Und taeglich grueßt die Evolution
Opfer löschten«. Der US-Amerikaner Robert Ardrey verarbeitete die Killeraffentheorie 1961 zu seinem Bestseller »African Genesis«, der neue Verkaufsrekorde aufstellte. Die Behauptung des Autors, der Mensch sei »ein Jäger mit einem Killerinstinkt und einer genetisch bedingten Affinität für Waffen«, erklärte den Krieg zu einer quasibiologischen Tatsache. Auch die Verhaltensforscherin Jane Goodall beobachtete in den 1970er Jahren eine Schimpansengruppe, die ihre Nachbarn niedermetzelte.
Motive für die Kriegsführung
Die moderne Völkerkunde unterscheidet vier Motivgruppen für die Entstehung von Kriegen: Verteidigung und Rache, Revier und Eigentum, Trophäen und Ehre, Eroberung und Unterdrückung. Allerdings setzt sich immer mehr die Überzeugung durch, dass jeder Krieg nur in seinem jeweiligen historischen Kontext verstanden werden kann. Einen universellen Grund für Gewalt zwischen Gruppen gibt es demnach nicht.
Eine Ursache für gewaltsame Konflikte in der Steinzeit war möglicherweise der Beginn der Sesshaftigkeit im Mesolithikum, der Mittelsteinzeit. Viele Archäologen glauben an eine Trennung der menschlichen Gesellschaft in solche, die noch der traditionellen Lebensweise der Jäger und Sammler verhaftet blieben, und andere, die sich an bestimmten Orten dauerhaft ansiedelten. Einen Grund für ernsthafte Konflikte um Land und Ressourcen gab es allerdings kaum, denn das Klima der Mittelsteinzeit war mild, an Nahrung herrschte vermutlich kein Mangel. Doch könnte der Unterschied, die Fremdartigkeit der jeweils anderen, Spannungen verursacht haben. Wissenschaftler weisen außerdem auf den außerordentlich engen Zusammenhalt der steinzeitlichen Stammesgruppen hin. Wenn jeder Angriff auf ein einzelnes Stammesmitglied einem solchen auf die ganze Gruppe geglichen hat, war es nur ein kleiner Schritt von der Fehde zum Krieg.
Das »Massengrab« von Talheim
Als Beispiel für einen der frühesten nachweisbaren Gewaltakte der Geschichte galt jahrelang das Massengrab von Talheim bei Heilbronn. Hier entdeckte ein Hobbygärtner die Überreste einer erschlagenen Steinzeitsippe. 34 Tote lagen über- und untereinander auf engem Raum von 1,5 mal 2,5 Metern. Die Leichen waren nicht sorgsam bestattet, sondern achtlos verscharrt worden. Ihr Alter: 7700 Jahre.
Diese unglücklichen Menschen aus der Jungsteinzeit hatten vermutlich einst in mehreren Wohn-Stallhäusern gemeinsam mit ihrem Vieh unter einem Strohdach gelebt. In den Häusern schliefen neun erwachsene Männer, neun Frauen sowie 16 Kinder und Jugendliche unter 20 Jahren. Es handelte sich mithin um ein kleines Dorf aus der Jungsteinzeit. Dies Idyll wurde zerstört, als eine feindliche Gruppe die Siedlung stürmte und die Familien erschlug. Anschließend hoben die Unbekannten eine Grube aus, in der sie die Leichen verscharrten. Was sie an Geschirr in den Häusern fanden, zerschlugen sie und bedeckten damit die Toten – vermutlich, damit diese nicht von Tieren ausgegraben werden konnten.
Mehr verrät der Fund von Talheim allerdings nicht, denn alle anderen Spuren, die von den Mördern vielleicht hinterlassen wurden, sind im Laufe der Jahrtausende zu Staub zerfallen. Gewiss ist nur, dass die Talheimer durch schwere Gewalteinwirkung starben. 59 Prozent der Skelette zeigen gravierende Schädelverletzungen, fast alle waren tödlich. Ohne Brüche blieben hingegen die Arme und Schultern. Dort hinterlassen Zweikämpfe häufig Wunden, die bei Abwehrbewegungen entstehen. Die Unversehrtheit dieser Partien an allen 34 Skeletten deutet darauf hin, dass die Opfer die Arme nicht gehoben haben, um sich gegen die Schläge zu schützen. Mit großer Wahrscheinlichkeit wurden sie von den Angreifern überrascht.
Die Steinzeit: Ära der Gewalttätigkeit?
Bislang galt Talheim in der Archäologie als sicherer Beleg für Gewaltkonflikte in der Steinzeit, da es keinerlei Hinweise auf rituelle Handlungen, etwa abgetrennte Schädel, gab. Doch an der Stichhaltigkeit der bisherigen Interpretation sind Zweifel aufgetaucht. Neuere Untersuchungen im Landesamt für Bodendenkmalpflege Baden-Württemberg haben 2004 mikroskopisch feine Schnittspuren auf den Talheimer Schädeln zutage gebracht. Es sind Hinweise auf Entfleischung und damit auf eine rituelle Handlung. Talheim muss demnach als frühes Beispiel für die kriegerische Auslöschung eines ganzen Dorfes noch einmal hinterfragt werden.
Es gibt aber auch noch viele andere Zeugnisse von Gewalt aus der Mittelsteinzeit. In Jebel Sahaba im Sudan
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