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und der verschwiegene Verdacht

und der verschwiegene Verdacht

Titel: und der verschwiegene Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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der Kapelle trieb. Er schien nicht der Typ Junge zu sein, der irgendwelchen Schabernack im Sinn hatte, aber es war klar, dass er sich unerlaubt aus seinem Zimmer entfernt hatte.
    Was hatte ihn bewogen, Nanny Coles Zorn zu ris-kieren?

    Emma ging langsam den Mittelgang entlang. »Ich möchte lieber nicht allein hier sein«, sagte sie, indem sie sich in die erste Bank setzte. Sie sprach absichtlich in sanftem Ton. Sie wollte Peter davon abhalten, durch die Hintertür nach draußen zu ver-schwinden.
    Peter knipste seine Lampe an und stellte sie auf den Sims unter dem Fenster, dann ging er langsam rückwärts bis zur Bank und setzte sich neben Em-ma, die Hände in den Taschen seiner Jacke vergraben, die Augen unverwandt auf die Frauenfigur im Fenster gerichtet.
    »Sie ist wunderschön, nicht wahr?«, sagte er fast unhörbar.
    »Ja, das ist sie.« Selbst in der Dunkelheit hatte das Bild nichts von seiner Ausstrahlung eingebüßt.
    Im Licht der Laterne leuchteten hier und da die Farben auf und die blitzenden Augen der Frau erschienen weicher. Das Gesicht über ihnen war klar und ruhig wie der Mond, der über den Nachthim-mel zieht.
    »Dad sagt, dass viele Leute Miss Ashley-Woods schön finden«, sagte Peter. »Aber ich mag sie nicht.«
    Emma bemühte sich, ihre Stimme so ruhig wie möglich klingen zu lassen, als sie fragte: »Und warum nicht?«
    »Sie ist doch nur Haut und Knochen«, sagte Peter unverblümt, »und sie hat so hinterhältige Augen.
    Ehe Sie kamen, hat sie Dad einfach nie in Ruhe gelassen und ihn dauernd von seiner Arbeit abgehal-ten.«
    Eine Arbeit, die dem Jungen aus irgendeinem Grund sehr wichtig war. Plötzlich war es Emma, als ob sie innerlich erstarrte. Um Gottes willen, dachte sie, sollte die Antwort etwa so einfach und so er-schreckend sein?
    »Peter«, sagte sie, »warst du hier nicht auch an dem Morgen, als Miss Ashley-Woods die Treppe hinunterfiel?«
    Sie merkte, wie sich alle Muskeln in Peters Körper anspannten, und einen Augenblick befürchtete sie, er würde Reißaus nehmen. Aber er tat nur einen tiefen Seufzer, der ziemlich hoffnungslos klang, und die Anspannung verließ ihn wieder. Stattdessen liefen ihm jetzt Tränen über das Gesicht, still und unaufhaltsam. Sie fielen auf seine dunkle Wollja-cke, wo sie im Licht der Laterne wie kleine Edel-steine funkelten.
    »Nanny Cole hatte mir gesagt, ich soll draußen spielen«, sagte er, »aber ich hatte keine Lust. Sie sollte mich eigentlich unterrichten, aber sie wollte nicht, und ich war – ich war sauer.«
    »Also bist du hierher gekommen?«, fragte Emma behutsam.
    »Eigentlich soll ich das nicht«, gab der Junge zu.

    »Dad … Dad sagt immer, ich soll an die frische Luft gehen und … und in die Sonne. Aber ich komme gern hierher. Die Dame dort braucht mich.« Der Junge schniefte und fuhr sich dann mit dem Jackenärmel über die Nase.
    »Sie braucht dich?«, fragte Emma.
    »Ich muss ihr doch sagen, dass alles wieder gut wird.« Peter drückte sich die Faust auf die Stirn und stöhnte leise. »Aber ich weiß nicht … ich weiß jetzt auch nicht mehr, ob es wirklich wieder gut wird. Niemand hört auf mich.«
    Emma legte dem Jungen einen Arm um die Schultern, und als er das Gesicht in ihren weichen Ango-rapullover drückte, hielt sie ihn noch fester. Unsicher und zärtlich strich sie ihm über das dunkle Haar. »Hast du an dem Morgen etwas gehört, als du hier drin warst?«, fragte sie. Sie ärgerte sich über sich selbst, dass sie auf diesem Thema beharrte, aber sie musste Peters Antwort hören.
    Peter hob das tränenüberströmte Gesicht zu ihr auf. »Ich habe nichts gehört, bis das Schreien anfing. Dann bin ich dort hinausgegangen« – er deutete auf die Hintertür – »und außen rum auf den Küstenpfad. Ich – ich wollte nicht, dass Dad merkt, dass ich hier gewesen bin. Ich habe noch nie etwas gemacht, was er verboten hat.«
    Das glaubte Emma gern. Peter war der gehor-samste Junge, der ihr je begegnet war. »Hat dich jemand auf dem Küstenpfad gesehen?«, fragte sie vorsichtig.
    Peter nickte. »Teddy Tregallis war unten im Hafen auf dem Schiff, zusammen mit seinem Dad und seinen Onkeln. Sie haben alle hochgeschaut und gewinkt, und ich habe zurückgewinkt. Teddy ist schwer in Ordnung. Wenn er groß ist, wird er auch Fischer. Er sagt, das macht ihm mehr Spaß als die Schule.«
    Emma sah in die leuchtenden Augen des Jungen und wusste, dass er die Wahrheit sagte. Er hätte sonst keine Zeugen genannt, es wäre ein Leichtes für sie, seine

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