und der verschwiegene Verdacht
ihm beruhigend auf die Schulter klopfte. Etwas weiter entfernt verfolgte Hallard das Ganze mit großer Aufmerksamkeit.
»Was ist passiert?«, fragte Derek.
»Sie ist ohnmächtig geworden«, erwiderte der bärtige Mann. »Manche Leute können eben kein Blut sehen.« Er stand auf und berührte Crowleys Arm. »Machen Sie sich keine Sorgen. Sie sollte ins Bett gebracht und warm gehalten werden. In ein paar Stunden ist sie wieder gesund und munter.«
»Sehr wohl, Dr. Singh«, entgegnete Crowley.
Syd war den Sanitätern zum wartenden Hubschrauber gefolgt, und Dr. Singh musste sich beeilen, um sie einzuholen. Die Männer aus der Küche hatten sich zerstreut, und nach einer kurzen Bespre-chung an der Tür gingen auch Newland und Gash hinaus.
Der Herzog kniete neben Mattie. »Das arme Kind«, sagte er. »Hallard, bitte bringen Sie etwas Cognac hinauf in Matties Zimmer. Und bitten Sie Madame, dass sie auch eine Kanne Tee hinauf-schickt.« Während Hallard in Richtung Küche da-voneilte, nahm der Herzog Mattie auf die Arme und trug sie die Treppe hinauf, Crowley folgte ihm auf den Fersen.
Kate Cole blieb zurück. Besorgt sah sie Derek und Emma an, dann sagte sie: »Ich fürchte, Grayson und ich müssen umgehend nach Plymouth, um eine Pressekonferenz vorzubereiten. Sie werden verstehen, dass wir die Presse von hier fern halten möchten, deshalb kann es sein, dass wir ein paar Tage dort bleiben, bis sich die Aufregung gelegt hat.«
»Grayson soll also eine Art Lockvogel sein?«, fragte Derek.
»Eher das Lamm auf der Schlachtbank«, bestätigte Kate. »Sie machen sich keine Vorstellung, was wir durchgemacht haben, als Lex ums Leben kam.
Hinter jedem Busch ein Fotograf. Ich lasse Sie nicht gern mit reduziertem Personal zurück, aber solange sich Crowley um Mattie kümmern muss …«
»Es wird schon gehen«, beruhigte Derek sie. Kate nickte dankbar, reichte ihm eine Karte mit der Telefonnummer in Plymouth und eilte die Treppe hinauf. Draußen auf dem Vorplatz erhob sich Dr.
Singhs Hubschrauber mit einem Höllenlärm in den Himmel, um kurz darauf in der Ferne zu ver-schwinden.
In der Eingangshalle war es plötzlich still geworden. Derek sah Emma an. »In die Bibliothek?«, schlug er zögernd vor. »Einen Drink?«
»Vielleicht sogar zwei«, stimmte sie zu.
Emmas Ellbogen ruhte auf der Lehne der mit Brokat bezogenen Couch in der Bibliothek, während sie nachdenklich den Finger auf dem Rand ihres Glases kreisen ließ. Es war fast zehn Uhr, und sie wünschte, dass sie etwas gefrühstückt hätte. Der erste Schluck des Single Malt Whiskeys aus den Beständen des Herzogs hatte ihre Nerven beruhigt, beim zweiten war ihr Kopf klarer geworden, aber ein dritter Schluck auf leeren Magen würde sie womöglich unter den Tisch befördern.
Sie sah zu Derek hinüber. Mit übergeschlagenem Bein, die Arme verschränkt, saß er am anderen En-de der Couch und blickte mit leicht gerunzelter Stirn in den leeren Kamin. Er hatte sich nicht bewegt, seit Bantry vorbeigekommen war, um zu fragen, ob er Master Peter und Lady Nell in Madames Gemüsegarten mitnehmen dürfe. Selbst darauf hatte er nur wortlos genickt.
Emma wusste, dass er sich nicht wegen Susannah sorgte. Auf Emmas mitfühlende Worte hatte er mit ausdruckslosem Gesicht die Achseln gezuckt und nur kurz gesagt: »Schlimme Sache.« Fast, als ob er vorübergehend vergessen hätte, wer da verunglückt war.
Grübelte er immer noch über seine Kinder nach?
Emma fand, dass er sich in dieser Beziehung wirklich nicht allzu viele Sorgen zu machen brauchte.
Nell schien die Sache nicht weiter aufgeregt zu haben, und Peter machte ebenfalls einen gelassenen Eindruck. Emma war sicher, dass die Kinder wider-standsfähiger waren, als ihr Vater vermutete.
Emma hatte sich ebenfalls schnell erholt, nicht nur von den Ereignissen des Morgens, sondern auch von ihrer vorübergehenden Verliebtheit in Derek. Jedenfalls fühlte sie sich nicht länger ungeschickt und sprachlos in seiner Gegenwart, und sie vermutete, dass sie auch den Grund wusste: Ganz gleich ob verwitwet oder geschieden, ein allein erziehender Vater mit Kindern suchte ohne Zweifel eine Mutter für sie. Und da Mutterschaft, ob mit eigenen oder fremden Kindern, für Emma nie ein Ziel gewesen war, musste Derek fortan für sie tabu sein. Sie betrachtete diese Erkenntnis als eine Erleichterung.
Emma hatte es satt, sich immer wieder wegen zwei schöner blauer Augen lächerlich zu machen.
»Derek«, sagte sie und stellte ihr Glas auf den
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