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Unendlichkeit

Unendlichkeit

Titel: Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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ändern. Ich kann die einzige Tat, die uns aus dem Schlamassel heraus helfen würde, nicht vollbringen, nicht wahr? Ich kann Sylveste nicht töten.«
    »Nein. Sollte das Risiko allerdings noch höher werden – sollte sich mit absoluter Klarheit herausstellen, das er getötet werden muss –, dann müssten wir uns wohl überlegen, was dazu erforderlich wäre.«
    Khouri brauchte einen Moment, um zu begreifen, was Volyova damit sagen wollte.
    »Selbstmord?«
    Volyova nickte finster. »Doch bis dahin muss ich alles tun, was in meinen Kräften steht, um Sylvestes Wunsch zu erfüllen. Sonst bringe ich uns alle in Gefahr.«
    »Du hast mich missverstanden«, widersprach Khouri. »Du unterstellst einfach, dass wir alle sterben müssen, wenn der Angriff gegen Cerberus keinen Erfolg hat, aber das sage ich doch gar nicht. Ich sage, dass auch dann etwas Schreckliches passiert, wenn der Angriff glückt. Das ist der Grund, warum die Mademoiselle Sylveste töten wollte.«
    Volyova hatte die Lippen zusammengepresst und schüttelte entschieden den Kopf wie eine gestrenge Mutter, die ihr Kind zurechtweist.
    »Ich kann nicht wegen einer vagen Vorahnung eine Meuterei anzetteln.«
    »Dann muss ich es vielleicht tun.«
    »Nimm dich in Acht, Khouri. Du musst sehr vorsichtig sein. Sajaki ist gefährlicher, als du dir vorstellen kannst. Er wartet nur auf einen Vorwand, um dir den Schädel aufzumeißeln und nachzusehen, was drin ist. Vielleicht wartet er auch gar nicht mehr. Und Sylveste… ich weiß nicht. Auch bei ihm sollte man sich gründlich überlegen, ob man ihm in die Quere kommen möchte. Besonders jetzt, wo er Blut gerochen hat.«
    »Dann müssen wir auf Umwegen an ihn heran. Über Pascale. Verstehst du? Wenn ich den Eindruck gewinne, dass sie ihn zur Vernunft bringen kann, werde ich ihr alles offenbaren.«
    »Sie wird dir nicht glauben.«
    »Vielleicht doch, wenn du meine Geschichte bestätigst. Und das wirst du doch tun?« Khouri sah Volyova an. Der Triumvir erwiderte den Blick schweigend. Vielleicht hätte sie geantwortet, doch in diesem Moment zirpte ihr Armband. Sie zog den Ärmel zurück und schaute auf die Anzeige. Sie wurde oben im Schiff verlangt.
    Wie immer erschien die Brücke viel zu groß. Die Hand voll Menschen, die sich in dem riesigen Raum verteilten, wirkten geradezu verlassen. Volyova überlegte kurz, ob sie einige der geliebten Toten beschwören sollte, um die Leere zu füllen und den Anlass ein wenig feierlicher zu gestalten. Aber das wäre eine Demütigung, und überhaupt war sie – obwohl sie sich so intensiv mit dem Projekt beschäftigt hatte – ganz und gar nicht in feierlicher Stimmung. Seit den jüngsten Gesprächen mit Khouri war auch der letzte Rest an Sympathie für das Unternehmen erloschen. Khouri hatte natürlich Recht – sie gingen schon ein unverantwortlich hohes Risiko ein, wenn sie sich nur in der Nähe von Cerberus/Hades aufhielten –, aber dagegen konnte sie nichts tun. Es ging auch nicht nur darum, dass das Schiff zerstört werden könnte. Khouri zufolge wäre es sogar besser, wenn das Schiff zerstört würde, als wenn es Sylveste gelänge, ins Innere von Cerberus vorzudringen. Das könnten zwar das Schiff und seine Besatzung überleben – aber das Glück wäre nur kurz, und was danach käme, wäre sehr viel schlimmer. Eine echte Katastrophe, nicht nur für Resurgam – nicht nur für dieses System –, sondern für die ganze Menschheit, wenn das, was Khouri über den Morgenkrieg erzählt hatte, nur halbwegs der Wahrheit entsprach.
    Sie war im Begriff, den schlimmsten Fehler ihrer Laufbahn zu begehen, und es war nicht einmal ein Fehler im eigentlichen Sinn, denn sie hatte keine andere Wahl.
    »Ich hoffe«, sagte Triumvir Hegazi, der auf seinem Sitz über ihr thronte, »der Aufwand lohnt sich, Ilia.«
    Das hoffte sie auch – aber sie dachte nicht daran, Hegazi gegenüber ihre Bedenken einzugestehen. »Halten Sie sich vor Augen«, sagte sie, an alle gewandt, »dass es kein Zurück mehr gibt, wenn wir erst angefangen haben. Es könnte in jeder Hinsicht ein schlimmes Ende nehmen. Möglicherweise provozieren wir den Planeten zu einer unmittelbaren Reaktion.«
    »Aber das muss nicht sein«, erklärte Sylveste. »Ich habe Ihnen wiederholt erklärt, dass Cerberus nichts unternehmen wird, was unerwünschte Aufmerksamkeit erregen könnte.«
    »Dann wollen wir hoffen, dass Ihre Theorien richtig sind.«
    »Ich denke, wir können unserem guten Doktor vertrauen«, sagte Sajaki, der neben Sylveste saß.

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