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Und plotzlich ist es Gluck

Und plotzlich ist es Gluck

Titel: Und plotzlich ist es Gluck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Geraghty Ciara
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ihn verlassen, als die Mädchen noch klein waren. Angeblich ist sie mit dem Mann durchgebrannt, der die allererste Filiale mit Bratfett beliefert hat.
    Ich habe bei allen vier Marzoni-Hochzeiten als Chef-Hochzeitsplanerin fungiert, und jede Feier fiel noch extravaganter aus als die vorherige. Die vierte und bislang letzte (bei der Nesthäkchen Maria ihren Riccardo geehelicht hat) fand unter Wasser in Howth statt, denn dort hatte man den ersten Fisch gefangen und ausgenommen, der je bei Valentino Marzoni über den Ladentisch ging. Bei Marias Vermählung gab es dann auch einen ziemlich dramatischen, da beinahe tödlichen Zwischenfall mit zwei übergewichtigen Seelöwen, deren Neugier schon an Aggressivität grenzte. Insgeheim nenne ich diese Hochzeit auch die Aston-Martin-Hochzeit, weil ich mir, als alles ausgestanden war, zur Belohnung einen Aston Martin gekauft habe.
    »Ich wette ein Pfund Frühstücksspeck, dass Sofia gleich morgen hier anrufen wird, um dich zu buchen.«
    Ich esse zwar keinen Frühstücksspeck, aber ich nehme die Wette an, sonst muss ich mir von Filly wieder Unsportlichkeit
nachsagen lassen. Dann warte ich schweigend darauf, dass sie mein Büro verlässt, damit ich weiter an meiner Verleugnungstaktik feilen kann.
    Doch sie lehnt sich an den Aktenschrank, mustert mich von der Seite und fragt: »Und, wie geht es dir so?«
    »Bestens. Wunderbar. Ging mir noch nie besser.« Ich wende mich ab und gehe zur Couch, um betont unbekümmert meinen schlafenden Kater zu streicheln.
    Filly bietet an, mit ihm spazieren zu gehen, sobald er aufwacht, und ihre Stimme ist so sanft, dass ich jeden Muskel in meinem Körper anspannen muss, um mich nicht umzudrehen und ihr alles zu erzählen.
    »Wir sollten lieber nicht mehr mit ihm Gassi gehen«, sage ich, als ich mich wieder unter Kontrolle habe. »Es verwirrt ihn. Gestern hat er schon an dem Laternenpfahl vor dem Haus geschnüffelt. Als Nächstes hebt er dort womöglich das Bein.«
    »Und?«
    »Er ist immer noch ein Kater, Filly«, erinnere ich sie.
    »Er hat vier Beine, oder? Warum sollten nur Hunde ihren Spaß mit Laternenpfählen haben?«
    »Und ich habe die Katzenleine verlegt«, füge ich hinzu.
    Filly zaubert ein gelbes Stück Schnur aus der Jackentasche. »Ich nehme einfach das hier«, sagt sie, obwohl die Schnur keine vierzig Zentimeter lang ist und unmöglich als Leine dienen kann. Zugegeben, die Bewegung scheint Blue gutzutun – nach den Spaziergängen ist er meist ausgeglichener und gerät deutlich seltener in Versuchung, die Kunden anzufauchen oder meine Strumpfhosen zu ruinieren.
    Sobald Filly gegangen ist, starte ich eine Google-Suche nach »Marzoni, Irland, Fish, Chips« und finde in einem Online-Magazin namens OK! einen Artikel mit dem Titel »Vom Kabeljau zum Kaviar«.

    Es geht darin um den kometenhaften Aufstieg von Valentino Marzoni, einem mittellosen Schuster, der im Alter von siebzehn Jahren seine Familie verließ, nachdem er sich mit seinem Vater überworfen hatte. Seine Reise führte ihn aus seiner Sackgasse auf Sizilien bis nach Nordfrankreich, von dort gelangte er dann auf einem Schiff nach Cork, fuhr per Anhalter nach Dublin und landete schließlich in Finglas, wo er sich auf ein viertägiges Pokerspiel mit drei Männern namens Paddy, Pat und Padraic James, kurz PJ, einließ. Er verdankte es seinem Großvater, der ihn an Schultagen in seinem Kohlenkeller versteckt und ihm ein paar hilfreiche Kartentricks beigebracht hatte, dass er schließlich siegreich aus der Partie hervorging und am Ende als stolzer Besitzer einer heruntergekommenen Fish-and-Chips-Bude dastand. Er investierte seine ersten Einnahmen in ein neues Ladenschild mit der Aufschrift »Marzoni’s«, und damit nahm seine Erfolgsstory ihren Lauf.
    Ich lese weiter. Wenn jetzt irgendjemand hereinkäme … Nach außen hin ist alles wie immer. Ich bin beschäftigt. Produktiv. Sehe so aus, als würde ich mir wichtige Gedanken über irgendwelche Hochzeiten machen. Es käme bestimmt niemand auf die Idee, dass ich in Wahrheit meinen Erinnerungen nachspüre. Seit den Tests habe ich es mir seltsamerweise wieder öfter gestattet, an John zu denken. Nach allem, was passiert ist, fühlt es sich nun irgendwie anders an, von einem Versicherungsmathematiker verlassen worden zu sein, weil er das dringende Bedürfnis verspürte, auf einer archäologischen Ausgrabungsstätte in Brasilien herumzuwühlen.
    Ich lasse mir unser letztes Gespräch durch den Kopf gehen. Ich war damals so ruhig gewesen, so

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