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Und wenn wir fliehen (German Edition)

Und wenn wir fliehen (German Edition)

Titel: Und wenn wir fliehen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Crewe
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die Frau und klang ehrlich überrascht. »Bitte entschuldigt. Ich heiße Hilary Cloutier. Und Justin kennt ihr ja schon.« Sie tätschelte ihrem Sohn die Schulter, woraufhin der ein genervtes Gesicht machte.
    »Das hier war früher mal eine Künstlerkolonie«, erklärte Hilary, während wir auf das größere Gebäude zugingen. »Ein autonomer Ort für Maler, Schriftsteller und Komponisten, wo sie ab und zu ein oder zwei Monate verbringen und sich auf ihre Arbeit konzentrieren konnten. Unter dem Versammlungsgebäude befindet sich ein großer Generator. Wir setzen größtenteils auf natürliches Licht, aber wir haben eine Heizung und ausreichend Strom zum Kochen.«
    »Echt komfortabel«, stellte ich fest.
    »Wir sind nicht zufällig alle hier gelandet«, fuhr Hilary fort. »Ich bin Bildhauerin – ich habe hier jedes Jahr vier Wochen lang gearbeitet. Als die Versorgung nach und nach ausfiel und die Leute in unserer Stadt langsam panisch wurden, war das hier der Ort, der mir als Erstes in den Sinn kam, ein Platz, wo wir vielleicht sicher sein würden. Die anderen sind genau aus demselben Grund hergekommen.«
    Eine Bildhauerin? »Woher wissen Sie denn dann, dass das, was ich Ihnen über den Impfstoff erzählt habe, nicht einfach frei erfunden war?«, fragte ich.
    Sie lachte. »Meine Schwester war Krankenschwester. Und ich bin von Natur aus neugierig. Als wir das erste Mal von dem mysteriösen Virus hörten, hab ich sie mit so vielen Fragen gelöchert. Bevor, na ja …«
    Ihr Lachen klang ein wenig verkrampft, und es war mir auch nicht entgangen, dass sie »war« gesagt hatte. »Tut mir leid«, sagte ich.
    »Konnten Sie schon irgendwelche Nutzpflanzen in dem Gewächshaus ziehen?«, erkundigte sich Tessa.
    Hilary nickte. »O ja. Natürlich haben wir auch da unsere Vorsichtsmaßnahmen. Für den Fall, dass jemand bis hierherkommt und versucht, uns zu vertreiben, wenn er rausfindet, dass die Kolonie bewohnbar ist. Wir lassen die Gemüsepflanzen sich überall ausbreiten und rundherum Unkraut wachsen, so dass es aussieht, als wäre das Gewächshaus verlassen. Aber wir haben Möhren, Bohnen, Erbsen und Tomaten ernten können, und der Birnbaum beginnt auch gerade Früchte zu tragen.«
    »Wohin wollt ihr denn den Impfstoff bringen?«, erkundigte sie sich, als wir eine seitliche Tür am Versammlungshaus erreichten.
    Ich zögerte instinktiv, doch Meredith hatte offenbar entschieden, dass diese Leute vertrauenswürdig waren.
    »Ottawa«, verkündete sie. »Wir wollen Ärzte und Wissenschaftler suchen, damit sie genug Impfstoff für alle machen können.«
    »Ottawa.« Hilarys Blick glitt in die Ferne. »Wir haben ein Ehepaar aus Ottawa hier bei uns. Vielleicht solltet ihr euch einmal mit ihnen unterhalten.« Sie öffnete die Tür. »Also, das hier ist unser Waschbereich. Das Wasser wird nicht besonders warm – wir haben die Heizung niedrig gestellt, um den Generator nicht zu überlasten –, aber es gibt reichlich. Seife müsste auch genug da sein, und Handtücher liegen im Regal. Kommt nach vorne, wenn ihr fertig seid. Es sind gerade alle beim Frühstück.«
    Auf der anderen Seite der Tür befand sich ein kleiner Raum mit einem Ständer, an dem Handtücher zum Trocknen hingen, und einem Regal mit zusammengelegten Handtüchern und einigen Flaschen Flüssigseife darin. Von diesem Raum aus zweigten zwei Flure ab, die mit Schildern für Männer und Frauen gekennzeichnet waren.
    »Ziemlich krass, was die hier so alles auf die Beine gestellt haben«, stellte ich fest.
    »Mit dem Gewächshaus können sie sich wahrscheinlich komplett selbst versorgen«, sagte Tessa. »Obst und Gemüse anbauen, und Getreide für Brot … obwohl der wenige Platz ein Problem sein könnte, je nachdem, wie viele sie sind. Mit Linsen für die Eiweißversorgung und Spinat für das Eisen bräuchten sie noch nicht mal Fleisch. Ich würd gern mal einen Blick drauf werfen, was sie alles so haben.«
    »Sie führen dich bestimmt herum, wenn du sie darum bittest«, sagte ich, als wir und Leo in verschiedene Richtungen abbogen. Am Ende des Flures betraten wir einen Umkleideraum mit einer Reihe offener Duschkabinen. Normalerweise wäre es mir vielleicht unangenehm gewesen, mit jemand anderem gemeinsam zu duschen, doch als Tessa ihre Kleider abstreifte, als wäre gar nichts dabei, machte ich es einfach auch.
    Der erste Strahl des lauwarmen Wassers, das aus dem Duschkopf kam, entlockte mir ein Kichern. Grinsend verteilte ich die nach Grapefruit duftende Seife von Kopf bis

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