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Und was wirst du, wenn ich gross bin

Und was wirst du, wenn ich gross bin

Titel: Und was wirst du, wenn ich gross bin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Kemmler
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zwei Fingern ganz locker Austern aufspreizen können und nebenbei noch die harten dreieckigen Nüsse aus den Nikolaussäcken im Dutzend geknackt.
    Die einzige Abwechslung war, als an einem Tag die Wasserpumpe ausfiel und der Billabong zur einzigen Duschgelegenheit wurde. Das klingt fröhlich, so wie Planschen im Teich, aber im gesamten Kakadu Nationalpark sollte man nie, und zwar »nie« großgeschrieben, direkt am oder im Wasser stehen, wegen der erwähnten Leistenkrokodile. Die sind nämlich wirklich tödlich. Und in zweihundert Metern Entfernung von der Herberge gab es ein Krokodilnest, dessen anhängige Mama so um die fünf Meter lang war. Geduscht haben deshalb nur ich und der Leiter. Er, weil er ein Rad ab hatte, und ich, weil man nach acht Stunden Rasenschnippeln auch dann baden würde, wenn man weiße Haie als Schwimmflügel nehmen müsste.
    Wenigstens ließ mich diese Erfahrung das Entsorgen des Heus etwas ruhiger angehen. Davor hatte ich der Krokodile wegen den »Heuschlitten« bis in circa zwanzig Meter Entfernung zum Billabong gezogen, dann so viel Gras, wie ich tragen konnte, in die Arme genommen, war, so schnell ich konnte, zum Wasser gerannt, hatte das Gras ins Wasser geworfen (Brandschutz!), und war wie von allen Teufeln gehetzt wieder zum Schlitten gerannt.
    Ich habe mich oft gefragt, was die mich hie und da aus sehr großer Entfernung beobachtenden Aborigines wohl dachten über den seltsamen weißen Mann, der mit einer Nagelschere zentimeterweise mühselig Gras schneidet und es dann von null auf hundert wie von der Tarantel gestochen in den Teich wirft. Wahrscheinlich sind sie deshalb immer so weit weg geblieben.
    Trotzdem fühlte ich mich gut. Am letzten Abend saß ich auf dem Schaukelstuhl Probe, besah mein Werk und befand es für gut. Ich trank ein kühles Foster’s Bier und war auf die Zukunft gefasst.
    Aber sie wohl nicht auf mich. Zwei Tage nachdem ich nach Darwin zurückgekehrt war, um letzte Vorkehrungen zu treffen, schlugen die Ausläufer der Regenzeit noch einmal zu und überschwemmten alles, so dass ich mindestens vier Wochen hätte warten müssen, bis ich den Job hätte antreten können. Da zudem der Lastwagen, der die neuen Matratzen und Betten in die Herberge bringen sollte, von genau diesem Unwetter weggeschwemmt wurde, war selbst dieser Zeitplan ungewiss.
    Mein bereits nach Indonesien vorgereister Kumpel, der sich auf ein- bis zwei-, aber nicht dreimonatiges Warten eingestellt hatte, pochte außerdem telefonisch von Bali aus auf Begleitungsrecht, stellte Leihgelder aus neuen Quellen in Aussicht und zog den Freundschafts- und Gemeinsame-Reise-Joker.
    Und Jugendherbergsväter sind Ehrenmänner, ihr Wort gilt und hat Bestand, sie tun, was sie tun müssen, auch wenn es manchmal sehr wehtut.
    Ich war nie wieder im Kakadu Nationalpark. Ich habe aber auch nie gelesen, dass dort jemals eine Jugendherberge gebrannt hätte. Sisyphus-Arbeit ist nicht immer umsonst.
     

12
     
    herbergsvater
     
    Bevor ich nach Indonesien abreiste, war ich doch noch eine gute Woche lang amtierender Jugendherbergsvater, allerdings in Darwin. Sicher besitzen mit zwanzig nicht viele die sittliche Reife, einem Betrieb vorzustehen, aber wer einen Rasen ohne Rasenmäher mähen kann, der kann auch eine Horde Rucksackreisender in den Griff bekommen.
    Vom Typ her war ich eher der gütige König, also jemand, der sich sein hohes Amt nicht gleich anmerken lässt, sondern im Falle eines Konfliktes erst mal versucht, den Besitzer der Herberge telefonisch zu erreichen. Zum Glück gab es so gut wie keine Konflikte; es ist erstaunlich, wie selbstverständlich manche Autorität schon von Amts wegen hingenommen wird, und das von Charakteren, denen eigentlich die antiautoritäre Gesinnung ins Gesicht geschrieben steht. Anstatt wie bei mir nur im Rucksack dabei zu sein. Vom australischen Hells Angel, der gerade von drei Wochen Arbeit auf einem Shrimpkutter zurückgekehrt war und nach alter Seemannstradition seine Heuer beim Tätowierer und in Hochprozentigem anlegte, über den Waliser Fußballfan bis hin zum japanischen Koch, der auf Landschaftsgärtner umgeschult hatte und mir die erste Shiatsu-Massage meines Lebens verabreichte: Ich kam blendend mit allen aus. Vielleicht war es auch die natürliche Angst anderer Völker vor Deutschen in hausmeisterartigen Berufen, die hier zum Tragen kam. Oder umgekehrt der Beweis, dass eine multikulturelle Gesellschaft einfach funktioniert, zumindest solange die Getränke nicht ausgehen. Hier

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