UND ES WAR SOMMER - Wiggs, S: UND ES WAR SOMMER
werden.“
„Vielleicht geht es mich ja nichts an – aber warum bist du eigentlich nicht bei deinem Vater?“
Sie hatte sich nicht verändert. Bei ihr war immer schon die Familie das Wichtigste gewesen. Diese Tatsache war einer von vielen Gründen, warum sie nicht zusammengepasst hatten. „Ich fahre heute nach Providence und … helfe bei den Vorbereitungen.“ Er wusste, dass er damit ihre Frage nicht beantwortet hatte, doch zu mehr fühlte er sich im Moment nicht in der Lage.
„Das heißt, ihr beide seid euch nie nähergekommen“, sagte sie.
Alex spürte seine Kopfschmerzen zurückkommen. „Ich war nie jene Art von Sohn, mit der ein Mann wie mein Vater etwas anzufangen wusste.“ Alex wusste, dass Rosa verstand, was er meinte. Sie hatte selbst erlebt, wie schlecht er mit seinem Dad ausgekommen war.
Sie sah ihn ruhig und unverwandt an, genau so, wie sie ihn auch früher immer angesehen hatte – ohne zu urteilen oder zu werten. Und in diesem Moment war sie wieder jene Rosa, die ihm vertraut war.
Als Kind war Rosa Capoletti ein Wirbelwind und für jeden Spaß zu haben gewesen. Als Teenager hatte sie seine Hormone in Wallung gebracht. Und jetzt, als Erwachsene, war sie so attraktiv, dass es beinahe beängstigend war.
Alex nahm an, dass er Frauen kannte, die vielleicht schöner, klüger und gebildeter waren als sie. Doch keine von ihnen – kein Model, keine Oxford-Absolventin und keine Konzertpianistin – war ihm je so wichtig gewesen wie Rosa.
„Alex“, sagte sie, „du hast mir immer noch nicht erzählt, was du eigentlich vorhast.“
Seine wahren Gründe für die Rückkehr nach Winslow wurden ihm plötzlich immer deutlicher bewusst. Es war verrückt, total verrückt, doch es hatte alles mit Rosa zu tun. Wie damals. Wie überhaupt immer. Und jetzt mehr denn je.
Vielleicht war es ja falsch, dass er sie zurückgewinnen wollte. Vielleicht ein Fehler. Aber nein, das war es nicht. Seit Langem schon war er von der Richtigkeit eines Vorhabens nicht mehr so überzeugt gewesen wie jetzt. Es war sein Herz, das ihm sagte, dass jetzt der Zeitpunkt gekommen war, sein Glück in die Hand zu nehmen.
„Ich eröffne ein Büro in Newport“, antwortete er. Das klang, wenn man es so aussprach, ganz sachlich und vernünftig, doch Alex war sich klar darüber, dass er ohne den Tod seiner Mutter niemals hierhergekommen wäre.
Er lächelte, um Rosa nicht merken zu lassen, wie weh ihm der Gedanke an seine Mutter tat. „Aber jetzt genug von mir. Reden wir von dir.“
„Alex, du hast deine Mutter verloren.“
„Ein Grund mehr, mein wenig erfreuliches Leben als Gesprächsthema zu meiden.“ Er wollte sich weder über seine Probleme noch über seine Pläne unterhalten, denn er hatte das alles so satt. Er lehnte sich zurück und sah sie lange an. „Du bist also die Chefin des besten Restaurants in ganz Rhode Island. Das kann man ja oft genug in der Zeitung lesen.“
Sie strahlte ihn glücklich und sichtlich stolz an. Die meisten Menschen waren zu reserviert, um der Welt so offen ihre Gefühle zu zeigen. Nicht so Rosa. Ihr sah man immer an, was in ihr vorging. Und sie war der lebende Beweis dafür, dass Schicksalsschläge einen Menschen nicht notwendigerweise in die Knie zwingen mussten – ganz im Gegenteil.
„Du bist wirklich ein außergewöhnlicher Mensch, Rosa“, sagte er. „Das warst du schon immer.“
Sie sah ihn mit diesem fragenden Blick an, den er so gut kannte. Genau so hatte sie ihn vor zwölf Jahren angesehen, als er ihr eröffnet hatte, dass es zwischen ihnen aus war.
Was ist bloß mit uns passiert?
Genau wie damals sagte er ihr auch jetzt nicht die volle Wahrheit. Früher war er nicht reif genug für eine Beziehung gewesen, wie Rosa sie gebraucht und natürlich auch verdient hätte. Sie hatte immer alles von ihm gewollt, sein ganzes Herz – und er war sich auch heute noch nicht sicher, ob das, was er ihr geben konnte, jemals genug wäre.
Ihr durchdringender Blick machte ihn nervös. Sie war so anders als früher, und er wurde einfach nicht schlau daraus, was in diesem hübschen Kopf vorging. „Was denkst du gerade?“
„Meine Güte, wir waren so verdammt jung … Das ist es, woran ich denken muss.“
„Und jetzt sind wir alt.“
„Du vielleicht!“ Sie riss einen Grashalm ab und wickelte ihn um ihren Finger. „Wusstest du, dass ein Kind durchschnittlich 300-mal am Tag lacht, ein Erwachsener aber nur dreimal?“
„Nein, das wusste ich nicht.“
„Ich habe es irgendwo gelesen.“ Sie zog
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