Ultimo
richtige Mann. Die Sache mit den Abfangjägern hat eine Menge Staub aufgewirbelt. Da haben Sie sich Feinde gemacht. Mächtige Feinde.“
„Ich weiß mich zu wehren. Falls Ihnen außer Herrn Spitzer noch jemand einfällt, der Grund dazu hätte, Brecht, Freiher und Sie aus tiefster Seele zu hassen, lassen Sie es mich wissen.“
Mit ernster Miene übergibt der Oberstleutnant dem Politiker seine Karte. Der steckt sie ein und bringt seinen Gast zur Tür.
Fräulein Vogt verabschiedet Zoff mit neckischem Blinzeln.
Er nimmt es mit beglücktem Grinsen zur Kenntnis.
***
Freihers Sekretärin entpuppt sich als eine etwas fülligere freundliche Dame Ende 50, mit kurz geschnittenem grauem Haarund wasserhellen wachen Augen.
Sie ist Rollstuhlfahrerin. Multiple Sklerose.
Innerhalb von fünf Minuten stehen zwei Tassen Kaffee auf dem Tisch. Dazu gibt es ein Glas Wasser.
„Ihr Chef ist tot“, sagt Zoff. „Wie standen Sie zu ihm?“
„Ich war ihm eine loyale Mitarbeiterin“, lächelt die Vorzimmerdame mild.
„Und was war er für ein Typ?“
„Ein Machtmensch, wie alle hier. Des Oberbürgermeisters Mann fürs Grobe. So jemand kann nicht beliebt sein. Er war es auch nicht. Der Mann hatte schon seine Fähigkeiten. Scharfer Verstand. Rasche Auffassungsgabe. Er konnte gut organisieren. Und sonst? Zu mir war er sehr freundlich, zu anderen oft zu arrogant.“
„Hatte er Affären hier im Haus?“
„Davon weiß ich nichts.“
„Hat er mit Ihnen über sein Privatleben gesprochen?“
„Wo denken Sie hin? Dazu war er zu distanziert.“
„Ich suche nach jemandem, der ihn hasst.“
„Das tun viele. Mit den Namen dieser Leute könnte man ein Buch füllen.“
Zoff überlegt. So kommt er nicht weiter. „Da gibt es eine Sache, die mir nicht aus dem Sinn geht“, sinniert er. „Der Mörder muss Ihrem Chef aufgelauert haben. Woher wusste er, dass Freiher um sieben das Hotel verlässt, um sein Lauftraining zu absolvieren?“
„Jeder in diesem Haus weiß das“, erwidert sie lächelnd. „Und die Tagungsteilnehmer in Unterpremstätten wussten es auch. Laufen um sieben war doch sein tägliches Ritual. Das zog er durch. Zu jeder Jahreszeit. Vor neun kam er nie ins Büro.Ich kann mich nicht erinnern, dass seine morgendliche Laufeinheit jemalsausgefallen wäre.“
Mühsam unterdrückt Zoff einen Fluchund leert seine Tasse. Wieder hat ihn ein Ermittlungsansatz in eine Sackgasse geführt.
„Und weiß man schon, wer Freihers Job als Bundesparteisekretär erbt?“, fragt er, bevor er sich verabschiedet.
„Rieders Pressereferent“, antwortet sie und ihre Augen werden ganz dunkel. „Ein sehr junger, dynamischer Mensch. Wenn der hier einzieht, werde ich mich nach einer anderen Arbeit umsehen müssen. Herr Grein mag keine behinderten Menschen.“
Zoff nickt und verabschiedet sich.
Im Augenblick hat er keine weiteren Fragen mehr.
Das Landeskriminalamt Salzburg ist nicht schwer zu finden.
Der langgestreckte, geduckte Bau liegt am Rande der Innenstadt,nahe der Salzach. Nachdem Zoff die Kontrollstelle am Tor passiert hat, parkt er den Dienstwagen in der Tiefgarage und fährt mit dem Lift nach oben.
Schon der erste Kriminalbeamte, der Zoff im Parterre vor die Füße läuft, zeigt ihm den Weg zu Bettina Wagners Büro. Der Korridor im Kommandotrakt ist heller und breiter als in den anderen Etagen. Große Topfpflanzen säumen den Weg, und es ist ruhig hier. Man könnte eine Stecknadel fallen hören. Das Vorzimmer der Frau Oberst befindet sich am Ende des Flurs. Als Zoff es betritt, trifft er auf eine pummelige, verschreckte Sekretärin.Sie blättert in einer Modezeitschrift.
Lächelnd stellt sich der Oberstleutnant vor und erkundigt sich, ob die Kollegin Wagnerfür ihn zu sprechen sei.
„Die Frau Oberst ist auswärts und erst ab 16 Uhr wieder telefonisch erreichbar“, bedauert der dienstbare Geistund vermeidet es tunlichst, Zoff anzusehen.
„Schade. Wie war doch gleich Ihr Name?“
„Meiner? Hollek. Marianne Hollek.“
„Fein. Und Sie haben wirklich keine Ahnung, wo sich die Frau Oberst gerade aufhält?“
„Leider. Sie sagt nie, wohin sie geht. Aber versuchen Sie es doch über das Mobiltelefon. Nach 16 Uhr.“ Mit ernstem Gesicht überreichtihm die Vorzimmerfee eine Visitenkarte ihrer Chefin und schenkt ihm dabei ein unsicheres Lächeln.
Zoff grinstzurück, steckt die Visitenkarte ein, bedankt sich und macht sich aus dem Staub. Es ist Mittag, aber sein Hunger hält sich in Grenzen. Also verdrückt er in der Kantine
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