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und der verschwiegene Verdacht

und der verschwiegene Verdacht

Titel: und der verschwiegene Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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wo sie den Pfarrer friedlich schlafend in dem Morris vorfanden. Er bestand darauf, Emma eine alte Straßenkarte zu schenken, die vom häufigen Gebrauch so brüchig war, dass Emma Angst hatte, sie könnte sich unter ihren Händen auflösen. Auf ihr hatte er die genaue Lage von Penford Hall mar-kiert.

    Sie dankte allen und versprach, auf ihrem Rückweg nach London einen Abstecher nach Finch zu machen, dann winkte sie ihnen nach, als sie mit einem Gewirr von Straßenkarten den Heimweg antraten. Nachdem sie verschwunden waren, sah Emma auf die Karte in ihrer Hand. Auf die Rückseite hatten die Schwestern geschrieben: Dies ist unsere liebe Freundin Emma.
    Sie kennt sich mit Gärten aus.

    Beide Zeilen waren in der identischen schnörkeligen Schrift verfasst.

3
    »WAR ES NICHT HIER, WO Lex Rex verunglückt ist?«
    Mrs Trevoy, die rundliche Witwe, in deren Pension Emma übernachtet hatte, lehnte sich so weit über den Tisch, dass die Rüschen ihrer Schürze den Deckel von Emmas Teekanne berührten. Sie beantwortete Emmas Frage in einem geheimnisvollen Flüsterton, vermutlich um das frisch verheiratete Pärchen nicht zu stören, das, völlig mit sich selbst beschäftigt, in der äußersten Ecke des kleinen Speisezimmers frühstückte. Emma sah zu den beiden hi-nüber und dachte, dass höchstens ein Kanonen-schuss sie aus ihrer Versunkenheit aufwecken könn-te, aber sie schätzte Mrs Trevoys Zartgefühl und flüsterte ebenfalls.
    »Vor fünf Jahren«, zischte Mrs Trevoy. »Ging direkt vor dem Hafen von Penford unter, die ganze besoffene Bande.« Sie lehnte sich noch weiter vor und fügte genüsslich hinzu: » Ersoffen wie die Ratten. «
    »Ertrunken?«, fragte Emma erschrocken.
    Mrs Trevoy nickte. »Geschah ihnen recht«, fuhr sie fort, und ihre knallrot geschminkten Lippen zogen sich missbilligend zusammen. »Hatten ja schließlich die Yacht Seiner Hoheit geklaut, nich?
    Und immer dieser fürchterliche Krach, der angeblich Musik sein sollte …« Mrs Trevoy verdrehte die Augen. »Zum Kotzen. War ’ne ganz schöne Aufregung damals. Mehr Reporter als Flöhe auf ’nem Straßenköter. Einer von diesen frechen Kerlen wollte hier übernachten, aber dem hab ich was erzählt.
    Meine Schwägerin wohnt in Penford Harbour, und was der an Menschenkenntnis fehlt, das passt auf die Spitze von ’ner Stecknadel. Wenn sie sagt, Seine Hoheit ist ’n netter Junge, dann isses so.« Mrs Trevoy richtete sich auf und zupfte an den Rüschen ihrer Schürze. »Aber das is jetzt alles Vergangenheit. Na ja, schließlich isses fünf Jahre her, nich wahr? Die Geschichte is so alt wie der Fisch von letzter Woche und stinkt zweimal so stark. Mehr Rührei, meine Liebe?« Emma lächelte schwach und dankte. Mrs Trevoy ging auf Zehenspitzen aus dem Frühstückszimmer und bedachte das Flitterpärchen in der Ecke mit einem mütterlichen Blick.
    Emma sah nachdenklich aus dem Fenster. Kein Wunder, dass der Name Penford Hall ihr so bekannt vorgekommen war. Richard war ein großer Fan von Lex Rex gewesen, und womöglich der älteste. Er hatte sein Studio mit den grellen Postern von Lex Rex bepflastert, seine Videos immer und immer wieder gesehen, und zwar in einer solchen Lautstärke, dass Emma in den Garten geflohen war.

    Richard hatte den kometenhaften Aufstieg von Lex genau verfolgt und war dann fassungslos über seinen Tod gewesen. Er hatte wochenlang von dem Segelunfall gesprochen und getrauert, als ob die Welt einen jungen Mozart verloren hätte.
    Was Emma betraf, so bedeutete der Tod von Lex Rex ein Meilenstein im Kampf gegen die akustische Umweltverschmutzung. Trotzdem musste sie sich eine gewisse Neugier eingestehen. Der Tod des Rocksängers war skandalumwittert gewesen, und wenn sie an den Ort dachte, vor dessen Hafen das Segelboot gesunken war, überlief sie eine Gänsehaut. Emma sah zu dem Pärchen hinüber und dachte mit einer gewissen Befriedigung daran, dass Richard nun durch seine Märchenprinzessin verhin-dert war, diesen Ort ebenfalls zu sehen. Vielleicht würde sie dem glücklichen Paar eine Postkarte von Penford Hall schicken, eine Geste, die ihnen zeigen sollte, dass sie nicht nachtragend war.
    Aber zunächst musste sie dort hinkommen. Penford Hall war weder in den Karten ihres Reisebüros verzeichnet noch in den Reiseführern erwähnt, die sie gekauft hatte. Der einzige Beweis für seine Exis-tenz war die alte Karte des Pfarrers, auf die er ein kleines X eingetragen hatte und darunter in eleganter, altmodischer Schrift die Worte

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