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Undank Ist Der Väter Lohn.

Undank Ist Der Väter Lohn.

Titel: Undank Ist Der Väter Lohn. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Umschlag waren nur Briefe, die aus aufgeklebten Buchstaben aus Zeitungen und Zeitschriften zusammengesetzt waren.«
    Er hatte weitergesucht. Er mußte die Noten zu Hamlet finden. Er war nach London zurückgekehrt und hatte überall dort gesucht, wohin Terry ihn geführt hatte.
    »An die alte Frau habe ich überhaupt nicht gedacht«, sagte er am Ende.
    »Sie hätten annehmen sollen, als sie Ihnen Kuchen angeboten hat«, versetzte Barbara.
    Wieder senkte King-Ryder den Blick auf seine Hände. Seine Schultern zuckten. Er begann zu weinen.
    »Ich habe nie gewollt, daß ihm etwas zustößt. Ich schwöre es. Wenn er doch nur gesagt hätte, daß er mir etwas hinterlassen würde. Aber das hat er nicht getan. Ich war sein Sohn, sein einziger Sohn, aber ich sollte nichts bekommen. Seine Familienbilder könnte ich haben, hat er gesagt. Sein verdammtes Klavier und die Gitarre. Aber Geld? Geld – o nein, keinen einzigen Penny von seinem gottverdammten vielen Geld ... Wieso hat er nicht gesehen, daß es mich zu einem Nichts gemacht hat, so übergangen zu werden? Ich sollte dankbar dafür sein, daß ich sein Sohn war, daß ich lebte, weil er mich gezeugt hatte. Er wollte mir Arbeit geben, aber sonst ... nichts. Ich mußte es ganz allein schaffen. Und das war nicht fair. Denn ich habe ihn geliebt. Ich habe ihn immer geliebt, auch in den langen Jahren seines Scheiterns. Und auch, wenn er nie wieder Erfolg gehabt hätte. Das hätte keinen Unterschied gemacht. Nicht für mich.«
    Sein Schmerz schien echt. Barbara hätte gern Mitleid mit ihm gehabt, aber sie konnte keines aufbringen, als sie merkte, wie sehr er darauf spekulierte. Er wollte von ihr als das Opfer der Gleichgültigkeit seines Vaters gesehen werden. Ganz gleich, daß er seinen Vater für den Preis von einer Million Pfund vernichtet hatte. Ganz gleich, daß er zwei brutale Morde verübt hatte. Sie sollten Mitleid mit ihm haben, weil Umstände außerhalb seiner Kontrolle ihn gezwungen hatten, so zu handeln, wie er gehandelt hatte; weil David King-Ryder es nicht für angebracht gehalten hatte, ihm wenigstens einen Teil seines Vermögens zu vermachen, was von vornherein verhindert hätte, daß die Morde überhaupt jemals verübt worden wären.
    Gott, ja, dachte Barbara, da haben wir es, das Übel unserer Zeit.
    »Ich kann nichts dafür.« Nicht mit mir. Tu jemand anderem weh. Gib jemand anderem die Schuld. Aber tu mir nicht weh, gib nicht mir die Schuld.
    Auf eine solche Denkweise würde sie sich gar nicht erst einlassen. Alles Mitleid, das Barbara vielleicht für den Mann aufgebracht hätte, wurde ausgelöscht durch den sinnlosen Tod zweier Menschen in Derbyshire und die Erinnerung daran, was er Vi Nevin angetan hatte. Für diese Verbrechen würde er büßen. Aber eine Gefängnisstrafe – ganz gleich, wie lang – schien keine angemessene Strafe für Erpressung, Selbstmord, Mord, Körperverletzung und die Nachwirkungen jedes dieser Verbrechen. Sie sagte:
    »Sie möchten vielleicht die Wahrheit über Terry Coles Absichten wissen, Mr. King-Ryder. Ja, ich denke, es ist wichtig für Sie, das zu erfahren.«
    Und sie sagte ihm, daß Terry Cole nicht mehr gewollt hatte als eine Adresse und eine Telefonnummer. Ja, daß der Junge wahrscheinlich überglücklich gewesen wäre, wenn Matthew King-Ryder angeboten hätte, ihm die Noten abzukaufen und ihn großzügig dafür zu bezahlen, daß er sie hergebracht hatte.
    »Er wußte ja nicht einmal, worum es sich handelte«, sagte Barbara. »Er hatte keine Ahnung, daß er die Musik zu Hamlet in den Händen hielt.«
    Matthew King-Ryder hörte sich das schweigend an. Aber wenn Barbara geglaubt hatte, ihm mit dieser Neuigkeit einen tödlichen Schlag zu versetzen, der sein zukünftiges Leben im Gefängnis noch verschlimmern würde, so wurde sie dieser Illusion beraubt, als er entgegnete: »Er ist schuld am Selbstmord meines Vaters. Wenn er sich nicht eingemischt hätte, wäre mein Vater heute noch am Leben.«
    Es war zehn Uhr abends, als Lynley zu Hause ankam. Er fand seine Frau im Badezimmer in der Wanne, in duftendem Seifenschaum versunken. Ihre Augen waren geschlossen, ihr Kopf ruhte auf einem Frotteekissen, und ihre Hände – verrückterweise in weißen Satinhandschuhen – ruhten auf der blitzenden Ablage aus rostfreiem Stahl quer über der Wanne, in der ihre Seifen und Schwämme lagen. Auf dem Toilettentisch stand ein CD-Player inmitten von Dosen, Fläschchen und Tuben. Eine Sopranstimme sang, begleitet von einem Orchester.
    »›Sie legen

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