UND ES WAR SOMMER - Wiggs, S: UND ES WAR SOMMER
versuchte sie, ihren Vater zu erreichen, doch er hob nicht ab. Das konnte alles Mögliche bedeuten, dachte sie und merkte, dass sie vor Aufregung zitterte.
„Bist du sicher, dass mit ihm alles in Ordnung ist?“, fragte sie Teddy.
„So hat es mir der Einsatzleiter zumindest gesagt.“
„Was genau ist passiert?“
„Allzu viel hat er mir nicht erzählt. Ich glaube, er hat gesagt, dass das Feuer im ersten Stock ausgebrochen ist.“
„Oh Gott … Joey.“
„Der Junge ist bei der Arbeit, das weißt du doch.“
„Vielleicht war es ein Kabelbrand. Verdammt, ich habe Paps extra davor gewarnt. Aber ich hätte mich selber darum kümmern sollen. Gott sei Dank ist ihm nichts passiert. Bist du sicher, dass du dich nicht verhört hast, Teddy?“
„Ja, es hieß, mit ihm wäre alles in Ordnung.“
In der Prospect Street allerdings war gar nichts in Ordnung, stellten sie fest, als sie in die Straße einbogen. Ein Leiterfahrzeug der Feuerwehr blockierte die Zufahrt, und unzählige Einsatzkräfte waren an der Arbeit. Aus den Fenstern im ersten Stock schlugen Flammen. Einige Nachbarn standen auf der anderen Straßenseite und starrten entsetzt auf das brennende Haus.
Der beunruhigendste Anblick war jedoch ein rot-weißer Notarztwagen mit Blaulicht, dessen hintere Türen weit offen standen.
„Oh mein Gott, er ist verletzt“, stöhnte Rosa.
„Vielleicht haben sie den Notarzt nur vorsichtshalber geschickt“, versuchte Teddy sie zu beschwichtigen.
Dann sah Rosa den weißen Ford Explorer in der Einfahrt. „Das ist Alex’ Auto. Was, zum Teufel …?“ Noch eher er angehalten hatte, sprang sie aus Teddys Wagen und bahnte sich ihren Weg durch die Menge.
„Paps!“, schrie sie und wünschte, er könnte sie hören. „Paps!“
Dann entdeckte sie ihn. Er sah mitgenommen aus und presste sich eine Sauerstoffmaske auf den Mund, doch er stand – mit Jake auf dem Arm – ohne fremde Hilfe neben dem Rettungsfahrzeug.
Rosa stieß einen erleichterten Schrei aus und lief zu ihm. „Gott sei Dank, dass du nicht verletzt bist.“ Sie umarmte ihn und gab dem Hund einen Kuss auf den Kopf. „Was ist passiert?“
Als sie einen Schritt zurücktrat, um die Frage in der Zeichensprache zu wiederholen, merkte sie, dass irgendetwas nicht stimmte. Paps schien nicht verletzt zu sein, doch er wirkte äußerst beunruhigt.
„Es ist bloß ein Haus“, versuchte sie ihn zu trösten, obwohl sie wusste, dass es weit mehr als nur ein Haus war. „Wir reparieren alles, was …“
„Rosa, ich mache mir keine Sorgen um das Haus“, unterbrach er sie. „Das ist es nicht. Es ist …“
„Platz machen“, rief jemand. „Bitte lassen Sie uns durch.“
„Rosina“, sagte Paps, „es tut mir so leid …“
„Ich weiß nicht, was du meinst …“ Sie sah noch einmal zu Alex’Wagen. Nein, es konnte unmöglich Alex sein, der da auf die Krankentrage geschnallt und eingewickelt in feuerfeste Decken aus dem Haus getragen wurde. Nein, das konnte unmöglich er sein.
Sie musste ins Schwanken geraten sein, denn Paps nahm ihre Hand und drückte sie fest. Wie durch einen Nebelschleier sah sie, wie sich die Rettungsleute den Weg zum Notarztwagen bahnten. Ein Arzt lief neben der Trage und hielt einen Infusionsbeutel hoch. Einer der Rettungsmänner gab hektisch einen Funkspruch durch, während ein anderer mit einem Defibrillator, ähnlich dem, den Rosa seit Kurzem im Restaurant hatte, erste Hilfe leistete.
Schreiend riss Rosa sich von ihrem Vater los und stürzte zum Rettungswagen. Die Männer ließen sie nicht durch. Doch es gelang ihr dennoch, einen Blick auf den Menschen auf der Trage zu erhaschen. Sie sah ihn nur ganz kurz, doch es war lang genug, um ihre furchtbare Ahnung zu bestätigen.
39. KAPITEL
Man wollte Rosa nicht zu Alex lassen, weil sie nicht unmittelbar zur Familie gehörte. Da sie allerdings die Einzige war, die über Alex Auskunft geben konnte, waren die Rettungssanitäter froh über jede Information, die sie ihnen geben konnte. Während sie – immer noch benommen – sein Alter und Gewicht, seine Allergien, bisherigen Krankheiten und seine Versicherung nannte, wurde ihr bewusst, wie wenig sie über ihn wusste. Über diesen Mann, der gerade ihrem Vater das Leben gerettet hatte und den zu lieben ihr Angst gemacht hatte.
Sie fühlte sich wie betäubt, als sie das Krankenhaus betrat. In dieser Situation war sie schon einmal gewesen – nach jenem Anruf um Mitternacht vor vielen Jahren. Diesmal allerdings unterzog sich ihr Vater den
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