Um Mitternacht mit dir im Bett
Er machte einen Schritt auf sie zu. “Du hast auch zugesagt, dich um meinen Großvater zu kümmern. Er ist noch nicht völlig wiederhergestellt.”
Sprachlos starrte sie ihn an. Jetzt begriff sie, woher er den Ruf der Unnachgiebigkeit hatte. “Du lässt mich erst gehen, wenn ich mit dir geschlafen habe”, stellte sie schließlich sachlich fest.
“Du willst mich”, gab Michael zurück, ohne ihre Behauptung zurückzuweisen. “Das weiß ich.”
“So geht das nicht, mein Freund.” Ihre Leidenschaft von vorhin war einem heißen Zorn gewichen. “Du kannst keinen Menschen zwingen, dich zu lieben.”
“Ich habe dich nie gebeten, mich zu lieben”, fuhr er sie an. “So dumm bin ich nicht. Ich wollte nur mit dir schlafen. Und so wie du gerade reagiert hast, wolltest du es auch. Warum komplizierst du immer alles?”
Sarah sagte sich, dass es vermutlich sinnlos sei, ihm ihre Gründe klarzulegen, aber sie versuchte es trotzdem. “Ich lass mich nicht nur von meinen Hormonen steuern, Michael. Ich möchte einen Mann, der mein Herz und meinen Kopf ebenso begehrt wie meinen Körper.”
“Oder aber du hast Angst, du könntest mir verfallen, stimmt’s? Deshalb hast es so eilig, von hier wegzukommen.”
“Da magst du recht haben”, sagte sie und hob stolz das Kinn. “Und solange du mich in diesem Haus gefangen hältst, wäre ich nichts weiter als deine Sexsklavin.”
Er seufzte frustriert und nahm sie erneut in die Arme. “Der Sklave bin ich”, versuchte er einzulenken. “Ich kann nicht aufhören, an dich zu denken. Ich begehre dich in jeder Minute des Tages.”
Sie legte ihm die Hände auf die Brust, um ihn auf Distanz zu halten – und um sich ihm nicht wieder an den Hals zu werfen. “Wir passen nicht zusammen.” Sie dachte an die Dinnerparty und wie fremd sie sich unter seinen Gästen gefühlt hatte. “Wir kommen aus ganz verschiedenen Welten.”
“Dann komm in meine Welt. Ich kauf dir ein Apartment in der Stadt. Ich schenke dir alles, was du willst.”
Empört entwand sie sich ihm. “Damit ich statt deiner Sexsklavin deine Mätresse werde? Nein, danke.”
“So habe ich das nicht gemeint, sondern …” Er verstummte und fuhr sich mit allen Fingern durchs Haar. “Verflixt, ich weiß es selbst nicht. Wir sprechen morgen darüber.”
“Nein.” Sie ging zur Tür. “Weder morgen noch ein anderes Mal.”
“Sarah …”
Ohne sich umzublicken, verließ sie den Raum. Ihr Inneres war ein Wirrwarr aus Schmerz und Wut. Als sie die Tür hinter sich schloss, sah sie Blair über den Flur auf sich zukommen. Sarah wusste, dass ihr aufgewühlter Zustand ihr verraten würde, was sie in Michaels Zimmer getan hatte.
Blair blieb vor Sarah stehen und hob anzüglich die ausrasierten und wieder schwungvoll nachgezogenen Augenbrauen. “Hatten Sie etwa mit Michael noch eine kleine Nachfeier?”
“Ja”, gab Sarah knapp zurück und rauschte an ihr vorbei. “Gute Nacht.”
Blair blickte ihr betroffen nach. “Gute Nacht.”
Sarah stürzte in ihr Zimmer, holte ihren Koffer aus dem Schrank und warf ihn aufs Bett. Erst als sie bereits die Hälfte ihrer Sachen eingepackt hatte, kam ihr zu Bewusstsein, dass sie gar nicht weg konnte. Michael besaß das Videoband, und er hatte gedroht, es der Polizei auszuhändigen.
Andererseits konnte er sie nicht für immer gefangen halten.
Oder etwa doch?
11. KAPITEL
Am nächsten Morgen erwachte Michael mit einem stechenden, alkoholbedingten Kopfschmerz. Zusätzlich dröhnte ihm das wütende Gebrüll seines Großvaters in den Ohren.
Er quälte sich aus dem Bett, schlüpfte in seinen Morgenrock und stolperte zur Tür.
Bilder der vergangenen Nacht wirbelten durch seinen Kopf. Sarah, wie sie in ihrem weißen, glitzernden Kleid wie eine Prinzessin aussah. Wie sie ihr Haar im Nacken hochhob, damit er ihr den Verschluss des Brillanthalsbandes öffnete. Der Schock in ihren Augen, als er sie quasi bat, seine Geliebte zu werden.
Verflixt. So hatte er es nicht gemeint, aber nüchtern und bei Tageslicht betrachtet, konnte sein Angebot nicht anders aufgefasst werden.
Michael ging über den Flur zur Suite seines Großvaters, deren Tür nur angelehnt war. Als Erstes sah er Sarah, ebenfalls nur im Morgenrock. Sie warf Michael einen raschen Blick zu und wurde rot.
Er wollte das Missverständnis von gestern aufklären, sein rüdes Benehmen auf den Brandy schieben. Aber in Wahrheit war er trunken vor Verlangen nach ihr gewesen. Er musste sich bei ihr entschuldigen, doch ein Blick in das
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