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Und plotzlich ist es Gluck

Und plotzlich ist es Gluck

Titel: Und plotzlich ist es Gluck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Geraghty Ciara
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als wäre er gerannt. »Scarlett, Gott sei Dank. Ich habe es gerade gehört. Ich bin so schnell gekommen, wie ich konnte, aber sie lassen mich nicht zu euch rein.«
    Der Beamte vom Sicherheitsdienst deutet auf John und mustert mich prüfend. »Kennen Sie diesen Mann?«
    John beugt sich vornüber, die Hände auf die Knie gestützt, noch immer nach Atem ringend.
    »Ja«, sage ich. »Er ist der Vater.« Ich überkreuze hinter
dem Rücken Zeige- und Mittelfinger, obwohl es nicht unbedingt gelogen ist.
    »Ich dachte, der Vater wäre der Kerl, der bei Ihnen dort drinnen ist.« Jetzt zeigt der Uniformierte auf die Tür der Intensivstation.
    »Das ist er auch, das heißt, er könnte es sein. Wir sind noch nicht hundertprozentig sicher …« Ich verstumme.
    »Was sucht der denn hier?«, fragt John, der Red erst jetzt bemerkt hat.
    »Red hat Ellen entbunden, in der Kutsche, direkt vor dem Krankenhaus.«
    »Ach, zu Ihnen gehören also die dämlichen rosa Gäule da draußen?«, fragt der Sicherheitsmann.
    Die hatte ich schon völlig vergessen. »Die Kutsche ist noch da?«
    »Jawohl, und die Viecher versperren die Ein- und Ausfahrt und haben auf dem ganzen Parkplatz ihre Pferdeäpfel verteilt, aber sonst stören sie nicht weiter, keine Sorge«, knurrt er. Da mir darauf partout nichts einfallen will, wirft er nur aufgebracht die Arme in die Luft. »Schon gut, schon gut, wie ich sehe, haben Sie bereits genug um die Ohren.« Er dreht sich kopfschüttelnd um und geht, wobei er noch etwas vor sich hin schimpft.
    Ich schlurfe zu John, und er zieht mich an sich, ohne mich anzusehen. Wir halten einander einen Augenblick lang schweigend fest. Ich lehne mich an ihn, und sein vertrauter, solider Körper wirkt unglaublich tröstlich.
    Als wir uns voneinander lösen, sieht er mir in die Augen und lässt dann ängstlich den Blick über mich gleiten. »Wie geht es dir? Als Filly angerufen hat, dachte ich schon …«
    »Es geht mir gut«, sage ich hastig.
    »Und Ellen?« Er rüstet sich innerlich für das Schlimmste, seine Miene ist wie versteinert.

    »Der geht es auch gut. Sie hat einen Schlauch in der Nase und liegt in einem Brutkasten, und sie ist winzig – sie würde ohne weiteres in deine hohle Hand passen. Aber … sie ist da. Und sie ist wunderschön. Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie etwas so Schönes gesehen.« Meine Stimme zittert. Ich breche ab.
    John legt mir beruhigend eine Hand auf den Arm. »Kann ich zu ihr?«
    »Warte hier«, sage ich und kehre auf Zehenspitzen in die Intensivstation zurück, um Andrea die Lage mit möglichst wenigen Worten darzulegen. Sie sagt nichts, bis ich geendet habe.
    »Auf dieser Station sind nur zwei Besucher pro Baby gestattet«, erinnert sie mich, obwohl ich das bereits weiß.
    »Können Sie nicht eine Ausnahme machen?«, flehe ich.
    Sie runzelt die Stirn. »Wird es auch keine …« – Sie sucht nach einem passenden Wort – »… Schwierigkeiten geben?«
    »Lieber Himmel, nein. Ausgeschlossen«, versichere ich ihr.
    »Nun …« Sie beißt sich auf die Unterlippe und späht durch das Fenster hinaus in den Korridor. Plötzlich lächelt sie, und ihre Miene hellt sich auf, als wäre soeben die Sonne aufgegangen. Ich folge ihrem Blick. John steht vor dem Fenster und sieht zu uns herein. Er erwidert ihr Lächeln. Schweigen. Dann hat sich Andrea wieder gefangen und wartet, bis ich sie ansehe. »Also gut, ausnahmsweise.«
    Ich schlurfe hinaus, um John zu holen, ehe sie es sich anders überlegt.

55
    Red kauert auf der Kante eines harten Plastikstuhls auf einer Seite von Ellens Inkubator. Ich sitze auf der anderen Seite, im Rollstuhl, weil er mit Abstand die bequemste Sitzgelegenheit im Raum ist und meine Vagina doch ziemlich gelitten hat. John steht am Kopfende des Brutkastens, den Blick starr auf Ellen gerichtet, als könnte sie sich in Luft auflösen, sobald er sie aus den Augen lässt. Sie schläft immer noch, mit dem Plastikschlauch in der winzigen Nase. Ihr Atem geht hektisch, ungleichmäßig. John hat sie noch nicht berührt. Er hat Angst, ihr wehzutun, sagt er.
    Der Arzt meinte, Ellen hätte noch Probleme, ihre Körpertemperatur zu halten.
    »Aber das gibt sich bald«, hatte Andrea uns versichert und mir mit ihrer unglaublich sanften Art die Schulter getätschelt.
    Seither beschränke ich mich darauf, das Bullauge nur einmal pro Stunde für zehn Minuten zu öffnen, damit Ellen nicht friert. Aber nach zweiundfünfzig Minuten halte ich es nicht mehr aus und muss sie wieder

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