Underground
herumwirbelte, fand ich mich bereits von einer Horde von Polizisten umringt, die in die Tür eindrangen, während gleichzeitig eine Gruppe von Zivilisten herauszukommen versuchte. Es herrschte ein unglaublicher Lärm, als die beiden Gruppen aufeinanderprallten. Mich bemerkte allerdings niemand.
Ich glitt aus dem Zeitfragment und stellte fest, dass ich mich dem anderen Ende der Gasse genähert hatte, ohne es zu bemerken. Quinton befand sich ein paar Schritte hinter mir und starrte mich aus weit aufgerissenen Augen an.
»Was ist passiert?«, fragte ich ihn. »Alles in Ordnung bei dir?«
»Ja, schon. Aber du warst ziemlich schwer zu sehen. Wenn ich nicht gewusst hätte, dass du da bist, hätte ich dich vermutlich für einen Schatten gehalten. Wohin bist du denn verschwunden?«
»Es sah ganz so aus, als ob ich in eine Szene während der Prohibition geraten wäre. Also nicht die richtige Zeit. Wir müssen vielleicht doch in den Untergrund.«
»Hier in der Nähe gibt es keinen guten Zugang. An einigen
Stellen ist der Untergrund total verriegelt worden, oder die Zugänge werden von Geschäftsleuten benutzt. Leider trifft das auf die Gegend hier besonders zu. Was kannst du hier noch finden?«
»Ich bin mir nicht sicher. Dafür muss ich mich erst noch einmal umsehen.«
Erneut griff ich nach den flatternden Rändern der Zeit und zog sie vorsichtig auseinander. Ich schob und drückte, während ich mich nach einem Hinweis umsah, ob ich in der richtigen Zeitspanne gelandet war. In dieser Gasse hatte ich jedoch im Grau kein Glück. Wir liefen also eine Gasse weiter, und dort versuchte ich es von neuem.
Ich entdeckte einen Fetzen aus dem Jahr 1949, der nach Staub und getrocknetem Schmutz roch. Vorsichtig trat ich in eine Straße, wo sich noch immer der Schutt des Erdbebens befand. Die silberne Form des Hotels, das meinem Büro gegenüber lag, war in Mitleidenschaft gezogen worden und hatte Geisterziegel auf den Bürgersteig regnen lassen. Eine Handvoll Arbeiter – nicht mehr als bloße Schatten – schoben die Trümmer mit großen Besen zusammen. Ein Neonlicht lag zerbrochen auf dem Trottoir.
Ich ging ein paar Schritte vorwärts und spürte, wie etwas gegen meinen Körper drückte, als ob ich gegen eine Strömung ankämpfte. Hier war die Zeit undurchdringlich, und ich wusste, dass jeder Versuch meinerseits, sie zu erkunden, sinnlos gewesen wäre.
Also ging ich an den Arbeitern vorbei, von denen mich keiner bemerkte, und sah mich neugierig um. Die Straße war voller Erinnerungen an Menschen, die mit Aufräumen beschäftigt waren. Ich bezweifelte, dass mir irgendeiner von ihnen etwas sagen konnte, selbst wenn sie dazu in der Lage gewesen wären.
Deshalb ging ich weiter Richtung Occidental Avenue. Ich musste einen Geist finden, der mich bemerkte. An der Stelle, wo sich jetzt der Occidental Park befand, stand im Grau ein Gebäude. Auch dieses war mehr oder weniger in sich zusammengebrochen, und es war klar, dass es schon bald abgerissen werden würde. Verblüfft blieb ich davor stehen.
Ein gespenstischer Hund rannte auf mich zu und bellte. Er wedelte begeistert mit dem Schwanz, und eine Wolke von Vögeln stieg aus dem zerstörten Dach des Hauses auf. Ein junger Arbeiter rief nach dem Hund und kam, um ihn am Halsband von mir wegzuzerren. Er selbst bemerkte mich nicht, sondern schimpfte nur das Tier für sein seltsames Verhalten.
Da entdeckte ich eine Phantomgestalt in schäbiger Kleidung am Ende des Blocks. Langsam ging ich durch die schmutzige Straße auf sie zu. Auch sie bemerkte mich nicht. Trotzdem folgte ich ihr eine Weile, wobei ich mit jedem Schritt erschöpfter wurde, da sich die Zeitschichten als sehr unflexibel erwiesen. Der Mann blieb vor drei weiteren männlichen Geistern in Lumpen stehen, die sich an jener Ecke aufhielten, wo sich eines Tages der Waterfall Garden Park befinden würde. Einer der drei hob den Kopf und sah mich an, auch wenn sein Blick ein wenig verschwommen wirkte.
Ich trat näher.
»Hi«, sagte ich.
Aus der Nähe stellte er sich als jünger heraus, als ich angenommen hatte. Doch seine Miene und seine Körperhaltung zeigten mir einen Mann, der schon vor seiner Zeit gealtert war.
Er nickte mir zu und grüßte. »Madam.« Seine Begleiter
achteten nicht auf ihn, sondern fuhren mit ihrer Unterhaltung fort.
Ich war mir nicht sicher, wie das Ganze funktionierte. Bisher hatte ich noch nie versucht, mit einem Geist in seiner eigenen Umgebung zu sprechen. War er sich bewusst, dass er nicht mehr am
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