Um Mitternacht mit dir im Bett
tätschelte sie die Hand ihres Mannes. “Es ist schön, dich wieder hier zu haben, Seamus. Wir werden dich alle besonders gut umsorgen.”
Grummelnd zerpflückte Seamus sein Brötchen. “Wenn du so versessen darauf bist, mich zu verwöhnen, warum haben wir dann Sarah eingestellt?”
Das war eine gute Frage. Blair wusste nichts darauf zu erwidern, und Michael schob seine Schuldgefühle über Sarahs Erpressung beiseite. Er wollte absolut sichergehen, dass seinem Großvater nichts geschah. Leider war der Diebstahl des Testaments das einzige Mittel. Zumindest gewönne er dadurch Zeit, um ausreichend Beweise zu finden, dass Seamus’ Frau auf ihren Witwenstand hinarbeitete. Und diese Beweise dann würden seinen Großvater von Blairs Ränken überzeugen.
“Du weißt doch, ich würde es tun, wenn ich könnte”, gab Blair schließlich zurück. “Aber ich kann nicht gut mit Kranken umgehen. Ich bin zu ungeduldig. Außerdem beginnen wir mit der Renovierung des Dachgeschosses, und ich muss das Gerümpel dort oben durchsehen.”
“Lass es doch einfach abholen”, riet Seamus ihr. “Da ist nichts Wertvolles drunter.”
Blair lächelte. “Das kann man nie wissen. Denk nur an das Brillanthalsband, das du in einem alten Koffer bei der Auflösung des Durham-Haushalt gefunden hast. Es hat dich zu dem gemacht, was du heute bist.”
Sarah ließ mit einem vernehmlichen Klirren ihre Gabel fallen. “Verzeihung”, murmelte sie, wobei sie auf ihren Teller sah.
Michael wunderte sich ein wenig über ihre plötzliche Nervosität. Aber vielleicht war sie doch nicht so kühl und gelassen, wie sie immer tat.
“Ich bin bettreif”, verkündete Seamus unvermittelt und stieß sich mit seinem Rollstuhl vom Tisch ab.
Michael sprang auf. “Ich helfe dir.”
“Nein”, protestierte Seamus. “Das soll Sarah machen.”
“Verdammt, ist das gut, wieder zu Hause zu sein”, bemerkte Seamus mit einem tiefen Seufzer, als Sarah den Rollstuhl in sein Schlafzimmer schob. “Die Schwestern im Krankenhaus wurden gegen Ende reichlich frech.”
“Kann ich mir vorstellen”, murmelte Sarah unhörbar.
Zwei männliche Angestellte hatten Seamus samt Rollstuhl die Treppe hinauf in den zweiten Stock getragen. Nach dieser Erfahrung beschloss er, erst wieder nach unten zu kommen, wenn er selbst laufen konnte.
Das war kein großes Opfer, denn sein Schlafzimmer war fast so groß wie Sarahs ganzes Haus. Es handelte sich eher um eine Suite, die Seamus mit seiner Frau bewohnte. Doch Blair war nicht mit heraufgekommen.
Sarah trat an das Klinikbett, das am Nachmittag angeliefert worden war. Am Fußende lag ein sauber gefalteter grün gestreifter Pyjama. Das Mädchen hatte das Bett schon hergerichtet. Maria hatte sich so lange in Seamus’ Zimmer aufgehalten, dass Sarah ihren Plan, das Testament noch vor dem Dinner zu stehlen, verwerfen musste.
Zudem hatte Michael ihr herzlich wenige Informationen zukommen lassen. Sie wusste nicht, ob sich der Tresor in der Wand oder im Boden befand. Ob er mit einer Zahlenkombination oder einem Schlüssel geöffnet wurde. Oder ob Michael die Überwachungskamera inzwischen ausgeschaltet hatte.
Obwohl sie so schnell wie möglich die Villa verlassen wollte, durfte sie kein Risiko eingehen. Der Einbruch musste sorgfältig geplant werden. Seamus war mit Sicherheit kein Mensch, der einen Diebstahl so ohne Weiteres hinnehmen würde, selbst wenn es auf Geheiß seines Enkels geschah. Seinem früheren besten Freund hatte er ja auch nichts durchgehen lassen.
“Brauchen Sie Hilfe beim Ausziehen?”, fragte sie und griff nach dem Pyjama.
“Das konnte ich schon mit zwei Jahren allein”, knurrte Seamus mit schmerzverzerrtem Gesicht. “Ich muss dich leider enttäuschen, Sarah, aber diesen Kerl hier wirst du niemals nackt sehen. Sollte ich Hilfe beim Ausziehen brauchen, rufe ich meinen Enkel.”
Sie legte den Pyjama wieder zurück. “Kann ich Ihnen sonst etwas bringen?”
“Wie wäre es mit einer Flasche Bourbon?”, fragte er augenzwinkernd.
“Ich fürchte, da hätte Ihr Arzt etwas dagegen.” Sie nahm das Röhrchen mit Schmerztabletten vom Nachttisch. “Vor allem, solange Sie die hier einnehmen müssen.”
Er winkte ungeduldig ab. “Dummes Zeug! Die brauche ich nicht mehr. Die machen mich ganz meschugge. Ein Mann muss jederzeit seine Sinne beisammen haben.”
Sarah schob den Rollstuhl ans Bett, griff Seamus unter die Achseln und half ihm hinaus. “Ein Grund mehr, auf Bourbon zu verzichten.”
“Du bist genauso
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