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UND ES WAR SOMMER - Wiggs, S: UND ES WAR SOMMER

UND ES WAR SOMMER - Wiggs, S: UND ES WAR SOMMER

Titel: UND ES WAR SOMMER - Wiggs, S: UND ES WAR SOMMER Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Wiggs
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bleich. Seine Augen, die tief in ihren Höhlen lagen, glänzten unnatürlich.
    Alex legte das Bild weg. Warum hatte seine Mutter es all die Jahre aufgehoben?
    Madison trank ihr Bier aus und begann, unruhig im Wohnzimmer auf und ab zu gehen. Vor einem Bild, das seine Mutter im Lehnstuhl sitzend und aufs Meer blickend zeigte, blieb sie stehen. Angesichts der Tragödie, die sich ereignet hatte, hatte auch dieses Bild nun etwas Gespenstisches an sich.
    „Ich muss wissen, warum sie es getan hat“, wandte sich Madison an ihren Vater. „Bitte sag uns, warum.“
    Alex empfand die Verzweiflung in ihrer Stimme als ungeheuer berührend, doch ihr Vaterzeigte keinerlei Regung. Alex ging zu seiner Schwester und umarmte sie verlegen. Sein Vater sah mit ausdrucksloser Miene zu. Sie waren nie eine Familie gewesen, die Gefühle zeigte, und keiner von ihnen wusste, wie man jemanden tröstend in den Arm nahm.
    „Ich weiß es nicht“, sagte sein Vater plötzlich leise. „Wir werden es nie erfahren. Ich wünschte, ich könnte dir mehr sagen, Madison, aber ich kann es nicht.“
    Nun, da sie beide versuchten, Madison zu trösten, spürte Alex zum ersten Mal so etwas wie Verbundenheit mit seinem Vater. „Sie war zeitlebens ein Mensch, der alles mit sich selbst ausgemacht hat“, sagte er.
    „Was soll das heißen?“
    „Sie hat sich nie jemandem anvertraut“, erklärte Alex. „Du weißt doch, wie sie war.“
    „Ja, sie war sehr verschlossen“, pflichtete Maddy ihm bei. „Zu verschlossen. Und nun das. Warum? “
    „Sie war unglücklich“, sagte ihr Vater.
    „Aber wer ist schon so unglücklich, dass er etwas so Schreckliches tut?“
    Jemand, dessen Leben eine Lüge ist, dachte Alex.
    „Wenn sie ein unglücklicher Mensch war, warum hat sie sich ausgerechnet an diesem Tag umgebracht?“, wollte Madison wissen. „Was ist an diesem Tag Besonderes vorgefallen?“
    Alex rieb sich sein unrasiertes Kinn. „Wir können über die Gründe doch nur spekulieren. Welchen Sinn soll das haben?“
    Madison setzte sich auf einen mit einem Laken abgedeckten Polsterhocker. „Welchen Sinn hat überhaupt alles?“
    Alex runzelte alarmiert die Stirn. „Maddy, alles okay mit dir?“
    Sie sah ihn ungläubig an. „Wie soll alles okay sein? Ich habe gerade meine Mutter verloren. Ich bin mit meinen Nerven am Ende.“
    „Wie haben es die Kinder aufgenommen?“
    „Es war ein fürchterlicher Schock für sie. Sie haben Mutter sehr geliebt. Penelope hat die letzten beiden Nächte bei mir im Bett geschlafen.“
    Sie hatte „bei mir“ gesagt, nicht „bei mir und Prescott“, dachte Alex sofort. Doch er schwieg.
    „Ich hoffe und bete, dass ich den beiden nie sagen muss, dass …“ Sie deutete auf den Obduktionsbericht. „Oh Gott, ich habe keine Ahnung, wie ich ihnen das jemals erklären soll.“
    Alex spürte, wie sich sein Zorn angesichts der offensichtlichen Verzweiflung seiner Schwester wieder zurückmeldete. Mutter hatte ganz sicher gewusst, was für eine Katastrophe ihr Selbstmord für Maddy und ihre beiden Kinder bedeuten würde. Und dennoch hatte sie es getan.
    Irgendwie schafften sie es dann, die „Vorbereitungen“ zu besprechen, die es zu treffen galt. Es hatte etwas sehr Unwirkliches an sich, darüber zu reden. Überraschenderweise war es Maddy, die sich anbot, alles zu organisieren. Sie war gut darin, Veranstaltungen zu planen – auch wenn es sich dabei um das Begräbnis der eigenen Mutter handelte –, und hatte bereits eine klare Vorstellung davon, welche Blumen und welche Musik sie haben wollte. Alex fragte sich, wie sie es schaffte, überhaupt an diese Dinge zu denken. Aber vielleicht lenkte es sie von ihrem Schmerz ab.
    Ihr Vater stimmte allen ihren Vorschlägen zu. Jedes Mal, wenn Madison ihn fragte, ob er irgendeinen besonderen Wunsch hätte, sagte er nur: „Ich bin mit allem einverstanden, was du für richtig hältst.“
    Alex wurde wieder übel. Nach sechsunddreißig Ehejahren hätte man annehmen können, dass sein Vater dazu etwas mehr zu sagen hätte.
    „Was sollen wir mit diesem Obduktionsbericht tun?“, fragte Madison.
    „Ich weiß nicht. Brauchen wir ihn noch?“
    „Ich ganz bestimmt nicht. Hatte Mom eine Lebensversicherung? Ich bin mir sicher, dass sie bei Vorliegen dieses gerichtsmedizinischen Gutachtens nicht zahlen werden.“
    „Sie hatte nie eine Lebensversicherung“, sagte ihr Vater.
    Madison sah ihn erstaunt an. „Nein?“
    „Nein. Sie hat immer gesagt, sie brauche keine Versicherung, da sie ohnehin ein

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