...und da sagte Don Camillo...
fürchtete sich offensichtlich weder vor den Toten noch vor den Lebenden, denn das Haus strebte mit ungeheurer Schnelligkeit in die Höhe. Und das bedeutete, daß Tavoni es kaum erwarten konnte, in sein neues Heim zu ziehen.
Inzwischen gingen den Leuten die Giftpfeile aus; als die elegante Wohnstätte innen und außen fertig, Mauerwerk und Farbe trocken war, hielt Tavoni feierlich Einzug, und die Zuschauer empfanden es, als hätte er eine Gewalttat begangen.
Und da Tavoni seinen Sieg geschickt ausnutzte und keine Gelegenheit ausließ, öffentlich zu erklären, es wohne sich in dem neuen Haus so herrlich, daß er sich wie neugeboren fühle, begannen die Unterlegenen richtig zu leiden.
Doch bald nahte der Tag der Vergeltung.
Wer war der erste, der Alarm schlug? Unmöglich, das herauszufinden: irgend jemand war es einfach gewesen. Und gleich geriet das Dorf in Aufruhr.
Die Leute trennten sich in zwei Lager: solche, die daran glaubten, und solche, die nicht daran glaubten. 1
«Das mußte ja so kommen», sagten die einen. «Man baut kein Wohnhaus über den Gebeinen von Toten. Die Toten wollen in Ruhe gelassen werden.»
«Das ist dummes Altweibergewäsch», sagten die andern. «Aber man sollte wirklich kein Haus über den Gebeinen von Toten bauen.»
Und so erzählten es alle weiter, die einen in abergläubischer Furcht, die andern mit spöttischer Miene: daß es in dem Haus nicht geheuer sei.
Verschlossene Türen klappten nächtlicherweile unvermittelt auf und zu, das Licht gehe immer wieder aus, man höre seltsame Geräusche.
Die einzigen, die natürlich von alledem nichts wußten, waren Tavoni und seine Frau. Ihnen wäre es nicht im Traum eingefallen, in ihrem neuen Haus merkwürdige oder besorgniserregende Vorkommnisse zu bemerken. Doch es fand sich jemand, der sich die Mühe nahm, die umittelbar Betroffenen ins Bild zu setzen.
«Schreckliche Leute in diesem Dorf», sagte eines Tages die Drogistin zu Tavonis Frau. «Leute, denen es fast schlecht wird, wenn sie jemanden sehen, dem es gut geht. Wissen Sie, was ich vor weniger als einer halben Stunde einer gewissen Person gesagt habe, die mit der Geschichte von den Gespenstern daherkam? Es wäre besser, es würde jeder darauf achten, was in seinem eigenen Haus vorgeht, habe ich gesagt.»
«Die Geschichte mit den Gespenstern?» fragte Frau Tavoni neugierig. «Was ist damit? Ich habe nichts gehört.»
«Ach, wissen Sie, das übliche dumme Geschwätz. Jetzt heißt es, daß es in Ihrem Haus spuke: Türen, die zuschlagen, Kettengerassel, Licht, das ausgeht, undsoweiter. Alles bloß wegen der paar Knochen, die man zwischen den Grundmauern gefunden hat. Machen Sie sich nichts daraus, Frau Tavoni, lachen Sie darüber, wie ich.»
Frau Tavoni lachte durchaus nicht darüber. Sie erzählte die Geschichte brühwarm ihrem Mann und blickte sehr beunruhigt drein: «Verstehst du?» schloß sie. «Man sagt im ganzen Dorf, bei uns sei es nicht geheuer.»
«Laß sie doch reden!» lachte Tavoni. «Schließlich! wohnen wir in unserem Haus und wissen genau, daß die Gespenster nur in den Köpfen der Leute spuken, die der! Neid plagt.»
Eines Abends erlosch während des Essens plötzlich das Licht, und Frau Tavoni stieß einen durchdringenden I Schrei aus. Dann ging das Licht wieder an, aber in der Nacht schlug irgendwo eine Tür zu, und da verfiel Frau Tavoni in Krämpfe.
Am folgenden Tag eilte sie zu Don Camillo und beschwor ihn, das Haus zu segnen. Die Leute sahen Don Camillo hingehen und fanden sich bestätigt: Es spukte wirklich bei den Tavonis, sonst hätten sie nicht den! Priester geholt, um das Haus zu segnen.
Die Geschichte mit den Gespenstern bildete bald den allgemeinen Gesprächsstoff, und als Peppone eines Abends sein Büro im Volkshaus betrat, ertappte er den! Smilzo dabei, wie er sich mit Bigio ernsthaft über Geister unterhielt.
Peppone war entrüstet. «Solches Geschwätz von kindischen alten Weibern will ich hier drin nicht hören! Daß sich ausgerechnet im Volkshaus Überbleibsel der schlimmsten mittelalterlichen Verdummung breitmachen, ist unerträglich!»
«Chef», brummte der Smilzo eingeschüchtert, «wirf haben doch nur gesagt, was die Leute sagen.»
«Über solchen Quatsch redet man überhaupt nicht!» wies ihn Peppone zurecht. «Im Gegenteil, wenn mal jemanden so etwas dahersagen hört, erklärt man laut und deutlich, daß das einfältige Ammenmärchen sind. Die erste Pflicht jedes Genossen ist es, das Volk geistig zu heben, ihm die Köpfe vom Nebel
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