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Ulrich Kienzle und die Siebzehn Schwaben: Eine Reise zu eigenwilligen Deutschen (German Edition)

Ulrich Kienzle und die Siebzehn Schwaben: Eine Reise zu eigenwilligen Deutschen (German Edition)

Titel: Ulrich Kienzle und die Siebzehn Schwaben: Eine Reise zu eigenwilligen Deutschen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Kienzle
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beschützt. Weil ich immer die Tore gemacht habe.
    Sie haben sich mit Klasse durchgesetzt?
    Das war mein großer Vorteil.
    Ihr Vater hat beim Daimler geschafft. Ihre Mutter war Putzfrau. Und Sie mussten gelegentlich aushelfen. Haben Sie sich als Junge geniert?
    Nein! Weil das ganz normal war bei uns. Es war ein rigoroses Regiment im Endeffekt. Aber ich habe von meinen Eltern alles bekommen – sie haben mich überall rumgefahren, auf jeden Fußballplatz. Und ich habe sie so lange genervt, bis ich die Fußballschuhe bekommen habe, die ich wollte. Das hat auch richtig viel Geld gekostet.
    Und Sie mussten mithelfen, Geld zu verdienen?
    Ja – aber ich bin so erzogen worden, dass es für uns Kinder ganz normal war mitzuhelfen. Das war halt so. Das war nichts Außergewöhnliches.
    Waren Sie nicht enttäuscht, als Sie Schwäbisch konnten – und feststellen mussten: Das ist ja gar nicht Hochdeutsch?
    (Er lacht.)
Ich bin ja damals nicht über die schwäbische Landesgrenze rausgekommen. Ich kannte Berlin nicht, Hamburg nicht, Köln nicht – das alles war für mich ewig weit weg.
    Aber Pula?
    (Er lacht.)
Ja, in den Ferien sind wir immer nach Jugoslawien gefahren. Mein erster Flug war dann nach Berlin, zum Pokalfinale mit den Kickers. 1988 – das Pokalendspiel gegen den HSV. Das war für mich ein Riesenabenteuer! Im Flugzeug zu sitzen und dahin zu fliegen!
    Sie haben gezeigt, dass man durch Leistung aufsteigen kann. Sind Sie stolz darauf?
    Ja – da bin ich stolz drauf. Und das sage ich auch den Jungen, die bei uns in der Jugend spielen. Wenn sie den Antrieb haben, die Geduld und den Willen – dann werden sie sich am Ende auch durchsetzen. Sie müssen nur dran glauben. So bin ich erzogen worden – ich habe nichts geschenkt bekommen, ich war kein Jugend-Nationalspieler, kein Auswahlspieler. Ich habe halt einen anderen Weg gewählt. Ich habe eine Lehre gemacht. Das war ganz wichtig, sonst hätte mir meine Mutter das Fußballspielen nie erlaubt.
    Ziemlich schwäbisch!
    Mein Vater hat eine typisch schwäbische Eigenschaft: Pünktlichkeit. Er hat es gehasst, wenn ich unpünktlich war.
    Für einen Südländer eher untypisch?
    Er ist Slowene, die gehören ja zu den Steirern. 1 Die haben schon eine andere Disziplin als die Kroaten. Meine Mutter sieht das ein bisschen lockerer.
(Er lacht.)
Mein Vater ist stringenter. Deshalb bin ich nie zu spät gekommen. Immer pünktlich – auch in der Schule. Das war für mich Disziplin.
    Das ist Ihrer Meinung nach typisch schwäbisch?
    Ja – dass man ordentlich ist. Dass man schafft – und redlich ist. Das sind die typischen schwäbischen Eigenschaften, die ich auch mag.
    Und was ist an Ihnen schwäbisch?
    (Er denkt nach.)
Wenn man mich als Freund bekommt, dann bleibt das auch. Das sagt man vom Schwaben ja auch: Wenn du sie mal hast, dann hast du sie für immer.
    Sind Sie ein richtiger Schwabe?
    Auf jeden Fall. Jeder nimmt mich auch so wahr. Selbst als ich im Ausland unterwegs war: Jeder weiß, wo ich herkomme.
    Wie haben Sie sich denn mit dem schwäbischen Essen zurechtgefunden? Sie waren doch sicher jugoslawisches Essen gewöhnt?
    Linsen und Spätzle: Das ist mein Leibgericht. Wir haben so viele Nudeln gefuttert als Fußballer! Meine Schwester hat so oft Linsen und Spätzle gemacht – da habe ich immer gesagt: Ich bin schon mittags da! Meine Frau macht das übrigens auch fantastisch.
    Ist Ihre Frau Schwäbin?
    Sie ist auch neig’schmeckt. Sie ist in Düsseldorf geboren, aber mit sechs Jahren hierhergezogen. Sie ist Schwäbin – sie schabt die Spätzle selber. Wir haben in Berlin ja einen großen Bekanntenkreis. Die wollen alle immer bloß zum Essen kommen – mal ’nen richtigen Kartoffelsalat essen. Und gute Kässpätzle zum Beispiel. Da haben wir ein bisschen Esskultur reingebracht.
(Er lacht.)
Ich liebe das schwäbische Essen.
    Die jugoslawischen waren ja die ersten »exotischen« Restaurants, die es in Stuttgart gab!
    Balkanplatte, genau. Im »Opatija«.
(Er lacht.)
Die einheimischen Gerichte meiner Mutter, die unheimlich gut kocht – die esse ich schon auch sehr gerne.
    Reden wir über Fußball. Sie haben gesagt, Sie sind nicht bereit, zehn Millionen für einen Spieler zu bezahlen – selbst wenn Sie könnten. Ist das schwäbische Knausrigkeit?
    Als ich die Aussage getroffen habe, wusste ich, dass wir es eh nicht können in nächster Zeit.
(Beide lachen.)
    Der Jens Lehmann, der ja früher mal beim VfB gespielt hat, kritisiert den VfB als knausrig. Ist das unfair – oder hat er

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