Und endlich siegt die Liebe (German Edition)
erfrischenden Wind, den Mollie allein durch ihre Anwesenheit in dieses düstere Gemäuer brachte.
Über weibliches Interesse an seiner Person konnte sich Jacob wahrlich nicht beklagen. In den vergangenen Jahren hatte er etliche Affären gehabt, die aus seiner Sicht ebenso zufriedenstellend wie bedeutungslos verlaufen waren. Auf dem Sektor hatte er also genügend Erfahrung gesammelt, um zu erkennen, wann er einer Frau gegenüberstand, die dafür auf keinen Fall infrage kam.
Und Mollie Parker mit den großen wachen Augen, dem zögernden Lächeln und der schonungslos offenen Art gehörte absolut in diese Kategorie! Abgesehen von geschäftlichen Belangen würde er zukünftig sehr darauf achten, Abstand zu ihr zu halten.
An dem Tag, als er Wolfe Manor verlassen hatte, hatte Jacob sich geschworen, jede Situation zu vermeiden, die er nicht völlig beherrschte. Und er wollte nie wieder jemanden verletzen – das galt auch für Mollie Parker.
Es war ein seltsames Gefühl, nach so vielen Jahren wieder in Annabelles Zimmer zu stehen. Besonders oft war Mollie auch früher nicht hier gewesen, und an die vielen Fotografien konnte sie sich gar nicht erinnern. Es waren sehr ausdrucksstarke Bilder von verregneten Fensterscheiben, Gartenimpressionen, einer einzelnen Lilie in einer Glasschale – und von ihr.
Auch dass Annabelle sie damals überredet hatte, ihr erstes Model zu sein, hatte Mollie fast vergessen. Neugierig trat sie näher und betrachtete im Schein der Taschenlampe die inzwischen leicht verblichenen Fotos. Auf den ganz frühen sah sie noch ziemlich verkrampft und unbeholfen aus. Andere wirkten natürlich und entspannt. Wie viele Stimmungen und Gesichtsausdrücke Annabelle von ihr eingefangen hatte!
Wie seltsam, sich selbst zu betrachten. Ein Bild zeigte sie mit etwa vierzehn Jahren: ein nackter Blick voller Sehnsucht, der auf etwas gerichtet war, das dem Betrachter des Fotos verborgen blieb. Dann mit sechzehn, zurechtgemacht für ihr erstes Date, und gar nicht mal unattraktiv, wie Mollie feststellte. Mit neunzehn, einen Arm um die Schultern ihres Vaters gelegt, der in die Kamera lächelte. Heute bemerkte sie seinen vagen, fast leeren Blick, der von einer beginnenden Demenz sprach, die sie lange nicht wahrhaben wollte.
Abrupt wandte Mollie sich um. Natürlich kannte auch Jacob die Bilder. Dass er sie in Situationen betrachten konnte, in denen sie sich unbeobachtet gefühlt hatte, verunsicherte und ärgerte sie. Annabelle hätte die Fotos von der Wand nehmen sollen.
Oder Jacob selbst, jetzt, wo er das ganze Haus renovieren ließ.
Mollie ging ins angrenzende Badezimmer und wollte sich eigentlich nur abtrocknen. Doch als sie den dekadenten Whirlpool aus reinem Marmor sah, entschied sie sich spontan für ein Bad. Anders als bei der altertümlichen Wanne mit den Löwenfüßen, die im Cottage stand, kam das heiße Wasser im breiten Schwall aus dem Hahn, sodass sie schon wenige Minuten später in ein duftendes Schaumbad glitt und jeden Gedanken an eventuell kompromittierende Fotos aus ihrem Bewusstsein verbannte.
Eine halbe Stunde später stand sie in ein weiches Frotteebadetuch gehüllt mit schlechtem Gewissen vor Annabelles Schrank. Nach einer optischen Zeitreise durch längst vergangene Teenagertage war Mollie ziemlich frustriert. Die Kleider waren nicht nur längst außer Mode, sondern vor allem mehrere Nummern zu klein. Als sie etwas ratlos um sich schaute, entdeckte sie auf dem Bett ein riesiges T-Shirt und eine Schlafanzughose, daneben lag ein Ledergürtel.
Jacobs Sachen! Und obendrauf ein Zettel: Falls du nichts Passendes findest …
Mollie starrte auf die energische Männerhandschrift und fühlte, wie sie ein warmer Schauer überlief. Wie fürsorglich von ihm. Seltsamerweise berührte sie diese kleine Geste mehr als der dicke Scheck, den er ihr gegeben hatte.
Zögernd griff sie nach dem etwas abgetragenen grauen T-Shirt. Es roch nach herber Seife und … nach Jacob. Er war wirklich hier gewesen, nur wenige Meter von ihr entfernt, während sie nackt in der Wanne gelegen hatte! Mit einem erstickten Laut presste Mollie das Shirt an ihre glühenden Wangen.
Warum brachte sie das derart durcheinander? Warum musste sie so für Jacob Wolfe empfinden … immer noch, nach all den Jahren? Dabei war sie weder auf einen Freund noch auf einen Geliebten oder gar einen Ehemann aus. Ihre neue Karriere würde all ihre Zeit und Aufmerksamkeit beanspruchen. Außerdem waren ihre emotionalen Reserven nach fünf Jahren, in
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