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Uferwald

Titel: Uferwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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Und wenn beides zusammenkommt... Manchmal auch in Konstanz oder Baden-Baden. Wenn einer mit Sinn und Verstand spielt, kommt er mit einem kleinen Gewinn aus dem Casino heraus oder hat zumindest seinen Spaß gehabt. Wie überall in der Welt kommt es darauf an, dass Sie die Sache unter Kontrolle halten. Aber...«
    »Nach Konstanz haben Sie Tilman einmal mitgenommen?«
    Czybilla runzelte die Stirn. »Möglich.«
    »Und Sie haben ihm Chips gegeben. Warum?«
    »Das weiß ich doch heute nicht mehr. Woher wollen Sie das überhaupt wissen?«
    Kuttler ging auf die Frage nicht ein. »Warum?«, wiederholte
    er.
    »Warum wohl?« Czybilla schien ärgerlich zu werden. »Weil er selber kein Geld dafür hatte. Weil es blöd gewesen wäre, ihn mitzunehmen und ihm keine Chips zum Spielen zu geben. Reicht das?«
    Kuttler sah ihn an.
    »Schön«, fuhr Czybilla fort. »Vielleicht war es ein Versuch. Ich wollte wissen, wie das ist, wenn dieser arrogante Kerl den Geruch des Geldes wahrnimmt. Was das Geld mit ihm macht, wenn er gewinnt. Wenn es zu locken beginnt und ihm sagt: Mach weiter. Da ist noch mehr zu holen...« Er schüttelte den Kopf, als wolle er Erinnerungen vertreiben. »So war es. Ich wollte, dass er zu zocken beginnt. Und dass er plötzlich an der Kugel hängt und sie die Welt für ihn wird.«
    »Und? Wurde sie es?«
    Czybilla hob seine Schultern an und ließ sie wieder fallen. »Wer weiß schon, was aus ihm geworden wäre?«
    Kuttlers Kopf begann zu schmerzen. »Sie haben vorhin gesagt, Isolde Treutlein habe Tilman Gossler am besten gekannt. Weiß man das eigentlich in der Clique, dass einmal etwas zwischen Ihnen und Isolde war?«
    »Was soll da gewesen sein?«
    »Die Geschichte im Lautertal«, antwortete Kuttler. »Als Tilman dazukam. Wissen das die anderen?«
    Czybilla schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte er dann. »So nicht. Zu diesen Dingen sage ich jetzt gar nichts mehr. Nicht, bevor Sie mir erklären, warum Sie mich das fragen. Das ist doch lächerlich! Okay, da war mal eine Knutscherei, haben Sie nie mit einem Mädchen geknutscht? Und wie viele Jahre ist das jetzt her?«
    »Eine Knutscherei, sagen Sie. Gibt es da nicht noch einen anderen Namen dafür?«
    »Ich sag gar nichts mehr«, Czybilla stand auf. »Ich muss jetzt leider gehen. Ich wollte mich bei Ihnen bedanken. Aber irgendwie wollen Sie das nicht.«
    »Schon gut«, antwortete Kuttler und stand ebenfalls auf. »Vielleicht habe ich später noch eine Frage. Oder zwei. Wenn ich wieder im Dienst bin.« Er nickte ihm zu, Czybilla erwiderte den Gruß und wandte sich zum Gehen. Kuttler blieb stehen und wartete, bis Czybilla fast außer Hörweite war.
    »Ach«, sagte Kuttler plötzlich, »eins habe ich nicht verstanden.«
    Czybilla blieb stehen. Kuttler betrachtete seinen Rücken. Es war der Rücken eines massigen, schweren, fluchtbereiten Tieres.
    »Warum war eigentlich so viel Geld in der Kasse? Im ›Tagblatt‹ steht, es sei fast eine Viertelmillion Euro erbeutet worden.«
    Langsam drehte sich Czybilla um. »Da waren Kundengelder dabei. Gelder aus Erbschaften, die angelegt werden sollten... leider.«
    »Ah ja«, machte Kuttler. Dann nickten sie sich noch einmal zu, und Kuttler ging zu dem Kiosk, in dem es neben Zeitschriften und Taschenbüchern auch Kugelschreiber und Schreibblocks gab. Er kaufte ein Schreibheft, wie man es für Schulaufgaben oder Aufsätze verwendet.
     
    S eit der Jahreswende 97/98 waren Sie also praktisch zahlungsunfähig«, fasste Armbruster zusammen.
    »Das dürfen Sie so nicht sagen«, antwortete Dannecker. »Wie kommen Sie dazu? Natürlich gab es immer wieder Engpässe, ich mache da auch gar keinen Hehl daraus...« Er hob seinen Kopf und sah erst zu Armbruster und dann zu Tamar. »Vielen Anwälten geht es nicht gut, das wissen Sie doch. Die müssen nach jeder Pflichtverteidigung schnappen, die ihnen ein Richter zuwirft, wie der Hund nach einem Rädchen Wurst.«
    »Und so waren auch Sie froh«, griff Tamar den Satz auf, »als Sie die Vollmachten über die Konten des Trägervereins Zuflucht bekamen?«
    »Das müssen Sie so nicht in Zusammenhang bringen«, widersprach Dannecker. »Ich habe mich für diese Leute eingesetzt. Mit Professionalität und Leidenschaft habe ich das getan. Das ist nicht selbstverständlich. Das sind Mandanten, für die sonst niemand einen Finger krumm macht. Und als die Verantwortlichen des Trägervereins mich mit diesen Aufgaben als Justiziar und Geschäftsführer betraut haben, war das vor allem eine Ehre für mich. In

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