Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und plotzlich ist es Gluck

Und plotzlich ist es Gluck

Titel: Und plotzlich ist es Gluck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Geraghty Ciara
Vom Netzwerk:
einem ihre langen, schlanken Finger gleich ins Auge stechen.
    »Sie hat die Hände von Red Butler und die Nase von John Smith«, lautet Fillys einigermaßen widersprüchliches Fazit.
    Ich nehme das Foto und verstaue es in meiner Tasche, in dem Fach, das für Fotos reserviert ist. Bislang befindet sich
dort allerdings lediglich ein zerknittertes Foto von Blue als Baby, der in meiner Handfläche schläft.
    »Und was habt ihr danach gemacht? Gab es ein Duell zwischen John und Red am Merrion Square?«
    »Äh, nein. Reds Wagen ist irgendwo in Landsdowne liegengeblieben, also hat John ihn bis zur Heuston Station mitgenommen, damit er mit dem Zug nach Fermanagh zurückfahren konnte.«
    In Fillys Gesicht spiegelt sich die pure Verwirrtheit. »Mannomann«, schnaubt sie. »Ich an Johns Stelle hätte ihm zumindest ein blaues Auge verpasst.« Sie schüttelt verständnislos den Kopf.
    Es klopft an der Tür, und zwar so laut, dass ich weiß, wer es ist, ehe sie aufgerissen wird.
    »Überraschung!«, schreit Sofia und stürmt volle Kraft voraus in mein Büro.
    Überraschung? Von wegen. Sofia schneit in letzter Zeit fast täglich unangemeldet herein. Wann immer sie »gerade in der Gegend ist«. Sie lässt sich auf dem Sofa nieder, in sicherer Entfernung von Blue, der so damit beschäftigt ist, seinen … ähem … Unterbauch zu lecken, dass er es gar nicht bemerkt.
    »Also«, sagt sie, schlüpft aus ihrer Jacke und schüttelt ihre glänzenden schwarzen Locken auf, »welche Nachricht wollt ihr zuerst hören, die gute oder die schlechte?«
    »Die gute«, sagt Filly.
    »Die schlechte«, sage ich. Ich will etwas haben, auf das ich mich freuen kann.
    »Vorher will ich ohnehin noch das Foto von der Untersuchung sehen«, sagt Sofia.
    Ihr Lächeln ist so breit und ihre Zähne sind so weiß, da kann die schlechte Nachricht doch gar nicht wirklich schlecht sein, oder?

    Ich reiche ihr das Bild, und sie studiert es einen Augenblick.
    »Sie hat Johns Nase, die arme Kleine«, murmelt sie. »Und ihre Finger sind furchtbar lang, nicht? John hat doch keine so langen Finger, oder?« Sie hebt den Kopf. Filly und ich schütteln den Kopf.
    »Zeig mir deine Hände, Scarlah«, befiehlt sie, und ich strecke artig meine Hände aus. Bei Sofia Marzoni kann man nicht anders.
    »Die sind ja winzig«, stellt sie fest. »Kaum größer als die der Puppe, die ich hatte, als ich acht Jahre alt war. «
    »Und, wie lautet die schlechte Nachricht?«, frage ich und entziehe ihr sanft meine Hände.
    Ihre Miene verdüstert sich. »Aaaalso … «, setzt sie an, und ich rüste mich. »Es wäre möglich, dass ich mich verplappert habe.«
    Das wundert mich nicht. Doch was hat sie gesagt, und zu wem?
    »Ich habe meinem Vater erzählt, dass du schwanger bist«, gesteht sie.
    Hm. Valentino Marzoni ist zwar erzkatholisch, aber an sich wüsste ich nicht, warum es so schlimm sein sollte, wenn er von Ellen erfahren hat. Gut, sie wurde »unehelich empfangen«, wie er es wohl nennen würde, aber auch das ist weiß Gott kein Grund, diese Nachricht als »schlecht« einzustufen.
    Es steckt zweifellos noch mehr dahinter.
    »Das ist noch nicht alles, stimmt’s?« Eine rein rhetorische Frage.
    »Nun ja …« Sofia stößt einen langgezogenen italienischen Seufzer hervor, bei dem sie sichtlich zusammenschrumpft, wie ein Luftballon im Laufe einer Woche. »Es könnte sein, dass Papà Simon Kavanagh davon erzählt hat.«

    »Wann?«, frage ich. »Vor meinem Bewerbungsgespräch oder danach?« Nicht, dass das einen Unterschied machen würde. Ich sehe meine Hoffnungen schwinden. Im Grunde war ich schon vorher zum Untergang verurteilt, genau wie die Titanic.
    »Das weiß ich nicht, Scarlah. Ich habe es erst gestern erfahren, und es tut mir schrecklich leid, ehrlich!« Sie wirkt in der Tat reichlich zerknirscht. So sehr, dass Blue kurz die Pfote hebt und Sofia damit flüchtig antippt.
    Es herrscht eine Weile betretenes Schweigen. Dann beginnen wir einander unauffällig zu mustern, wie man es im Warteraum eines Zahnarztes tut.
    »Und wie lautet die gute Nachricht?«, fragt Filly.
    Ich setze mich aufrecht hin. Die gute Nachricht hatte ich über der schlechten schon ganz vergessen.
    »Ach, richtig«, sagt Sofia. »Also.« Sie strahlt mich an. »Wir wollten doch gemeinsam zu diesem Schloss fahren, in dem meine Hochzeit stattfinden soll, um es uns anzusehen. «
    Ich nicke.
    »Ich habe eine bessere Idee.« Sie steht auf, so dass Filly und ich uns die Hälse verrenken müssen, um zu ihr

Weitere Kostenlose Bücher