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und du bist weg

und du bist weg

Titel: und du bist weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theo Pointner
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wären.
    Sie sah auf ihre Armbanduhr. Kurz vor halb acht. Gleich würde Gumprecht auftauchen, wie immer mit einem Blumenstrauß von einer Tankstelle bewaffnet und einer Flasche Wein in der Hand. An dieses Ritual hatte sie sich immer noch nicht gewöhnt, obwohl ihre Beziehung schon über ein Jahr andauerte.
    Die Stelle bei Burgert & Gumprecht war ihr erster Job nach dem Studium. Für ihr Diplom hatte sie gerade mal neun Semester gebraucht, hartnäckig hatte sie sich in den drögen Lehrstoff verbissen und die Nächte um die Ohren geschlagen. Ihre Noten lagen weit über dem Durchschnitt, trotzdem hatte sie sich an ihren Bewerbungen die Finger wund geschrieben, bevor sie endlich zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurde. Und dann hatte es geklappt.
    Doch statt einer steilen Karriere erwarteten sie bessere Hilfstätigkeiten, bei denen sie sich vorkommen musste wie eine kleine Sekretärin. Klar, sie war jung und, zumindest was den Job betraf, unerfahren, aber dennoch war sie tief enttäuscht gewesen. Also hatte sie neben ihrem Kopf ihre körperlichen Asse eingesetzt und dabei ganz auf Gumprecht spekuliert. Seitdem ging es bergauf, ihr Job war jetzt wesentlich interessanter, die Bezahlung anständig. Und es boten sich rosige Zukunftsperspektiven.
    In die Stille dröhnte das Schrillen ihrer Küchenuhr, der Auflauf war fertig. So schnell sie in dem engen Kleid, das sich wie eine zweite Haut an ihren Körper schmiegte, laufen konnte, tapste sie in die Küche und drehte die Temperatur des Backofens herunter. Der Käse war zerlaufen und bildete über dem Fleisch und den Nudeln eine tiefbraune Kruste. Als sie die Herdklappe einen Spalt öffnete und prüfend schnupperte, gongte die Tür schelle.
    Gumprecht erkannte sie schon am Gang. Er bollerte wie ein Sumoringer über die Stufen, seine Absätze klackten schwerfällig über jede Schwelle.
    »’n Abend, mein Schatz. Komm ich zu früh?«
    Rürich verkniff sich einen zweideutigen Kommentar und schenkte ihrem Lover stattdessen ein strahlendes Lächeln. »Genau richtig. Wir können gleich essen.«
    Der Besucher stürmte in ihre Wohnung, patschte ihr die Blumen in die Hand und einen Kuss auf die Wange. Als er sich wieder von ihr löste, wanderten seine Augen anerkennend über ihren Körper. »Mein lieber Mann, enger ging es wohl nicht, oder?«
    Unschuldig sah Carina an sich herunter und zuckte die Achseln. »Gefällt es dir nicht?«, fragte sie herausfordernd.
    »Natürlich.«
    Die Blumen landeten in einer Vase, während Gumprecht schon ins Wohnzimmer ging, um die Weinflasche zu öffnen. Er hatte eine beinahe schon abartige Vorliebe für Lambrusco. Wenigstens schleppte er nicht das letzte Pennergesöff an, aber ihre Versuche, ihn auch mal für einen Barolo oder andere edlere Tropfen zu begeistern, waren regelmäßig fehlgeschlagen. Na ja, es gab Schlimmeres.
    »Sind unsere Amis gut versorgt?«, fragte Rürich, während sie die Auflaufform aus dem Herd holte.
    »Bestens«, gab Gumprecht zurück. »Kalinowski opfert sich und verbringt den heutigen Abend gemeinsam mit unseren neuen Geschäftspartnern in irgendeinem Nobelpuff.«
    »Besitzt Bochum so etwas überhaupt?«
    »Ach was. Nee, die sind nach Düsseldorf.«
    Mit der dampfenden Suppenschüssel, die sie zwischen zwei dicke Handschuhe gepresst hatte, betrat nun auch Carina das Wohnzimmer. »Und? Warum bist du nicht mitgefahren?«
    Der Geschäftsführer lachte auf. »Spinnst du? Also wirklich, ich hab noch nie dafür bezahlt und werde das auch in Zukunft nicht tun.«
    Glaubst du auch nur, dachte die Frau in Rot und setzte die Schüssel auf den Untersetzer. »Immerhin geht das auf Firmenkosten«, antwortete sie laut. »Und wenn man bei den Mädels richtig was springen lässt, soll das richtig klasse sein.«
    Gumprecht sah auf. »Woher willst du denn das wissen?«
    »Och, man hört doch so einiges.«
    »Trotzdem«, beharrte Gumprecht, während er den Wein in eine Karaffe umfüllte. »Mein Ding ist das nicht.«
    Rürich tunkte eine futuristisch aussehende Kelle in die Schüssel und versorgte ihren Gast mit der ersten Ladung Kalorien. Der Enddreißiger setzte sich an den Esstisch, bewaffnete sich mit dem Löffel und einem Stückchen Baguette und verbrannte sich sofort die Lippen. »Scheiße, ist das heiß.«
    Carina pustete vorsichtig auf die Minestrone. »Wie lief es denn sonst heute Nachmittag?«
    Gumprecht bleckte immer noch seine Wunden und rührte angestrengt in seiner Vorspeise, damit sie eine einigermaßen annehmbare

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