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Uferwald

Titel: Uferwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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sich selbst.«
    Er schob den Aktenordner zu Tamar hinüber.
    Sie blätterte ihn durch. Der Ordner enthielt einen Mietvertrag, ausgestellt auf Solveig Wintergerst, ferner die Kopien der Abrechnung von Nebenkosten und insgesamt drei Mahnschreiben, schließlich eine erste Kündigung zum Jahresende 1998 und eine zweite, diesmal fristlos, datiert auf den 14. Januar 1999.
    Ein weiteres Schreiben vom März 1999, diesmal gerichtet an die Frau Konsistorialrätin Stocketsrieder, enthielt Danneckers Mitteilung, dass aus der Vermietung an Solveig Wintergerst leider keine weiteren Einnahmen zu erwarten seien und er von einer Klageerhebung abrate, da die betreffende Person ins Ausland verzogen und wohl überhaupt vermögenslos sei.
    »Woher wussten Sie, dass Frau Wintergerst ins Ausland gegangen ist?«, fragte Tamar.
    Dannecker runzelte die Stirn. »Das müssen mir wohl Nachbarngesagt haben... Moment – das kann auch der Buchhändler gewesen sein, bei dem sie gearbeitet hat, dieser Schoepflin, gut möglich, dass ich den gefragt habe.«
    »Aber Sie wissen nicht, wo genau sie hingegangen ist?«
    »Also wirklich«, sagte Dannecker, »hätte ich wegen der ausstehenden Miete die Zielfahnder des Bundeskriminalamtes bemühen sollen?« Er blickte um sich, fast triumphierend, denn die beiden Polizisten saßen einfach da und sagten nichts.
    Tamar brach schließlich das Schweigen. »Haben Sie die Wohnung an Solveig Wintergerst vermietet, oder wer sonst hat es getan?«
    Dannecker sah sie an. Der Anflug von Triumph war aus seinem Gesicht verschwunden, und er beugte sich wieder über den Ordner. »Da ich damals schon mit der Verwaltung betraut war«, sagte er schließlich, »werde wohl ich die Wohnung vergeben haben... aber ich habe keine Erinnerung mehr daran.«
    »Sie haben kein Vorstellungsgespräch mit ihr geführt?«
    »Ich habe hier nur den Mietvertrag«, antwortete Dannecker zögernd. »Sicherlich muss es ein solches Gespräch gegeben haben, aber die Notizen dazu habe ich leider nicht mit abgeheftet.«
    »Das Vorstellungsgespräch hätte hier in der Kanzlei stattgefunden?«
    »Unter Umständen auch draußen, in der Wohnung. Sie musste sie sich ja vorher ansehen.«
    »Vielleicht weiß Ihre Sekretärin mehr«, schlug Kuttler vor. »Falls sie schon damals bei Ihnen war.«
    »Tut mit Leid«, sagte Dannecker. »Wir hatten zuletzt einigen Wechsel in der Kanzlei.«
    Kuttler fragte, ob Dannecker ihm die Namen und die jeweils letzte Anschrift seiner damaligen Mitarbeiter heraussuchen könnte. »Wenn es nicht mit zu viel Mühe verbunden ist.«
    Dannecker sah ihn an, mit einem Blick, als müsse er sich zwingen, die Geduld nicht zu verlieren. »Ihr ganzer Besuch heute Morgen ist mit Mühe für mich verbunden. Aber bitte.«
    Wieder beugte es sich über den Ordner und betrachtete eines seiner eigenen Schreiben. »Nach dem Kürzel zu schließen, ist das Monika... ja doch, Monika Landwehr.« Er blickte auf. »Sie ist zum Jahresende 1999 oder 2000 ausgeschieden... So viel ich weiß, lebt sie aber noch in Ulm. Ihre derzeitige Adresse werden Sie wohl selbst ausfindig machen können.«
    »Sie war Ihre einzige Mitarbeiterin?«, fragte Tamar. »So ist es.«
    »Sie sagten mir am Telefon, dass in dem Verfahren Kaminski schließlich ein Schmerzensgeld von zweihunderttausend Mark bezahlt worden sei«, sagte Kuttler. »Ist das in irgendeiner Weise bekannt geworden? Hat es vielleicht einen Zeitungsbericht über den Fall gegeben?«
    »Um Gottes willen: nein!«, antwortete Dannecker heftig. »Das musste absolut vertraulich bleiben, in Kaminskis eigenem Interesse, es wäre im Heim sehr schwierig für ihn geworden, wenn das bekannt geworden wäre. Die Bewohner des Heimes sind ja auf ihre Weise durchaus liebenswerte Menschen, aber Engel sind es nicht, das werden Sie doch auch wissen.«
    »Sie sind sicher, dass es nicht bekannt war?«, hakte Tamar nach.
    »Es durfte nicht bekannt werden.«
    Tamar und Kuttler wechselten einen Blick. »Könnten Sie uns freundlicherweise Einblick in das Testament von Herrn Kaminski geben?«, bat Kuttler.
    »Wie käme ich dazu?«
    Tamar Wegenast beugte sich zu der kleinen Aktenmappe, die sie mitgebracht hatte, und holte die richterliche Anordnung hervor, die sie sich noch gestern Abend hatte geben lassen, nach einem längeren Disput mit dem Ersten Staatsanwalt Desarts.
    »Und wenn Sie freundlicherweise schon dabei sind«, fuhr Tamar fort, »hätten wir gerne auch Einblick in die übrigen Unterlagen genommen, soweit sie Kaminski

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