Um Mitternacht mit dir im Bett
rechnen, dass ich jeden Moment ins Gras beiße.”
“Nein, nein, natürlich nicht, Darling”, versicherte Blair hastig. “Der Arzt sagt, du bist bei bester Gesundheit für einen Mann in …”
“… in meinem Alter”, beendete Seamus den Satz. “Mir scheint, das dämliche Testament ist dir wichtiger als ich.”
Blairs Nasenflügel bebten. “Das ist nicht wahr, Seamus, das weißt du doch. Ich finde es nur seltsam, dass jemand dein Testament gestohlen hat. Das ist offensichtlich ein Angriff gegen mich, da ich die Haupterbin bin.”
Störrisch schüttelte Seamus den Kopf. “Dahinter steckt Hewitt. Vielleicht denkt er, er könnte mich erpressen und sich mein Vermögen unter den Nagel reißen. Aber da täuscht er sich.”
Blair ging neben ihm in die Hocke, sah flehend zu ihm empor und legte ihre schlanke Hand auf seine. “Dann zeig es ihm und mach ein neues Testament.”
“Na gut.” Seamus gab nach. “Mach ich.”
Sie lächelte zufrieden. “Danke.”
“Sobald mein Anwalt aus Europa zurück ist”, fügte Seamus hinzu.
Ihr Lächeln schwand. “Aber das dauert noch mindestens noch einen Monat.”
Er zog die buschigen Brauen hoch. “Na und?”
Sie zögerte, schluckte. “In Ordnung, Darling. Wenn du damit glücklich bist, bin ich es auch.”
“Schön. Jetzt raus mit euch. Ich möchte mich wieder hinlegen. Ich habe meine kaputte Hüfte schon viel zu lange belastet.”
Blair erhob sich. “Ich helfe dir.”
“Nein.” Er wandte sich ab. “Sarah soll das tun.”
Als Michael Blairs betroffene Miene sah, hatte er fast Mitleid mit ihr – hätte sie nicht soeben ihr wahres Gesicht gezeigt. Immerhin war Seamus nun über ihre Einstellung völlig im Bilde. Jetzt musste nur noch offengelegt werden, was der Detektiv über sie herausgefunden hatte.
Bevor Michael das Zimmer verließ, sah er noch, wie Sarah seinem Großvater ins Bett half. Sie ging dabei so liebevoll mit ihm um und gab sich ganz anders als die Wildkatze von gestern Nacht.
Sanft und unschuldig. Wild und sinnlich. Anfangs hatte er sich gefragt, welches die wahre Sarah war. Jetzt wusste er, dass sie viele gegensätzliche Eigenschaften in sich vereinigte.
Und das machte sie umso begehrlicher für ihn.
Eine Stunde später kam Sarah aus Seamus’ Zimmer und schloss leise die Tür hinter sich.
Michael wartete im Flur auf sie. Er trug jetzt Anzug und Krawatte, war gekämmt und rasiert. “Wie geht es ihm?”, fragte er im Flüsterton.
“Jetzt schläft er”, erwiderte sie ebenso leise. “Er hatte ordentlich getobt. So habe ich ihn noch nie erlebt, nicht mal, als ich ihm den Brandy wegnahm.”
Er schaute auf die geschlossene Tür. “Ist Blair bei ihm?”
“Sie ging vor einer halben Stunde. Seamus würdigte sie keines Blickes.”
Michael schnaubte unwillig. “Gibst du mir jetzt die Schuld an diesem ganzen Theater?”
“Wer sollte sonst schuld sein?”, erwiderte sie gereizt. Nachdem sie schier Unmögliches auf sich genommen hatte, um ihren Großvater zu retten, stand er nun als der Hauptverdächtige für den Diebstahl da. “Du hast mich doch gezwungen, das Testament zu stehlen.”
“Aber nicht den Brief. Was hat es damit auf sich?”
“Das ist eine lange Geschichte.” Sarah massierte sich die Schläfen, denn ein Kopfschmerz kündigte sich an. Sie hatte die Nacht kaum geschlafen.
“Ich weich dir nicht von der Seite, bis du sie mir erzählt hast.”
“Pah!” Sie warf den Kopf in den Nacken und ging zu ihrem Zimmer. Er folgte ihr. Anscheinend machte er ernst. “Also gut. Am besten, ich zeige dir den Brief”, sagte sie und öffnete ihre Tür.
Sie spürte förmlich seinen Blick im Rücken, während sie ihren Korb unter dem Bett hervorholte, in dem der Brief, versteckt in einer Schachtel Hundekuchen, lag. Das war vielleicht ein wenig übervorsichtig, aber sie hatte damit gerechnet, dass Seamus nach der Entdeckung des aufgebrochenen Safes eine Hausdurchsuchung anordnen würde.
Als sie Michael das rosa Kuvert reichte, wischte er leicht angewidert die Krümel des Hundekuchens ab. Dann zog er den Brief heraus und überflog ihn. “Wer ist Anna?”
“Meine Großmutter.”
Verblüfft schaute er auf. “Hatten die beiden eine Affäre?”
“Ich weiß es nicht.” Sarah nahm ihm den Brief ab und steckte ihn wieder ins Kuvert.
“Für mich besteht daran kein Zweifel.” Er kam näher, und ihre Sinne schlugen Alarm. “So begann also diese alberne Fehde? Wegen einer Frau?”
Sie zuckte mit den Schultern. “Mein Großvater
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