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Und plotzlich ist es Gluck

Und plotzlich ist es Gluck

Titel: Und plotzlich ist es Gluck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Geraghty Ciara
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mir herunter, als würde er mit einem kleinen Kind sprechen.
    Ich nicke. Was auch immer geschieht, was auch immer er gleich sagen wird, ich bin Ellens Mutter.
    »Sie ist hier drüben.« Die Schwester deutet lächelnd auf eine Reihe von Brutkästen. Ich taste mich an ihren Worten entlang wie ein Blinder an einer Braille-Zeile, komme zu dem Schluss, dass sie vielversprechend klingen und gestatte mir einen Blick in die angegebene Richtung. Der Brutkasten ist mit einem flauschigen Tuch bedeckt. Ich glaube, es ist gelb. Es stehen allerlei Geräte daneben, mit Zahlen und Buchstaben und blinkenden roten und gelben Lämpchen. Kabel winden sich schlangengleich aus den Apparaten und münden irgendwo im Brutkasten.
    »Was …?« Meine Stimme ist rau wie Schleifpapier.
    »Ellen bekommt durch eine Nasenkanüle Sauerstoff«, erklärt der Arzt.
    »Sie braucht noch etwas Hilfe beim Atmen«, fügt die Schwester hinzu. Sie geht vor mir in die Hocke, so dass sich unsere Gesichter etwa auf einer Höhe befinden. Sie hat freundliche braune Augen. »Das ist bei vielen Frühchen in den ersten Tagen so.«
    »Können wir sie sehen?« Ich erkenne Reds Stimme gar nicht wieder, so angespannt klingt sie.
    »Natürlich«, sagt die Schwester. Ich lese den Namen auf ihrem Schild – Andrea – und beginne im Stillen, ihn mantraartig zu wiederholen, obwohl ich nicht weiß, warum. Sie schiebt mich näher an den Inkubator heran. An der Seite befindet sich auf meiner Augenhöhe ein kleines
rundes Fenster. Andrea beugt sich über mich und hebt die Stoffabdeckung an.
    Im ersten Moment denke ich, der Brutkasten sei leer. Dann erscheint Ellen ganz allmählich in meinem Blickfeld, etwa so, wie man in der Dunkelheit erst nach einer Weile Details erkennen kann. Ich atme langsam aus. Man hat ihr einen Plastikschlauch hinters Ohr geklebt, der quer über ihr schmales Gesicht verläuft. Ich lege die Handflächen an die durchsichtige Wand des Brutkastens. Sie fühlt sich warm an. Ich betrachte Ellen, sauge ihren Anblick förmlich auf. Winzig ist ein viel zu großes Wort für sie. Härchen, so fein wie hauchzarte Spinnweben, bedecken ihr Gesicht. Ihre Brust hebt und senkt sich viel zu schnell für ihren winzigen Körper. Ich sehe, wie sich ihre Augäpfel unter den geschlossenen Lidern bewegen, als würde sie mich suchen.
    »Ich bin hier, Ellen«, hauche ich. Dann drehe ich mich zu der Schwester um. »Darf ich …?«
    »Aber natürlich.« Andrea lächelt ihr warmes Schokoladenlächeln und zeigt mir, wo ich mir die Hände waschen und anschließend mit Alkohol desinfizieren kann. Dann öffnet sie ganz vorsichtig das kreisrunde Fenster. Sie nickt mir zu, und ich schiebe eine Hand hinein. Ich lasse sie kurz über Ellen schweben, dann berühre ich sie mit den Fingerspitzen, und es fühlt sich an, als hätte ich die Finger in warme Milch getaucht. Sie ist so weich. Ihre Haut ist faltig, als wäre sie ihr zu groß. Die Runzeln lassen sie uralt wirken. Sie ist nicht mehr so blau wie vorhin, aber auch nicht so rosa wie die Säuglinge auf den Bildern meiner Babybücher. Das Herz hämmert in ihrer Brust. Ich spüre es in den Fingerspitzen.
    Ich schließe die Augen und konzentriere mich ganz auf Ellen. Ich berühre ihre winzigen Hände, die sie zu Fäusten
geballt hat, und ich verspreche ihr, dass alles gut wird. Ich bin überzeugt, wenn ich mich nur fest genug darauf konzentriere, dann werden meine Worte wahr.
    »Hallo, Ellen«, flüstert Red, der neben mir steht und meine Hand hält. Ich lächle ihn an, ehe ich die Hand zurückziehe und Andrea bitte, mir zu zeigen, wie man das Bullauge richtig schließt. Ich frage sie nach den Geräten, und sie erklärt mir ihre Funktionsweise, jedes Lämpchen, jede Anzeige, jeden Wert, der nicht unter- oder überschritten werden darf. Ich präge mir jedes Wort, jedes Detail genau ein. Je mehr ich weiß – die Namen der Ärzte und Schwestern, die Funktionsweise der blinkenden, piepsenden Apparaturen –, desto größer sind Ellens Überlebenschancen. Das ist Unsinn, was mir insgeheim auch klar ist, aber es gibt mir das Gefühl, ich könnte etwas für sie tun.
    Dann höre ich draußen im Korridor Stimmen.
    »… dürfen nicht hinein, Sir … nur zwei Besucher pro Baby …«
    Eine zweite Stimme, laut und scharf. »… der Vater … muss zu ihr.«
    Aber erst, als er meinen Namen ruft, weiß ich, wer es ist.
    »SCARLETT O’HARA!«
    Ich stemme mich aus dem Rollstuhl hoch und schlurfe, so schnell es geht, zur Tür. »John.«
    Er ist außer Atem,

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