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Umzug ins Glück

Umzug ins Glück

Titel: Umzug ins Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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weiter vorgehen sollte, hörten wir Jan Hörnum zurückkommen. Eilig wischten wir die Brotkrümel
     von der Tischdecke und bemühten uns, ganz unschuldig auszusehen.
    Dann stand er mit einem Tablett in der Esszimmertür. »So, jetzt kann es weitergehen«, verkündete er. »Ich hab zum Nachtisch
     Creme brulée gemacht, aber zum Flambieren musste ich erst mal den Unkrautbrenner aus dem Garten holen.«
     
    »Vielen Dank für das interessante Abendessen«, sagte Romy etwa eine Stunde später zu Jan Hörnum, als sie schon in der Garderobe
     stand. »Vor allem der Nachtisch war vorzüglich.«
    Da hatte sie recht. Nachdem wir erst einmal mit großer Skepsis einen Löffel durch die braun flambierte Zuckerschicht gebohrt
     und eine Miniportion gekostet hatten, machte sich wahre Begeisterung breit. Sogar Ines ließ sich zu einem Lob herab. »Das
     war das Beste, was ich in letzter Zeit gegessen habe«, sagte sie, und wenn man bedachte, was sie vorher bei mir bekommen hatte,
     war das absolut nachvollziehbar.
    »Ich hatte schon Sorge, Sie würden das nicht essen wollen«, sagte er. »Weil da doch Ei drin ist.«
    Ines’ Mundwinkel rutschten nach unten. »Oh«, machte sie. »Na, ab und zu muss man wohl eine Ausnahme machen.«
    »Und für ein Ei ist immerhin kein Tier gestorben«, tröstete er sie.
    Als ich dann in meiner chaotischen Küche stand, ließ die Begeisterung wieder nach. Ich hinderte Jan Hörnumin letzter Minute
     daran, mein Goldrandgeschirr in dieSpülmaschine zu räumen, was er als Aufforderung auffasste, das Spülen ganz zu lassen. Zähneknirschend räumte ich den Rest
     in die Maschine und stellte die guten Teile in die Spüle zum Einweichen.
    »Sie sind ja dann morgen noch hier«, sagte ich. Vielleicht verstand er den Wink und würde sich morgen früh um den Spülkram
     kümmern.
    »Ja, morgen hab ich ein volles Programm«, erklärte er. »Ich habe erst einen Termin mit dem Besetzungsbüro in Hammerscheid,
     dann muss ich eine Reitschule finden, und wenn möglich, werde ich noch Ihre Tante besuchen.«
    »Wieso das denn?«, fragte ich verblüfft.
    Jan Hörnum lächelte mild. »Na, weil sie krank ist«, sagte er. Und dann ließ er mich in der Küche stehen und ging ins Bett.
     
    Als ich am nächsten Morgen frühstückte, schlief er offensichtlich noch. Alles war still im Haus, so wie ich es gewohnt war.
     Nur das dreckige Geschirr in der Spüle zeugte davon, dass meine Lebensumstände sich etwas verändert hatten.
    An der Garderobe sah ich seine beiden Jacken, und nach kurzem Zögern durchsuchte ich die Taschen. Ich fand zwar nichts, was
     mir weiteren Aufschluss über seine Identität gegeben hätte, aber ich begegnete meinem Haustürschlüssel wieder. Einen Moment
     spielte ich mit dem Gedanken, den Schlüssel einfach mitzunehmen. Dann könnte er nicht mehr rein, wenn er einmal das Haus verlassen
     hatte. Aber andererseits würde er es entweder vorher merken und so etwas Leichtsinniges tun wie die Gartentür offen lassen.
     Allein der Gedanke machte mir klar, dass ich in diesem Fall keine ruhige Minute im Büro haben würde. Oder er merkte es erst
     hinterher, und weiß der Kuckuck, was er dann unternehmen würde, um wiederins Haus zu gelangen. Nicht auszudenken. Ich ließ den Schlüssel wieder in seine Jackentasche gleiten.
    Aber ich hatte ja andere Möglichkeiten. »Kannst du mir einen Gefallen tun?«, fragte ich Doris, sobald sich Horst in seine
     Zelle verzogen hatte. »Könntest du für mich etwas über einen Günter Mäderle herausfinden, vermutlich in Hamburg oder Umgebung
     geboren? Ich weiß nicht viel über ihn, nur dass er 1967 in Hamburg seinen Führerschein gemacht hat.«
    »Kein sehr hamburgischer Name«, bemerkte Doris. »Wann ist der denn gestorben?«
    »Der lebt noch«, sagte ich. Mit Betonung auf ›noch‹, für den Fall, dass er noch Schlimmeres anrichtete als meine Küche zu
     verwüsten.
    »Na, das ist ja schön für ihn«, sagte Doris und begann mit ihrer Recherche. Sie wurde ein paarmal unterbrochen, sodass wir
     erst in der Mittagspause dazu kamen, darüber zu sprechen.
    »Dieser Mäderle«, begann sie. »Du wirst nicht glauben, was ich über den herausgefunden habe.«
    »Lass mich raten, sag’s mir nicht.« Ich schwenkte meinen Löffel, mit dem ich gerade einen Becher Fabrik-Pudding aß. Kein Vergleich
     mit der Creme brulée von gestern. »Erster Versuch: Das ist ein Versicherungsvertreter aus Elmshorn, der vor zwanzig Jahren
     verstorben ist.«
    »Falsch«, sagte Doris. Wir

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