UND ES WAR SOMMER - Wiggs, S: UND ES WAR SOMMER
dritten Woche wusste er bereits, dass sie auf eine Schule namens „Marymount“ in New York ging und ihre Familie ein Sommerhaus in der Ocean Road besaß.Vermutlich ähnlich groß und vornehm wie das von Alex Montgomery. Sie beide hatten nicht viele Gemeinsamkeiten, doch seit dem Tag, als er das Teleskop erwähnt hatte, waren sie dicke Freunde.
Irgendwann hatten sie dann angefangen, sich SMS und E-Mails zu schreiben, und obwohl sie das Treffen heute Abend beide nicht als Date bezeichnet hatten, wussten sie, dass es genau das war. Ihr erstes Date. Und die Natur hatte das Ihrige dazu beigetragen und ihnen ein seltenes Himmelsschauspiel und eine sternenklare Nacht geschenkt.
„Das ist der schönste Abend, den ich je erlebt habe“, sagte sie.
Vielleicht bildete er es sich ja auch nur ein, doch er hatte den Eindruck, dass sie sich enger an ihn lehnte. Er konnte das Shampoo riechen, mit dem sie sich die Haare gewaschen hatte, und spürte die Wärme ihres Körpers. Wenn er jetzt ein Stückchen näher zu ihr rutschte, würde es vielleicht gar nicht auffallen, wenn er wie zufällig seinen Arm um sie legte. Joey war, was Mädchen betraf, normalerweise nicht schüchtern, doch Whitney war kein Mädchen wie alle anderen. Die anderen, mit denen er sich bisher getroffen hatte – und zwar ausnahmslos alle –, hatten bei jeder Kleinigkeit zu kichern begonnen und ständig über ihre Lieblingsboygroups geredet. Whitney war eher ruhig, doch er wusste trotzdem, dass sie jede Menge Grips hatte.
Sie unterbrach das Schweigen als Erste. „Du solltest mich jetzt vielleicht küssen.“
Oh Mann, dachte Joey. „Warum sagst du das?“
„Du willst es doch, und ich will es auch, also sollten wir es tun.“
Er schüttelte den Kopf. „Es ist doch peinlich, wenn wir hier sitzen und darüber reden, wie wir das jetzt angehen.“
Sie lachte und rutschte näher zu ihm. „Aber genau das ist es, womit ich beschäftigt bin, seit ich dich das erste Mal gesehen habe – das alles zu planen.“
Er begann zu schwitzen. Mit ihrer entwaffnenden Direktheit und diesem offenen, ehrlichen Blick war sie wirklich anders als alle anderen Mädchen, das stand fest. Er merkte, wie sich Panik in ihm breitmachte. Was sollte er tun? Wohin seine Hände legen, wohin mit seinem Mund?
Ganz cool bleiben, dachte er. Dies hier war Whitney, das Mädchen, nach dem er verrückt war, und sie wollte, dass er sie küsste. Was gab es da noch zu zögern?
Er drehte sich zu ihr, legte ihr die Hände auf die Schultern, und sie rutschte gleichzeitig ein Stück näher an ihn heran. Jetzt war er froh darüber, dass Grandpa sich geweigert hatte, für ihn zu kochen, wenn er sein Zungenpiercing und den Nasenring nicht entfernen ließ. Dieser Kuss, beschloss Joey, würde der beste Kuss seines Lebens werden. Er würde sich keine Sorgen machen, ob er alles richtig machte. Er würde sie einfach küssen und das Beste hoffen.
Er atmete tief durch und zog sie an sich.
„Keine Bewegung!“ Das grelle Licht einer Taschenlampe fuhr wie ein Schwert zwischen die beiden.
Whitney stieß einen spitzen Schrei aus. Joey wich zurück. Sein Herz klopfte ihm bis zum Hals.
„Sie müssen Miss Brooks sein“, sagte ein Mann in Uniform. „Ihre Eltern sind Ihretwegen in großer Sorge, junge Dame.“ Er richtete die Taschenlampe auf den Boden. „Folgen Sie mir, bitte.“
Der Sheriff. Du lieber Himmel, hatte er denn nichts Besseres zu tun?
„Wir haben doch nichts Verbotenes getan“, protestierte Joey, der endlich seine Sprache wiedergefunden hatte. „Wir haben uns hier oben den Transit des Merkur angesehen.“
„Junge, von mir aus könnt ihr euch hier den Mann im Mond angucken, aber Mr. und Mrs. Brooks haben mich gebeten, ihre Tochter zu suchen, die, wie es scheint, diesen kleinen Ausflug ohne Erlaubnis ihrer Eltern unternommen hat.“
„Wie haben Sie mich denn gefunden?“ Whitney sah den Sheriff von oben herab an. Diesen arroganten Ton hatte Joey noch nie zuvor bei ihr gehört.
„Sie haben das E-Mail-Programm auf Ihrem Computer nicht geschlossen, also wussten Ihre Eltern sofort, wo Sie stecken.“
Joey musste sich beherrschen, um nicht laut aufzustöhnen. Wie hatte sie bloß ihre E-Mails für jedermann gut sichtbar auf dem PC lassen können? Er sah sie an, doch ihr Blick verhieß nichts Gutes. Rasch nahm er das Teleskop und das Stativ.
Der Sheriff griff nach seiner Waffe. „Du da drüben“, rief er, „lass das fallen.“
„Es ist nur ein Fernrohr, okay?“, sagte Joey
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