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Und morgen am Meer

Und morgen am Meer

Titel: Und morgen am Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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mit Loch, Ketchup und Wiener, oder?«
    »Ja, genau das.«
    »Und was ist daran nicht in Ordnung? Gut, das Brötchen ist labberig, aber wenn du ordentlich Hunger hast, sind die richtig gut.«
    »Dann war mein Hunger wohl nicht groß genug. Aber das Eis ist echt stark. Ich muss unbedingt mal Max mitbringen, damit er das probieren kann.«
    »Dein bester Freund?«
    »Ja, das ist er. Er hat auch Verwandte in der DDR . Eigentlich war es seine Idee, rüberzufahren. Ich wollte ja nicht, und dann gab es da auch noch die Sache mit dem Berechtigungsschein, das war ein Omen …«
    Ich zog die Augenbrauen zusammen. Claudius schien selbst zu merken, dass er ein bisschen wirr redete. Er atmete tief durch, dann sagte er: »Auf jeden Fall bin ich froh, dass ich mitgefahren bin. Und mittlerweile finde ich es auch gut, dass ich einen Mehrfachberechtigungsschein habe.«
    »Einen was?«
    »Einen Schein, der dich berechtigt, in die DDR einzureisen«, erklärte er mir und zog den rosafarbenen Zettel aus der Hosentasche. Mittlerweile waren schon vier Felder abgestempelt. Fünf hatte er noch.
    Nie zuvor hatte ich so einen Schein gesehen. Wahrscheinlich hatte Onkel Erwin auch so einen gehabt, aber den hatte er niemandem gezeigt.
    »Wie ist es so für dich, über die Grenze zu kommen?«, fragte ich, als ich ihm den Schein wieder zurückgegeben hatte. »Ist es sehr schwierig? Kontrollieren sie viel? Onkel Erwin war immer ganz still, wenn er zu uns gekommen ist, es war, als hätte er an der Grenze was erlebt, das ihn fassungslos gemacht hat.«
    »Na ja, es dauert ziemlich lange, bis du durch alles durch bist. Dass du unbedingt Geld umtauschen musst, ist großer Mist. Der Zoll hat mich bisher immer durchgewunken, ich hab ja auch keine Tasche bei mir, nur meinen Ausweis, den Schein und ’n bisschen Geld. Und diesmal hatte ich auch die Kassetten dabei – ach ja, hier ist deine, hätte ich beinahe vergessen.«
    Er griff in seine Tasche und zog die Kassette hervor. Es war tatsächlich eine 90er, das hieß neunzig Minuten lang Musik.
    »Und was hast du da draufgespielt?«
    »Alles Mögliche. Wirst sehen. Oder besser gesagt hören. Lorenz habe ich seine Kassette auch schon gegeben.«
    »Lorenz? Wo hast du denn den getroffen?«
    »Er stand am Bahnhof. Hat mich angesprochen, als er mich gesehen hat.« Er zögerte, als gäbe es zwischen den beiden etwas, von dem ich nichts wissen sollte.
    »Hat er irgendwas gesagt?«, fragte ich nach einem weiteren Löffel Eis.
    Claudius schüttelte den Kopf, aber das war nicht die Verneinung meiner Frage.
    »Er hat mich davor gewarnt, dir das Herz zu brechen. Dann würde ich es mit ihm zu tun bekommen.«
    »Dieser Blödmann!«, entfuhr es mir. »Als ob der eine Ahnung hätte.«
    Claudius sah mich ein bisschen merkwürdig an. »Ich glaube, der ist in dich verknallt.«
    »Was, Lorenz?« Ich schüttelte den Kopf. »Nee, nicht der. Wir sind schon lange Kumpels, aber nee, der will nix von mir. Und ich nicht von ihm.« Tatsächlich war Lorenz der letzte Junge, mit dem ich was anfangen wollte. Aber ich sah in ihm einen verlässlichen Freund. »Was hat er denn sonst noch alles vom Stapel gelassen? Sag’s mir ruhig, dann werde ich ihm mal kräftig die Ohren langziehen.«
    »Versprich mir, dass du ihm nichts sagst, ja?«, bat Claudius, was mich noch mehr verwunderte.
    »Was denn? Hast du Angst vor Lorenz?«
    »Nein, aber er hat mir das Versprechen abgenommen, dir nichts zu sagen. Das habe ich zwar gebrochen, aber du verrätst mich doch nicht, oder?«
    Obwohl ich große Lust hatte, Lorenz den Iro zu waschen – was fiel ihm ein, sich in meine Angelegenheiten einzumischen und Claudius anzuquatschen? –, schüttelte ich den Kopf. »Keine Bange, ich verrat dich nicht.«
    »Okay«, sagte er fast schon ein bisschen erleichtert. »Dann kann ich dir ja auch erzählen, dass er mir unbedingt den Zugang zu einem Geisterbahnhof zeigen musste.«
    »Einem was?« Ich erinnerte mich vage, schon mal was von Geisterbahnhöfen gehört zu haben. Das waren zugemauerte Zugänge zu alten U-Bahnhöfen, unter denen immer noch die West-U-Bahn verkehrte.
    »Einem Geisterbahnhof. Davon gibt es unterhalb von Berlin viele, ich fahre da öfter mal durch. Lorenz meinte, dass er eines Tages dort hindurch in den Westen abhauen wird.«
    Meine Augen wurden jetzt noch größer. Hatte Lorenz sie noch alle? Wusste er nicht, dass er sich damit in Teufels Küche bringen konnte?
    »Aber das ist doch bloß blödes Gequatsche von ihm«, entgegnete ich. »Er wird nicht

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