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Undank Ist Der Väter Lohn.

Undank Ist Der Väter Lohn.

Titel: Undank Ist Der Väter Lohn. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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glauben, daß ich sie getötet habe. An dem Abend, an dem sie gestorben ist, war ich hier. Hier im Hotel. Und ... großer Gott, sie war mein einziges Kind!«
    »Und sie hatte Sie verraten«, sagte Lynley. »Nach allem, was Sie für sie getan hatten, wie Sie für sie gesorgt hatten –«
    »Nein! Ich habe sie geliebt. Haben Sie Kinder, Tommy? Eine Tochter? Einen Sohn? Wissen Sie, wie es ist, die Zukunft in seinem Kind zu sehen und zu wissen, daß man in diesem Kind weiterleben wird, ganz gleich, was geschieht, einfach weil dieses Kind lebt?«
    »Als Hure?« fragte Lynley. »Als eine Frau, die ihr Geld damit verdient, die perversen Wünsche von Männern zu erfüllen? ›Eher bringe ich dich um, als daß ich dich das tun lasse.‹ Das waren Ihre Worte, Andy. Und sie wollte in der folgenden Woche nach London zurückkehren. Als Sie sie dafür bezahlten, statt dessen nach Buxton zu kommen und dort zu arbeiten, hatten Sie sich nur einen Aufschub erkauft. Abwenden konnten Sie damit nichts.«
    »Ich habe sie nicht getötet! Tommy, um Gottes willen, hören Sie mir doch zu! Ich war am Dienstag abend hier.« Maidens Stimme war laut geworden, und draußen klopfte es. Die Tür ging auf, noch ehe einer der Männer etwas sagen konnte. Nan Maiden trat ein. Sie blickte von Lynley zu ihrem Mann. Sie sagte kein Wort.
    Aber sie brauchte auch nichts zu sagen, es stand alles in ihrem Gesicht geschrieben. Sie weiß, was er getan hat, dachte Lynley. Mein Gott, sie hat es von Anfang an gewußt.
    »Laß uns allein«, rief Andy Maiden seiner Frau zu. »Ich denke, das wird nicht nötig sein«, sagte Lynley.
    Barbara Havers war noch nie in Westerham gewesen, und sie entdeckte bald, daß es gar nicht so einfach war, von Chelsea aus, wo die St. James’ wohnten, dorthin zu kommen. Nachdem sie Lynley verlassen hatte, war sie kurz entschlossen zu den St. James’ gefahren – warum nicht, hatte sie gedacht, wenn ich sowieso schon so dicht bei der Ring’s Road bin, praktisch nur einen Katzensprung von der Cheyne Row entfernt. Sie hatte dringend Dampf ablassen müssen, und sie war überzeugt, Deborah und Simon würden sie am ehesten verstehen; sie hatten Lynleys selbstgefällige Verbohrtheit sicherlich schon das eine oder andere Mal am eigenen Leib erfahren.
    Aber sie war gar nicht dazu gekommen, ihre Geschichte zu erzählen. Kaum nämlich hatte Deborah St. James die Tür geöffnet, da zog sie Barbara auch schon mit einem Ausruf freudiger Überraschung ins Haus und rief in Richtung Arbeitszimmer: »Simon, sieh doch mal, wer gekommen ist! Als war’s Bestimmung!«
    Und was sie dann zu dritt im Arbeitszimmer besprochen hatten, hatte Barbara den Anstoß gegeben, nach Kent zu fahren. Auf dem Weg dorthin mußte sie jedoch erst einmal durch die sprichwörtliche Hölle, ein Gewirr unbeschilderter Straßen auf der Südseite der Themse, in dem sie sich augenblicklich hoffnungslos verfranzte. Ein kurzer Moment der Unaufmerksamkeit hatte zur Folge, daß sie zwanzig Minuten lang schimpfend und fluchend auf der vergeblichen Suche nach der A205 den Clapham Common umkreiste. Als sie endlich auf dem richtigen Weg war und sich nach Lewisham durchgeschlagen hatte, begann sie sich zu fragen, ob es wirklich so effizient war, bei der Suche nach einem Sachverständigen das Internet einzusetzen.
    Der Sachverständige in diesem Fall hatte seine Wohnung und sein Geschäft in Westerham, ganz in der Nähe von Quebec House. »Sie können es gar nicht verfehlen«, hatte er ihr am Telefon versichert. »Quebec House steht ganz oben am Ende der Edenbridge Road. Es ist durch ein großes Schild gekennzeichnet. Heute ist es geöffnet, da werden wahrscheinlich einige Busse auf dem Parkplatz stehen. Ich wohne keine fünfhundert Meter südlich davon.«
    Und so war es. Er lebte in einem Holzschindelhaus, über der Tür ein Schild mit der Aufschrift »Wir haben den Bogen raus«.
    Er hieß Jason Harley, Geschäft und Wohnung befanden sich unter einem Dach. Die Tür zum Laden war ungewöhnlich breit, und Barbara begriff, warum das so war, als Jason Harley auf ihr Klingeln hin in einem mit allen technischen Raffinessen ausgestatteten Rollstuhl durch diese Tür kam.
    »Sie sind Constable Havers?« fragte er.
    »Barbara«, antwortete sie.
    Er warf die Mähne blonden Haares zurück, das sehr dick und völlig glatt war. »Also gut, Barbara. Sie haben Glück gehabt, daß Sie mich zu Hause erwischt haben. Meistens bin ich sonntags beim Schießen.« Er rollte zurück und bedeutete ihr, ihm zu folgen.

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