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Und plotzlich ist es Gluck

Und plotzlich ist es Gluck

Titel: Und plotzlich ist es Gluck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Geraghty Ciara
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keine Sorge.«
    »Also, wenn es dir wirklich nichts ausmacht …«
    »Ich hole es nur schnell. Ich glaube, wir waren beim m.«
    »Nein, bei n«, widerspreche ich. »Letztes Mal haben wir bei Nachtigall aufgehört.«
    Wir sind gerade halb mit dem o durch (›Ordnung: Zustand, in dem sich jedes Einzelteil, jede Einheit, etc. am richtigen Platz befindet …‹), da bricht er plötzlich ab.
    »Weißt du, Scarlett, es wird nicht immer so sein«, sagt er.
    »Was willst du damit sagen?«
    »Dass es irgendwann einfacher wird. Alles wird gut.«
    »Es ist etwas Furchtbares passiert«, platze ich heraus.

    »Ich weiß, aber du wirst es überleben. Du wirst über John hinwegkommen und einen anderen Mann kennenlernen und … Ich weiß, im Augenblick fühlt es sich nicht danach an, aber du wirst schon sehen. Ich spreche aus Erfahrung. Denk daran, wie oft ich schon abserviert wurde.«
    Bryan wird tatsächlich mit derselben Regelmäßigkeit sitzengelassen, mit der ich zum Friseur gehe. Filly meint, das liege daran, dass er zu nett ist. Bryan behauptet, er könne nichts dafür. Er sagt, er hat alles versucht. Er hat es mit One-Night-Stands probiert, aber da fühlt er sich benutzt. Er ist zu seinen Verabredungen zu spät gekommen und früher gegangen. Hat die Betreffende nicht angerufen, nachdem er endlich mit ihr im Bett war. Er hat sogar so getan, als würde er auf David-Lynch-Filme stehen. Vergeblich. Früher oder später kriegen alle Mädels spitz, dass er ein netter Kerl ist, und dann ist es – wie bei einem David-Lynch-Film – plötzlich vorbei, und er ist kein bisschen schlauer.
    »Organisation, Uniformität, Regelmäßigkeit, System, Muster, Symmetrie …«
    »Schon gut, Bryan, du kannst jetzt aufhören«, unterbreche ich ihn.
    »Warum? Bist du müde?«
    »Ich nicht, aber du. Ich höre doch, wie du ständig das Gähnen unterdrückst.«
    »Eine Seite könnte ich noch«, bietet er an. Seine Stimme ist wie eine kuschelige Fleecedecke, die mich umhüllt.
    »Nein«, winke ich ab. »Los, ab ins Bett mit dir.«
    »Also gut, wenn du meinst …«
    »Gute Nacht, Bryan.«
    »Gute Nacht, Scarlett.«
    »Bryan?«

    »Ja?«
    »Ich wollte nur …«
    »Schon gut«, sagt er. »Und jetzt geh ins Bett und versuch zu schlafen.«
     
    Als mir schließlich beim besten Willen nichts mehr einfällt, das ich noch tun könnte, gehe ich mit Blue nach oben. Er schmiegt sich in meine Kniekehlen. Sein Atem kitzelt mich, aber seine Anwesenheit fühlt sich warm und beruhigend an, wie eine Schüssel Sahnemilchreis von Ambrosia. Ich stelle den Wecker auf fünf Uhr, klopfe mit der Handkante eine Delle ins Kissen und bette den Kopf hinein. Dann fülle ich im Geiste einen Pferch mit Schafen und beginne sie zu zählen. Nicht, dass das etwas bringen würde. Es ist bloß eine Angewohnheit von mir. Außerdem mag ich Schafe, insbesondere die aus meiner Fantasie. Sie sind schneeweiß, wie das Schaf aus dem Kinderlied »Mary Had a Little Lamb«.
    Doch die Schafe entwischen durch ein Loch im Zaun, und ehe ich sie wieder zusammentreiben kann, bin ich in Gedanken auch schon bei den Tests. Den positiven Tests. Eines weiß ich ganz genau, wusste es seit jeher: Ich kann unmöglich jemandes Mutter sein. Ich habe keine Ahnung, wie das geht. Ich habe keine Ahnung, was eine Mutter tut oder tun sollte.
    Unten in der Küche kabbeln sich Maureen und Declan. Ich warte darauf, dass die Auseinandersetzung eines natürlichen Todes stirbt, wie das bei einem Disput um das Öffnen einer Weinflasche früher oder später der Fall sein sollte. Als das Ende nach einer Weile noch immer nicht abzusehen ist, steige ich aus dem Bett, gehe in die Küche hinunter, öffne die Flasche Wein (ein Schraubverschluss, wie sich herausstellt) und stelle sie zwischen den beiden Streithähnen
auf den Tisch. Sogleich kehrt Ruhe ein. Maureen ergreift die Flasche und schickt sich an, Declan nachzuschenken.
    »Ich sollte nichts mehr trinken. Ich habe morgen viel zu tun«, wehrt er ab.
    »Ach, komm schon, Amore. Es ist doch noch früh«, erwidert Maureen. Es ist vier Minuten nach halb zwei.
    Er fügt sich. »Also gut, aber nur ein halbes Glas, ja? Vielen Dank, meine Liebe.«
    Als ich in mein Zimmer zurückkomme, stelle ich fest, dass sich Blue in der Mitte des Bettes ausgestreckt hat und ich mit einem schmalen Streifen am Rand vorliebnehmen muss. Ich lasse mich auf der Bettkante nieder und bemerke erst, dass ich mir auf die Unterlippe beiße, als ich Blut schmecke, warm und süß. Ganz behutsam, um Blue nicht zu

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