Und taeglich grueßt die Evolution
Jahren stand es um die Überlebenschancen dieser Kinder relativ schlecht. Dank der modernen medizinischen Versorgung können heutzutage Babys ab der 24. Woche in Brutkästen langsam mit der Umgebung außerhalb des Mutterleibes vertraut gemacht werden. Die meisten von ihnen entwickeln sich später zu kerngesunden Menschen.
Komplizierte Reise durch den menschlichen Geburtskanal
Dass die Geburt bei Erstgebärenden durchschnittlich ganze 14 Stunden dauert, hängt unter anderem damit zusammen, dass das Baby auf seinem Weg durch den Geburtskanal mehrere Drehungen vollführen muss. Der Kanal hat am Eingang seine größte Ausdehnung längs der Beckenknochen, im mittleren Teil erstreckt sich die breiteste Stelle vom Steißbein zum Schambein, zum Ausgang hin verjüngt er sich. Aufgrund dieser ungleichmäßigen Form muss sich das Baby regelrecht hindurchzwängen. Beim Austritt aus der Gebärmutter, auf Höhe des sogenannten Muttermundes, schaut es mit dem Gesicht zur Bauchdecke, das Licht der Welt erblickt es jedoch schräg nach unten blickend. Diese Drehungen machen die Geburt zu einer qualvollen und auch gefährlichen Tortur, etwa wenn sich die Nabelschnur um den Hals des Kindes wickelt.
Im Gegensatz dazu kommen Affenbabys auf geradem Weg mit dem Gesicht nach oben zur Welt; der Geburtskanal bietet ihnen reichlich Platz. Selbst bei den vor 3 bis 4 Mio. Jahren lebenden Australopithecinen, einer frühen Menschenform, wurden die Kinder noch leichter entbunden. Funde von Beckenknochen deuten darauf hin, dass ihre Geburten noch denjenigen von Menschenaffen glichen. Allerdings mussten sich die Ungeborenen bereits leicht drehen, um den Unterleib heil zu verlassen.
Großes Gehirn erschwert die Geburt
Die Qualen der Geburt sind in erster Linie der Preis für die Intelligenz des Menschen. Der Kopf des Säuglings ist mit seinen zehn Zentimetern Durchmesser in Relation zum Körper überdurchschnittlich breit. Er füllt den Geburtskanal an seiner schmalsten Stelle vollständig aus. Zusätzlich erschweren die zwölf Zentimeter breiten Schultern des Kindes die Entbindung. Die Entwicklung des Gehirns beginnt zudem sehr früh, in der fünften bis achten Schwangerschaftswoche. Seine Reifung ist von so zentraler Bedeutung, dass sie die meisten Nährstoffe von der Mutter verlangt: etwa die Hälfte aller Kalorien. Die Sonderstellung des Gehirns erklärt sich aus seiner enormen Wichtigkeit für das menschliche Dasein und auch durch seine Verletzlichkeit: Wird ihm der Sauerstoff nur für Minuten entzogen, sterben bereits viele Nervenzellen.
Um den großen Kopf dennoch unverletzt durch den engen Unterleib zu befördern, hat sich die Natur einige Finessen ausgedacht: An der Stirn eines Neugeborenen befindet sich eine sehr elastische, rautenförmige Öffnung, die als große Fontanelle bezeichnet wird. An dieser Stelle sind die Schädelplatten des Kindes noch nicht miteinander verwachsen. Bei der Geburt können sie sich deshalb gegen-, manchmal auch übereinander schieben, um den Kopf leichter durch den schmalen Geburtskanal zu bugsieren. Jedes Baby hat insgesamt sechs Fontanellen: Eine kleine, dreieckige sitzt am Hinterkopf und je zwei seitlich in Höhe der Schläfe und an der Unterseite des Hinterkopfs. Sie alle verleihen dem Schädel eine gewisse Elastizität.
Flucht vor den Mühen und Gefahren: Der Kaiserschnitt
Trotz solcher Vorkehrungen der Natur ist und bleibt die Geburt ein riskantes Ereignis. Nahezu jede dritte Schwangere in Deutschland bekommt ihr Kind durch einen Kaiserschnitt, die mittlerweile häufigste Operation überhaupt. Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe erwartet sogar, dass die Zahl der Eingriffe weiter steigen wird. Die Planbarkeit des Geburtstermins und andere soziokulturelle Faktoren mögen diesen Trend in erster Linie begründen. Anatomisch betrachtet aber werden viele Säuglinge durch die nachweisliche Zunahme des durchschnittlichen Kopfdurchmessers einfach zu groß für die komplizierte und gefährliche Reise durch den mütterlichen Geburtskanal. Das üppige Nahrungsangebot in den westlichen Industrienationen lässt mittlerweile schon die Kleinsten, die Neugeborenen, immer größer werden. Der Geburtskanal ist dagegen von den Beckenknochen eingeschlossen und kann daher nicht mitwachsen.
Manchmal bleibt den Medizinern keine andere Wahl, als das Kind mit einem Kaiserschnitt zur Welt zu holen. Wenn es etwa mit den Füßen oder dem Steiß nach unten liegt, hat es selten genug Kraft, um auf
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