend.
»Aber?«
»Es gibt da ein unbedeutendes Detail. Ich wollte Herrn Keull danach fragen. Wenn sich eine Gelegenheit ergibt...«
Luzie Haltermann blickte zu der Gruppe, die sich gerade vom Künstler verabschiedete. Es seien sehr aufschlussreiche Auskünfte gewesen, die sie bekommen hätten, sagte die weißhaarige Dame artig.
»Kommen Sie«, sagte Luzie und ging auf Keull zu. »Sascha – das ist der Herr Kuttler, der hat auch eine Frage, aber Vorsicht, er ist von der Polizei.«
Keull betrachtete Kuttler missvergnügt. »Nett, was du für Leute kennst«, sagte er zu Luzie. »Aber seit wann bin ich die
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