Und plotzlich ist es Gluck
Riesendrama.«
»Ein Schreiduell, meinst du?«
»Von wegen.« Wie naiv von mir. »Isabella hat Paul im Foyer mit ihrer Handtasche vermöbelt.«
»Autsch. Das muss wehgetan haben.« Isabella gehört zu jenen Frauen, die mit dem Krempel in ihrer Handtasche einen Einkaufswagen füllen könnten.
»Er hat bloß eine kleine Prellung abgekriegt«, winkt Sofia ab.
»Keine Sorge, Sofia, ich finde schon ein Plätzchen für ihn«, versichere ich ihr.
»Setz ihn bloß nicht neben Florentina Bonivento. Oder Carlo Bonivento.« Schweigen. Ich warte ab. »Weißt du was, setz ihn einfach neben gar keinen Gast mit dem Namen Bonivento.«
Na, toll. Es standen ungefähr siebzehn Boniventos auf der Gästeliste, und ich habe sie wegen diverser Querelen mit diversen Mitgliedern des Marzoni-Clans wie Konfetti über den gesamten Festsaal verteilt.
Ich klopfe an die Tür in meinem Kopf, hinter der ich meine Lösungen horte, aber die einzige, die mir spontan einfällt, ist die, Paul am Kindertisch zu platzieren.
»In Ordnung, ich behalte es im Hinterkopf.« Ich bin selbst ganz beeindruckt von meiner Stimme. Sie klingt wie die eines Menschen, der alles im Griff hat.
Wegen des Regens ist mehr Verkehr als sonst, was im Grunde gar nicht so schlecht ist, denn so kann ich im Geiste die Sitzordnung neu arrangieren. Ich habe es beinahe geschafft, als erneut das Telefon klingelt.
»Noch etwas«, sagt Sofia, als hätte sie nie aufgelegt, »was auch immer du tust, setz Paul auf keinen Fall neben Angelo, Alessandro oder Augusto. Am besten neben niemanden, dessen Name mit A anfängt, dann bist du auf der sicheren Seite.«
Okay … das heißt, Paul kann also nicht zwischen Isabella und Angelo sitzen. Oder war es Alessandro? Ich weiß es nicht mehr.
»Was ist mit deinem Vater oder deinen Schwestern?« Das ist meine letzte Hoffnung.
»Bloß nicht, Scarlah! Ich hätte nicht gedacht, dass ich dir das ausdrücklich sagen muss. Isabella mag ihm verziehen haben, aber wir anderen haben ein Elefantengedächtnis. «
»Schon klar. Ich wollte nur mal nachgefragt haben.«
»Jetzt war ich doch tatsächlich einen Moment beunruhigt. « Sofia lacht. Es klingt nervös.
»Und … wie geht es Red?«, erkundige ich mich, um äußerste Nonchalance bemüht.
»Red? Dem geht es garantiert blendend. Er zieht sich zu Hause um und kommt dann von dort direkt in die Kirche.«
»Er ist doch nicht … allein, oder?«
»Doch, sein Trauzeuge hat drei Kinder und muss eines davon vorher noch zu einem wichtigen Fußballspiel bringen. Irgendein Halbfinale.«
Reds Trauzeuge ist einer seiner Pflegeväter. Von denen hatte Red zwischen dem dritten und dem achtzehnten Lebensjahr so einige, wie Filly zu berichten wusste. Sie versteht sich hervorragend darauf, den Leuten alle möglichen Informationen zu entlocken, die sie lieber für sich behalten würden. Ich denke an Red, allein in seiner Wohnung. An seinem Hochzeitstag. Bestimmt kämpft er gerade mit seiner Krawatte. Ich habe ihn nie eine Krawatte tragen sehen.
Der Wagen vor mir setzt sich in Bewegung, und ich lege den ersten Gang ein und konzentriere mich wieder darauf, den Tag Schritt für Schritt zu bewältigen.
Als ich bei Valentino Marzonis Villa vorfahre, habe ich
beschlossen, Paul und Isabella an dem Tisch unterzubringen, an dem nebst Fintan, einem Botanik-Kommilitonen von Red, auch Bryan und Cáit, das gälischsprachige Sandra-Bullock-Double sitzen. Seit dem diplomatischen Supergau bei den Dreharbeiten in Fermanagh nennt Red meinen Cousin übrigens nur noch Kofi Annan. Red hatte auch meine Eltern eingeladen, aber Maureen ist wie gesagt wegen der Premiere von Romeo und Julia – das Musical verhindert, und Declan kann nicht kommen, weil er ihr im Vorfeld die Haare glätten muss.
In Valentino Marzonis Vorgarten steht heute (wie schon bei den vorangegangenen Hochzeiten von Isabella, Maria, Lucia und Carmella) statt der Madonna eine lebensgroße Statue des Prager Jesulein, was allerdings bei den Wassermassen, die sich vom Himmel ergießen, kaum zu erkennen ist.
Der Garten hat sich in ein Schlammloch verwandelt, in dem vier rosarote Flamingos herumstaksen, während die Regentropfen wie Knüppelschläge auf ihre Köpfe hinunterprasseln.
»Äh … die Flamingos …«, sage ich, als mir eine der Marzoni-Sisters die Tür öffnet. Ich glaube, es ist Carmella, aber sie sehen einander so ähnlich, dass es auch jede andere sein könnte.
»Denen geht es gut. Und keine Sorge, sie können gar nicht wegfliegen, so nass, wie ihre
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