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Ulysses Moore – Die Häfen des Schreckens

Ulysses Moore – Die Häfen des Schreckens

Titel: Ulysses Moore – Die Häfen des Schreckens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierdomenico Baccalario
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vergessen, verboten, verdammt. So ist es eben, wenn man einen Krieg verliert. So ist es in der wirklichen Welt und auch in der Welt der erträumten Orte. Es sind immer die Sieger, die die Regeln aufstellen. Aber es gibt Ausnahmen und es gibt Irrtümer. Manche bezeichnen sie auch als ›Möglichkeiten‹. Soweit ich weiß, gibt es nur einen einzigen Ausweg aus dem Geschlossenen Meer, einen einzigen Weg in das Offene Meer. Und dieser Weg ist der Wind. Der Wind bläht unsere Segel und durch ihn gelangen wir von einem Dunklen Hafen zum anderen. Aber es gibt auch noch andere Segel, schwarze … Sie sind sehr selten, und man sagt, sie seien aus den Haaren der ersten Träumer gewoben … und mit ihrer Hilfe können wir das Geschlossene Meer verlassen. Wer diese Segel besitzt und ein Schiff hat, das deren Gewicht zu tragen vermag, kann die gesamte Geografie der Träume bereisen. Er kann jene Häfen anlaufen, die sicher, und auch jene, die schrecklich sind. Er kann im Licht und in der Dunkelheit reisen.«
    Der kleine Flint, der nun damit beschäftigt war, die letzten Reiskörner aufzulesen, schnaubte verächtlich.
    »Die Metis war das älteste dieser Schiffe. Sie befuhr die Meere, um die Seelen der in der Schlacht gefallenen Seeleute zu bergen, und kehrte mit all denen zurück, die überleben konnten. Die, die gerettet wurden, gründeten oben im Norden eine Grafschaft, und die Metis war auch danach noch in ihrem Auftrag unterwegs. Eines Tages brachte ein unerfahrener Kapitän sie zum Kentern.«
    »Und was erzählt man sich über die Mary Grey? «, fragte Nestor beherrscht.
    »Die Mary Grey war bis vor fünfzig Jahren auf den Meeren unterwegs, dann ist sie verschollen. Allerdings gibt es beim Walfriedhof und bei den Sphinxen Menschen, die behaupten, sie gesichtet zu haben.«
    »Und was erzählen sie von ihr?«
    »Dass sie zurückgekehrt ist. Dass ihr Kapitän wieder die Meere befährt. Dass er sich an allen Meuterern gerächt hat. Dass er sie gesucht, gefunden und getötet hat. Einen nach dem anderen.«
    »Nicht alle«, murmelte Nestor düster.
    »Aber nicht nur die Mary Grey wurde zur Legende, sondern auch die Metis . Die Gerüchte, die sich um sie ranken, klingen wirr. Die einen meinen, dass sie nicht wirklich kenterte, sondern aufs Trockene gezogen wurde, damit sie keinen Kontakt mehr mit diesen Meeren hätte. Andere behaupten, sie würde immer noch einen schmalen Meeresarm befahren, ein Becken, das mit dem Wasser dieser Wellen hier gefüllt ist. Eine verkleinerte Kopie des Geschlossenen Meeres und des Labyrinths.«
    Die Frau beugte sich zum Wasser hinunter. Sie strich mit der Hand über die Oberfläche, die bei der Berührung zu erzittern schien.
    »Aber das sind natürlich nur Märchen. Und sich auf sie einzulassen, kann gefährlich sein.«
    »Wieso denn?«, fragte der kleine Flint.
    »Weil die Metis das Schiff der Erbauer war.«
    »Erbauer?«
    »Jene, die das Labyrinth erbauten und das Dunkle Meer versiegelten. Jene, die die Schlacht verloren, als ihre eigenen Schüler sich gegen sie wendeten und sie von den erträumten Orten vertrieben. Jene, die vergessen wurden und bis heute auf einen Funken Erinnerung hoffen, um wieder auf das Meer hinausfahren zu können. Die Erbauer. Wie nennst du sie, junger Mensch? Erfinder? Architekten? Götter?«
    Dieses letzte Wort hallte auf dem Strand wider und hinterließ eine eigenartige Stille.
    Nestor dachte an die Jahre zurück, die er damit verschwendet hatte, nach den Erbauern der Türen zu suchen. Nach Menschen, die vor unendlich langer Zeit einen Weg gefunden hatten, mithilfe von Holztüren und Schlüsseln in Tierform erträumte Orte und wirkliche Orte miteinander zu verbinden. So viele Jahre seines Lebens – und alles, was er gefunden hatte, waren Gerüchte, Legenden und Erinnerungen an Geheimnisse.
    »Ich heiße Pandora«, sagte die Frau nun und drehte sich zu ihnen um.
    »Ich heiße Emmett Flint«, stellte der kleine Flint sich vor.
    Die Frau erhob sich und half Nestor auf. »Willst du, dass ich dich zu dem Sumpf bringe?«, fragte sie.
    Nestor schaute zu dem Katamaran hinüber. »Ist dein Boot denn schnell genug?«
    Pandora nickte. »Schneller als der Wind, Kapitän. Aber wenn du mit mir fahren willst«, fuhr die Frau fort, »musst du mir deinen wahren Namen verraten.«
    Nestor trat zu ihr und flüsterte ihr etwas ins Ohr.



Kapitel 13
Das Tal der Trommeln
    Zwei Gestalten bahnten sich mühsam einen Weg durch den Sumpf der Mangroven, deren lange, verzweigte Stelzwurzeln fest in

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