und ein Hund mit Herzklopfen
in die Küche.
Dort haben Jonas und Kassia meiner Freundin Paula inzwischen wohl den Kopf gewaschen, denn sie guckt ganz bedröppelt.
„Hab gar nicht mehr dran gedacht, Maxie“, sagt sie und zieht einen Schmollmund. „’tschuldigung.“ Sie klimpert mit ihren Wimpern wie Bambi.
Zu schnell will ich aber nicht auf lieb machen und deshalb sage ich etwas schnippisch: „Ist ja auch nicht deine Mutter, die sich plötzlich verliebt hat. Aber warte mal …“
Mehr sage ich nicht, sie weiß auch so, was ich damit meine. Ihre Mutter wird ganz sicher auch mal jemanden kennenlernen, der sich in sie verknallt. Schließlich ist sie nach Mama die netteste Mutter, die ich kenne.
Bevor Paula zurückzicken kann, mischt sich Kassia ein. „Okay, Jonas und Maxie sollten jetzt aber mal los“, mahnt sie. „Sonst sind unsere Zielpersonen mit dem Essen fertig und auf dem Heimweg, bevor sie überhaupt an der Blauen Lagune angekommen sind.“
Ich schnappe mir mein Fahrrad und Jonas startet auf seinem Rennrad durch. Vorher habe ich noch schnell das dunkelgraue Sweatshirt von Kassia übergezogen, damit unsere Mutter mich nicht gleich erkennt.
Das Restaurant heißt aus einem bestimmten Grund Blaue Lagune – es ist nämlich wie eine romantische Bucht geschmückt und selbst der Gastgarten schaut aus wie eine Lagune mitten im Meer. Eigentlich ziemlich hübsch.
Wir haben Glück. Das Wetter ist noch so mild, dass Mama und Herr Pfeffer draußen sitzen. Sie haben eindeutig den besten Platz und ich frage mich, ob Sebastian ihn extra für diese Verabredung ausgesucht hat. Ihr Tisch steht unter einem alten Kastanienbaum, um dessen untere Äste Herzchen-Lichterketten geschlungen sind, die im Schatten der Blätter schummriges blaues Licht erzeugen.
Gerade stoßen die beiden mit Rotwein an und Sebastian Pfeffer sagt etwas, was meine Mutter ganz schrecklich zum Lachen bringt. So heftig, dass sie gar nicht mehr aufhört. Ich bin echt baff.
„Wir stellen unsere Fahrräder am besten ein Stück entfernt ab“, wispert mir Jonas ins Ohr. „Damit wir im Krisenfall schnell flüchten können.“
Ich nicke zum Zeichen, dass ich ihn verstanden habe.
Zum Glück ist Sommer und die Blaue Lagune ist umgeben von Blumenkübeln mit blühenden Pflanzen. Sonst würde man uns sofort sehen.
„Wir müssen näher ran“, zische ich, als der Kellner zwei große Teller mit Spaghetti bringt. „Sonst kannst du keine Fotos machen.“
Kassia hat Jonas gnädigerweise ihr Handy überlassen – aber natürlich hat sie sich vorher genau aufgeschrieben, wie viel Guthaben noch auf der Karte ist.
Wir hechten hinter einen Malvenstrauch und lassen die beiden nicht aus den Augen. Sie scheinen wirklich jede Menge Spaß zu haben und Mama isst Meeresfrüchte-Nudeln. So etwas bestellt sie sonst nie.
Ein paar Musiker entern den Gastgarten und beginnen, schnulzige italienische Lieder zu spielen. Sie erinnern mich an einen kitschigen Film, den ich vor einiger Zeit anschauen durfte, als ich krank war. Der Sänger, der seine Haare mit viel Fett angeklatscht hat, stellt sich dreist vor den Tisch unserer Eltern und singt für sie. Was für ein peinlicher Typ! Zum Glück ist Sebastian Pfeffer selbst Musiker. Ich hoffe, er wird diesem Kerl etwas erzählen – von falschen Quinten und viel zu lang gezogenen Terzen oder so. Irgendetwas Vernichtendes wird ihm schon einfallen.
Aber nein, nichts dergleichen passiert. Im Gegenteil! Herr Pfeffer holt einen Fünf-Euro-Schein aus seiner Jackentasche und belohnt den nervigen Sänger auch noch.
„Weichei!“, flüstert Jonas neben mir. Er hat eine ganz kratzige Stimme.
Anscheinend denkt er gerade dasselbe wie ich – wieder einmal.
Schlagartig tut mir Jonas furchtbar leid. So einen sprunghaften Vater hat er echt nicht verdient.
Angelockt durch die fünf Euro kommen die anderen Musiker nun auch herbei. Und während der Kellner weitere Teller mit Fleisch und Salat bringt, legt der Gitarrist sein Instrument ab und fordert meine Mutter zum Tanzen auf.
„Spinnt der?“, rufe ich empört.
„Pscht!“ Jonas hält warnend den Finger vor den Mund.
Der Musiker zieht Mama an der Hand hoch und die lacht sich auch noch kaputt dabei. Dann setzt wieder die kitschige Melodie ein und meine Mutter tanzt! Die Leute an den anderen Tischen klatschen und rufen Bravo.
Ich schlage meine Hände vors Gesicht und würde am liebsten wie Rumpelstilzchen vor Scham und Ärger im Boden versinken. Was ist nur mit Mama los?
Als ich nach einer halben Ewigkeit
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