Undank Ist Der Väter Lohn.
können ihn beide machen, wenn Sie das wollen«, fuhr Maiden fort, ohne auf die Proteste seiner Frau zu achten.
»Andy!«
»Wie sollen wir ihm denn sonst begreiflich machen, daß er völlig falschliegt?« fragte Maiden sie.
»Aber deine Nerven!« sagte sie. »Bei deinem jetzigen Zustand ... Andy, es wird alles ganz falsch und verdreht herauskommen. Tu es nicht.«
»Ich habe keine Angst.«
Und Lynley hatte ihm ansehen können, daß er tatsächlich keine Angst hatte. An diesen einen Punkt hatte er sich die ganze lange Rückfahrt nach Tideswell und zum Black-Angel-Hotel über geklammert.
Als Lynley jetzt am Tisch vor seinem Essen saß, dachte er über diese Furchtlosigkeit Andy Maidens nach. Sie konnte verschiedenes bedeuten: Schuldlosigkeit, Draufgängertum oder Verstellung. Jedes der drei Motive kann es sein, dachte Lynley, und er war sich auch darüber im klaren, auf welches von den dreien er, trotz allem, was er über den Mann erfahren hatte, noch immer hoffte.
»Inspector Lynley?«
Er blickte auf. Die Bedienung stand am Tisch und sah stirnrunzelnd auf seine unberührte Mahlzeit. Er wollte sich gerade dafür entschuldigen, daß er bestellt hatte, was er dann nicht gegessen hatte, als sie sagte: »Ein Anruf für Sie. Aus London. Das Telefon ist hinter dem Tresen, wenn Sie gleich von hier aus telefonieren wollen.«
Der Anrufer war Winston Nkata, eifrig und aufgeregt. »Wir haben’s, Chef«, sagte er knapp, als er Lynleys Stimme hörte. »Dem Autopsiebefund zufolge wurde an Coles Leiche ein Zedernholzsplitter gefunden. St. James sagt, die erste Waffe sei ein Pfeil gewesen. Der im Dunkeln abgeschossen wurde. Die Frau ist geflohen, deshalb konnte der Mörder nicht auf sie schießen. Er mußte ihr nachlaufen und sie mit dem Stein erschlagen.«
Nkata erklärte, was St. James dem Autopsiebericht entnommen hatte, wie er die Angaben interpretiert hatte, und was er – Nkata – von einem Bogensportexperten in Kent über Pfeile und Langbögen erfahren hatte.
»Der Mörder mußte also den abgeschossenen Pfeil vom Tatort verschwinden lassen, weil die meisten Langbögen bei Turnieren benutzt werden«, schloß Nkata, »und weil alle dazugehörigen Pfeile besonders gekennzeichnet sind, damit man weiß, wem sie gehören.«
»Und wie sind sie gekennzeichnet?«
»Mit den Initialen des Schützen.«
»Du meine Güte! Das kommt ja einer Unterschrift gleich.«
»Genau. Die Initialen können ins Holz eingeschnitzt oder eingebrannt werden, oder sie können auch aufgeklebt werden. Wie auch immer, am Tatort eines Verbrechens wäre eine solche Kennzeichnung so gut wie ein dicker fetter Fingerabdruck.«
»Hervorragend, Winnie«, lobte Lynley. »Ausgezeichnete Arbeit.«
Nkata räusperte sich. »Na ja, man tut, was man kann.«
»Wenn wir also den Bogenschützen finden, haben wir unseren Mörder«, stellte Lynley fest.
»Sieht ganz so aus.« Nkata stellte die nächste logische Frage:
»Haben Sie schon mit den Maidens gesprochen, Inspector?«
»Er will einen Lügendetektortest machen.« Lynley berichtete von seinem Gespräch mit den Eltern Nicola Maidens.
»Ah ja«, sagte Nkata. »Dann sorgen Sie gleich dafür, daß er gefragt wird, ob er an seinen freien Nachmittagen hundertjähriger Krieg spielt.«
»Wie bitte?«
»Mit so was vertreiben sich unsere Bogenschützen die Zeit. Sie nehmen an Wettbewerben und Turnieren teil und spielen alte historische Schlachten nach, wo sie dann mit Pfeil und Bogen aufeinander losgehen. Also, zieht der gute Mr. Maiden da oben in Derbyshire vielleicht hobbymäßig gegen die Franzosen in den Kampf?«
Lynley atmete tief auf. Er hatte das Gefühl, als fiele ihm der sprichwörtliche Stein vom Herzen, als er plötzlich begriff:
»Broughton Manor«, sagte er. »Was?«
»Dort finde ich bestimmt einen Langbogen«, erklärte Lynley.
»Und ich denke, ich weiß auch schon, wer da oben versteht, mit so einem Gerät umzugehen.«
Barbara wartete, bis Nkata aufgelegt hatte. Er sah sie mißmutig an.
»Was ist?« Sie spürte, wie sich alles in ihr zusammenkrampfte.
»Sagen Sie mir bloß nicht, daß er Ihnen nicht geglaubt hat, Winnie.«
»Doch, doch, er hat mir geglaubt.«
»Gott sei Dank.« Sie betrachtete ihn forschend. Seine Miene wirkte so düster. »Was ist es dann?«
»Es war Ihre Arbeit, Barb. Ich schmücke mich nicht gern mit fremden Federn.«
»Ach so, das! Sie glauben doch nicht im Ernst, daß er auf mich gehört hätte, wenn ich ihn angerufen hätte? So ist es viel besser.«
»Kann schon
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