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Unearthly. Heiliges Feuer (German Edition)

Unearthly. Heiliges Feuer (German Edition)

Titel: Unearthly. Heiliges Feuer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cynthia Hand
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Illusionen machen.»
    Mama wirft Walter einen wissenden Blick zu.
    «Wie lange ist das her?», fragt Julia, die Frau mit den Kindern. «Dass du Kontakt zu Samjeeza hattest?»
    «Das haben wir doch alles schon geklärt. Fünfzig Jahre hatte ich ihn nicht mehr gesehen, bis letzten Sommer», sagt Mama.
    «Als er am Static Peak deine Tochter angegriffen hat», ergänzt ein anderer. «Und du dich mit dem himmlischen Glanz verteidigt hast.»
    «Ja, genau.»
    Sie wissen es also alle. Als ob es eine Engel-Boulevardzeitung gäbe und ich auf der Titelseite gewesen wäre. Jetzt fühle ich mich irgendwie schuldig; wenn es nicht um meine Aufgabe gegangen und wenn ich an dem Tag nicht über die Berge geflogen wäre und nach dem Feuer Ausschau gehalten hätte, hätten wir jetzt nicht dieses unangenehme Gespräch über gefallene Engel und einen Ort, an dem wir sicher sein könnten. So kommt es mir zumindest vor.
    «Du hast uns gesagt, du glaubst nicht, dass er so bald wiederkommt», meint Julia anklagend. «Du hast gesagt, dass er verwundet ist.»
    Wie war das noch gleich? Alle behandeln meine Mutter mit großem Respekt? Tja, von wegen, denke ich. Jetzt verstehe ich es richtig. Ihr Verhalten neulich war kein Respekt. Es war Mitleid. Alle wussten, dass sie sterben würde, und sie haben sie behandelt wie eine hinfällige, zerbrechliche Kranke. Und nicht wie ihre Anführerin. Sie haben sie behandelt wie eine betagte Dame. Doch seit sie wissen, dass ihr Tod sich möglicherweise als gefährlich oder ungünstig für sie erweisen könnte, sieht die Sache anders aus.
    «Er war auch verwundet», antwortet Mama sanft. «Ich bekam ihn zu packen, als ich im himmlischen Glanz stand, und ich habe ihm ein Ohr abgerissen. Ich dachte, er sei zu eitel, sich zu zeigen, ehe er vollständig geheilt ist.»
    Und wieder will sie nicht, dass die anderen alles erfahren, was an dem Tag passiert ist. Und so lügt sie ihnen dreist ins Gesicht. Ich werfe ihr einen scharfen Blick zu, aber sie schaut nicht mal in meine Richtung.
    «Dann ist er jetzt also geheilt», sagt Julia.
    «Ich weiß nicht», räumt Mama ein. «Ich weiß nur, dass Clara seine Anwesenheit auf dem Friedhof spürt.»
    Aller Augen wenden sich mir zu.
    «Und da bist du dir sicher», sagt Walter, und es ist im Grunde keine Frage. «Du bist dir sicher, dass es der Kummer eines Schwarzflügels war, den du gespürt hast, und nicht einfach nur der Kummer über den …»
    «Den Tod meiner Mutter?», führe ich seinen Satz weiter und wundere mich selbst, wie ruhig ich klinge. «Nein. Es war der Schwarzflügel.»
    Eine ganze Weile sagt keiner mehr etwas.
    «Dann erzähl es uns genau, Clara», meldet sich schließlich Walter wieder zu Wort, und seine Augen, die so sehr wie Christians Augen sind, tiefe Tümpel aus Smaragdgrün, sind auf mich gerichtet, als wollte er mir diese Informationen regelrecht aus dem Kopf reißen. «Was hast du gefühlt, in deinem Traum, auf dem Friedhof? Und was genau hat er gefühlt?»
    «Kummer», antworte ich gedehnt. Ich will Mama nicht in Schwierigkeiten bringen und auch nicht in Verlegenheit, und deshalb will ich nicht sagen, dass Samjeeza sie liebt.
    «Erzähl es ihnen», sagt Mama. «Nimm keine Rücksicht auf mich.»
    Na schön dann. Ich schließe die Augen, versetze mich zurück in den Moment in meinem Traum und versuche, sein Gefühl noch einmal zu spüren.
    «Ich fühle Kummer. Einsamkeit. Schmerz. Und ihr habt recht, ich dachte erst, es wäre mein Kummer. Aber dann spürte ich immer mehr seine Verzweiflung. Er weiß, er wird meine Mutter nie wiedersehen. Wohin sie gegangen ist, dorthin kann er nicht gelangen. Er hat sie verloren, für immer. Er hatte keine Gelegenheit, für sich zu sprechen. Alles wiedergutzumachen.»
    «Dann hätte er letzten Sommer die Gelegenheit nutzen sollen, alles wiedergutzumachen», sagt Billy hitzig, «anstatt zu versuchen, ihr das Lebenslicht auszublasen.»
    Mit traurigem, bittendem Blick sieht Mama sie an, und Billy schweigt.
    «Der springende Punkt ist», fahre ich fort, «dass er wütend ist. Auf einige von uns, um ganz genau zu sein.»
    «Auf wen?», fragt Julia.
    «Na ja, auf mich, auf jeden Fall schon mal. Er hält mich für unverschämt. Ich habe ihn gedemütigt. Ich habe Dinge gesagt, die ihn verletzt haben.» Ich zittere. «Er will mich vernichten. Ich erinnere ihn an …»
    «Auf wen sonst noch?», hilft mir Mama weiter. «Sag ihnen, auf wen er sonst noch wütend ist.»
    «Auf Mr Phibbs – ich meine Corbett. Aus irgendeinem

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