und du bist weg
auf einen Menschen geschossen«, zischte Katharina. »Gezielt ja, aber abgedrückt.«
»Aber Berthold, zum Beispiel. Damals, als dich dieser Serienmörder umnieten wollte. Macht der sich in irgendeiner Art und Weise Vorwürfe?«
»Nein«, gab Katharina nach einer Pause zu.
»Eben«, bekräftigte Ulli. »In dieser Situation konnte er nicht anders handeln. Mit Sicherheit hat er keine einzige Sekunde daran gedacht, ob er dich ebenfalls mit seinem Schuss gefährden würde.«
»Das war doch etwas völlig anderes«, warf Katharina kopfschüttelnd ein. »Ich lag doch schon auf dem Boden, da konnte Berthold.«
»Unsinn«, erregte sich Zander. »Immerhin ist der Kerl volles Rohr auf dich drauf geknallt, du hast danach vier Wochen Gips tragen müssen.«
»Aber.«
»Nichts da. Damals hätte es für dich auch wesentlich schlimmer kommen können. Du hast getan, was du tun musstest. Akzeptier das endlich.«
»Ja, du hast gut reden«, fauchte Katharina. »Wie viele Menschen hast du denn schon erschossen?«
»Jetzt wirst du unfair«, meinte Ulli.
»Ganz und gar nicht. So lange du nicht weißt, wovon du redest, solltest du dich geschlossen halten.«
Ulli sah sie einen langen Moment an und wuchtete sich von der Liege. »Ich wollte dir eigentlich nur klarmachen, dass du allein mit der Situation wohl nicht fertig wirst. Lass dir helfen.«
»Von wem denn?«, höhnte Katharina. »Bist du als Sozialarbeiter dafür qualifiziert?«
»Nein«, überhörte Ulli die Provokation. »Aber es wäre vielleicht nicht verkehrt, wenn du dich mit einem Psychologen zusammensetzen würdest. Und jetzt geh ich duschen.«
Bevor die Blonde erneut aufbrausen konnte, war Ulli verschwunden. Ihre wenigen Auseinandersetzungen beendete er gerne auf diese Art; den Hammer sparte er sich immer für den Schluss auf und verschwand, bevor sie die passende Antwort geben konnte.
Wütend stand sie ebenfalls auf, warf sich das Handtuch über die Schultern und ging in die Wohnung. Sie kramte einen frischen Slip aus ihrer Kommode, sprang in eine zufällig herumliegende Jeans und ein verwaschenes ärmelloses T-Shirt. Kaum hatte sie ihre Mähne im Nacken mit einem Band zusammengebunden, als ihr Sohnemann nebenan loskreischte.
Auch das noch, schoss es ihr durch den Kopf. Mit einem Knall pfefferte sie die Schublade der Kommode zu und enterte das Kinderzimmer. Eine schreckliche Sekunde war sie kurz davor, den Kleinen anzubrüllen, ihren ganzen Frust herauszuschreien und mit den Fäusten auf irgendetwas einzutrommeln.
Stattdessen blieb sie unbeweglich keine zwei Schritte von der Wiege entfernt stehen und starrte hilflos auf das Kind. Der Kloß in ihrem Hals wurde immer dicker, ihre Knie bestanden offensichtlich nur noch aus Pudding.
Der Kleine schrie immer lauter. Katharina rührte sich nicht, unfähig zu der kleinsten Bewegung.
Schließlich schoss Zander, lediglich mit einem Handtuch bekleidet, an ihr vorbei, nahm das Kind hoch und redete beruhigend auf es ein.
Katharinas Erstarrung löste sich. Verzweifelt nahm sie ihren Kopf zwischen die Hände, machte auf dem Absatz kehrt und rannte aus dem Zimmer. Ohne zu überlegen, schnappte sie sich die Autoschlüssel, schlüpfte in ihre Espadrilles und flüchtete aus der Wohnung.
9
Abschätzend warf Carina Rürich einen Blick auf das Arrangement. Das Porzellan war auf den Millimeter genau ausgerichtet, das Besteck wartete exakt positioniert neben den Tellern, die Gläser konnten unbesorgt die Hauptrolle in einem Werbespot für ein Spülmaschinenmittel übernehmen. In der Mitte des Tisches glänzte die Warmhalte-platte wie frisch poliert, ein kleines Stückchen weiter stand die extravagante Vase, in der eine einzelne rote Rose einen schönen Kontrast zu dem zitronengelben Tischtuch und dem leicht ins Grünliche spielende Geschirr bildete. Aus der Küche lockten die appetitanregenden Düfte des Auflaufs, der im Backofen allmählich gar wurde. Auf der Herdplatte köchelte die leichte Suppe, die Carina als Vorspeise servieren wollte. Der Abend konnte beginnen.
Leise pfeifend wechselte sie vom Wohnzimmer ins Bad, um ihr Make-up zu checken. Der Lippenstift war noch genauso knallig wie vor einer Stunde, das leichte Rouge auf den Wangen überspielte die leichten Unebenheiten ihrer Haut, wirkte aber kein bisschen zu dick aufgetragen. Sie griff nach der Haarbürste und fuhr sich zum x-ten Mal durch ihre Haare. Ihr Spiegelbild schaute zufrieden zurück. Wenn doch nur nicht diese viel zu eng beieinander stehenden Augen
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