Undead 01 - Weiblich, ledig, untot
Manchmal – oft – tun sich Vampire zusammen, und der Stärkste ist dann ihr Anführer.«
»Warum um alles in der Welt tun sie das?«, nörgelte ich.
»Warum machen sie nicht einfach da weiter, wo sie vor ihrem Tod aufgehört haben?«
»Weil es nicht erlaubt ist. Vampire müssen sich normalerweise zu ihresgleichen gesellen.«
»Ich nicht.«
»Dazu kommen wir später.«
»Wie bitte?«
»Aber um auf deine Frage zu antworten: Die Untoten tun sich zusammen, um sich zu schützen. Aus Sicherheits-gründen.«
»Und dieser Typ, Notso, dreht jetzt durch, weil ich nicht mitspielen will?«
»Das und weil du mit hysterischem Gelächter geantwor-tet hast, als er deinen Respekt einforderte.«
Marc war der Unterhaltung aufmerksam gefolgt und starrte mich jetzt an. »Der Chef-Vampir wollte etwas von dir, und du hast ihn ausgelacht?«
»Nicht nur einmal«, fügte Sink Leer hinzu.
»Mein Gott, Betsy! Hat er nicht versucht, dich abzumurk-sen oder so? Du kannst von Glück sagen, dass du noch hier ist.«
»Er versprach ihr die schlimmste Strafe, die einen Vampir treffen kann, und auch daraufhin lachte sie.« Dann fragte er: »Betsy?« – »Ganz genau. Betsy. Willst du dazu etwas sagen?« – »Nein, ganz und gar nicht.« Unterdrückte das 127
Arschloch etwa ein dreckiges Grinsen? Ich schaute genauer hin, doch seine Miene blieb ausdruckslos. Hatte ich mir wohl nur eingebildet.
»Du willst also versuchen, Notso meinen Kopf zu bringen?«
»Nostro. Nein, will ich nicht. Du bist viel zu hübsch, um enthauptet zu werden.«
»Haha. Soll Nostro die Kurzform für Nostrodamus sein?
Ist der moppelige Idiot so einfallslos?«
Sink Leer sah gequält aus. »Ja. Und leider, ja.«
»Iiihhh!«
»Ich stimme zu.«
»Warum bist du also hier, Sink Leer?«
»Ich heiße SIN-clair und ich denke, das sollte selbst dir klar sein.«
»Hehe!«
»Du bist eine ganz frische Untote und für dich selbst eine Bedrohung. Du kennst die Regeln nicht, und schon ist ein Kopfgeld auf dich ausgesetzt, keine zweiundsiebzig Stunden nachdem du wiederauferstanden bist. Gut gemacht.
Ich nehme dich unter meine Fittiche.«
»Und als Gegenleistung . . . ?« Es sollte nicht so klingen, als bisse ich auf einen Käfer, aber ich konnte nicht anders.
Diesem Typen konnte ich nicht weiter trauen, als ich ihn werfen konnte. Allerdings hatte ich bereits bewiesen, dass ich ihn sehr weit werfen konnte. »Das tust du doch nicht aus reiner Steinherzensgüte.«
»Als Gegenleistung werde ich herausfinden, warum du so anders bist als wir anderen. Du hättest schreckliche Schmerzen haben müssen, als sie das Weihwasser auf dich 128
spritzten. Stattdessen hast du nur geniest. Wenn ich erst herausgefunden habe . . . «
»Nein, danke.«
Es folgte eine lange Pause. Ganz offensichtlich hatte er mit allem außer Ablehnung gerechnet. Armes Baby!
»Wirklich. Ich bestehe darauf«
»Das kümmert mich nicht. Du bist nicht mein Vater.
Obwohl du alt genug wärst, und . . . «
»Wie alt bist du?«, fragte Marc atemlos.
Sinclair schenkte ihm seine Aufmerksamkeit. »Ich wurde geboren an dem Tag, als der Zweite Weltkrieg ausbrach.«
Das verschlug mir den Atem. Ich war entsetzt. Dass ich mich zu diesem Fossil hingezogen fühlte! Aber Sinclair sah schließlich aus wie in den Dreißigern. Keine Spur von Grau in seinen tintenschwarzen Haaren, keine Falten um seine unergründlich dunklen Augen. »Uuuhhh! Dann bist du ja so an die neunzig Jahre alt! Igitt. Trägst du ein Bruchband unter deinem Anzug?«
»Du bist das unwissendste, hochmütigste, aufgeblasens-te . . . «
»Er ist eher in den frühen Sechzigern«, sagte Marc eilig,
»und kommt mal wieder runter, ihr beiden. Ich möchte ungern in einen Faustkampf unter Vampiren geraten.«
»In der Tat. Geh schlafen.«
»Aber ich bin nicht . . . sssss.«
Es gelang mir gerade noch, seinen Kopf aufzufangen, bevor er auf die Tischplatte schlug, dann zog ich meine Hand vorsichtig zurück und starrte Sinclair wütend an. »Warum hast du das getan?« Und wie hast du das gemacht? Ich 129
hätte den Trick das nächste Mal gerne an dem Stiefmonster ausprobiert.
Er schaute zurück, kühl wie ein Baby auf einem Bett aus Eiswürfeln. »Es ist unangebracht, dass er so viel über uns weiß. Und damit kommen wir zum nächsten Punkt, um den ich mich kümmern möchte. Hast du deiner Familie mitgeteilt, dass du wieder am Leben bist?«
»Ich bin nicht wieder am Leben, das geht dich gar nichts an – und wie hast du das herausgefunden?«
Er
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