und du bist weg
geboren. Mein Vater hat niemandem etwas davon erzählt, für ihn hätte es damals unangenehme Konsequenzen haben können, einerseits bezüglich seiner politischen Laufbahn, andererseits hätte sich seine Frau sicherlich scheiden lassen. Er hat meine Mutter und mich finanziell großzügig unterstützt, mir das Studium finanziert und mich letztendlich in seine Firma geholt.«
»Also haben Sie Ihrem Vater sehr viel zu verdanken«, sagte Thalbach ironisch.
»Ich wüsste nicht, was daran lächerlich ist«, gab Kalinowski scharf zurück. »Für Sie mag das ein Fall wie jeder andere sein; ich habe meinen Vater, und wie ich gerade erfahre, auch meinen Onkel verloren.«
»Meine Kollegin wollte Ihnen nicht zu nahe treten«, entschuldigte Gassel schnell. »Aber Sie müssen doch zugeben, dass die Geschichte merkwürdig ist. Erst erzählt Ihr Vater seinem Bruder, dass er sich bei dem Verkauf der Firma übervorteilt und dann auch noch bedroht fühlt. Am selben Abend stirbt er bei diesem Unfall. Und anderthalb Tage später liegt Ihr Onkel erschlagen in seinem Arbeitszimmer.«
Kalinowski rieb sich kopfschüttelnd die Augenbrauen. »Hat Gumprecht Ihnen nichts gesagt?«, fragte er.
»Was gesagt?«, wollte Katharina wissen.
»Vater hatte Probleme. Psychische Probleme, seit einiger Zeit schon. Vermutlich ist ihm der ganze Stress zu viel geworden.«
»Ich denke, er war in den letzten Jahren kaum noch in der Firma tätig?«, warf Hofmann zweifelnd ein.
»Das nicht. Aber er war in Bonn als Staatssekretär Belastungen ausgesetzt, denen er wohl nicht mehr gewachsen war.«
»Und wie äußerten sich seine psychischen Probleme?«, fragte Gassel skeptisch.
»Nach seiner Pensionierung wollte er sich wieder hier in das Geschäft einmischen. Doch er hatte geistig mächtig abgebaut, Vorgänge nicht mehr durchschauen können, falsche Prioritäten gesetzt und wichtige Unterlagen verschusselt. Wir haben versucht, ihn vom Tagesgeschäft fernzuhalten und ihn mit Nichtigkeiten zu beschäftigen. Das hat er natürlich schon irgendwie gemerkt. Und mal zweifelte er an sich selbst und mal an uns.«
»War Ihr Vater depressiv?«, brachte Hofmann die Sache auf den Punkt. »Oder litt er vielleicht an Verfolgungswahn?«
»Das kann ich doch nicht beurteilen«, stellte Kalinowski klar. »Aber mir dämmert so langsam, was hinter den Äußerungen, die er gegenüber meinem Onkel gemacht hat, stecken könnte. In einem Punkt hatte mein Vater Recht; ein wesentlicher Punkt bei den Verkaufsverhandlungen war, dass er sich zukünftig gänzlich aus dem Geschäft zurückziehen sollte. So gesehen wurde er selbstverständlich übervorteilt, aber das Schicksal der gesamten Firma hing von dem Verkauf ab.«
»Ist ja alles schön und gut«, überlegte Gassel. »Aber wenn Ihr Vater sich lediglich etwas zusammenphantasiert hat, wer hat dann Ihren Onkel ermordet? Und warum?«
»Um das herauszufinden, besitzen Sie meines Erachtens die bessere Qualifikation«, gab Kalinowski achselzuckend zurück. »Ich habe keine Ahnung.«
Gassel ignorierte die Anspielung. »Wir müssen Sie bitten, uns einen Zeitplan über den Verlauf des letzten Wochenendes zu machen.«
»Das letzte Wochenende?«
»Am letzten Wochenende wurden doch die Kaufverträge unterschrieben, nicht wahr? Angesichts der Anhäufung von Todesfällen im Umkreis der Firma interessieren uns alle besonderen Vorkommnisse und wer was wann gemacht hat.«
»Oh, ich verstehe. Reicht es Ihnen nächste Woche? Wie gesagt, ich habe mehr als genug zu tun, und da Herr Gumprecht nicht da ist.«
»Nächste Woche ist früh genug«, entschied Hofmann und wuchtete sich in die Höhe. »Wann erwarten Sie Herrn Gumprecht denn zurück?«
»Keine Ahnung«, antwortete Kalinowski. »Solche Verhandlungen können sich in die Länge ziehen. Bis Mittwoch oder Donnerstag müsste er allerdings wieder hier sein.«
»Mit Frau Rürich würden wir uns auch noch gerne unterhalten«, meldete sich Katharina. »Ist sie im Haus?«
»Ja. Ich glaube, sie sitzt irgendwo mit Herrn Schmidt, unserem Personalchef, in einer Besprechung. Meine Sekretärin wird Ihnen sicherlich sagen können, wo Sie die beiden finden.«
30
»Kommen Sie schon, Schmidtchen. Ist doch nicht das erste Mal, dass eine Firma Leute entlassen muss. Stellen Sie sich nicht so an.«
»Aber das ist nicht richtig«, jammerte der Zwerg lauthals. »Wir haben unseren Mitarbeitern versprochen, die Arbeitsplätze zu sichern. Und jetzt sollen wir jeden Dritten rauswerfen?«
Carina Rürich seufzte
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