Ungezaehmte Leidenschaft
»Du hast mehrere Male geschworen, mich zu töten, Krieger. Du willst nur flüchten. Ich erkenne einen Trick, wenn ich ihm begegne.« Sie zuckte mit den Achseln und ließ den Kopf nach hinten an die Wand sinken. »Auch wenn ich dir vertrauen könnte … es gibt keinen, der mich schützen kann.«
»Warum bist du so wichtig für ihn?«
»Ich kann gut mit Tieren umgehen.«
Er verstand es zuerst nicht. Doch dann erinnerte er sich daran, einst von jenen seltenen Magiern gehört zu haben, die eine tiefe Bindung zu bestimmten Bereichen der Natur hatten.
»Du bist eine Circe.«
»Ja.« Wieder sah sie ihm in die Augen. »Das ist der Grund, warum du dich zu mir hingezogen fühlst, warum wir diese Energie erzeugen. Wegen des Tieres in dir.«
»Ist das der einzige Grund?« War sie sich tatsächlich nicht ihrer eigenen Anziehungskraft bewusst? Merkte sie nicht, dass er jedes Mal steif wurde, wenn sie das Zimmer betrat? Er war sich ganz sicher, dass das nichts mit seinem Tier zu tun hatte. Er und sein Tier kommunizierten nicht miteinander. Das hatten sie noch nie getan.
Sie beugte sich vor und streichelte seine Brust. »Ich weiß nicht, ob das der einzige Grund ist, weshalb ich von dir angezogen werde, aber es ist der einzige Grund, der zählt. Ich ziehe meine Energie aus Tieren.«
Nach diesen Worten kletterte sie vom Sockel und knöpfte ihr mit Blut besudeltes Kleid auf, während sie an seinem Kopf vorbei zum anderen Ende des Raumes ging. Er bog den Kopf nach hinten und sah, wie sie das Kleid beiseitewarf und einen unglaublich schlanken Körper von solcher Zartheit enthüllte, dass es ihm wehtat.
Sie langte nach oben, legte einen primitiven Wasserhebel um, und schon strömte das Wasser mit Druck auf sie herunter. Sie griff nach einem Seifenstück, das auf dem Boden lag, und wusch sich das Blut von Gesicht, Haaren und Körper. Dann stellte sie das Wasser wieder ab.
»Wird der Raum nicht vom Wasser überflutet?«, fragte er.
Sie schnappte sich ein fadenscheiniges Handtuch, das auf einem kleinen Haufen auf einem Stein in der Ecke lag, und trocknete sich damit ab. »Der Boden ist nicht ganz eben, und es gibt kleine Abflüsse im Fels, sodass das Wasser unter den Wänden ablaufen kann.«
»Wie lange lebt der Magier schon hier?«
»Seit dem letzten Krieg mit den Kriegern des Lichts.«
Ein Krieg, der sich zuspitzte, als der Magier drei frisch gezeichnete Krieger des Lichts gefangen genommen hatte, 1738. Nachdem Lyon fast ein Dutzend Magier, Wächter und ihren obersten Anführer, den Elementargeist, getötet hatte, war von ihm die Forderung ausgegangen, Frieden zu schließen. Und er hatte ihn bekommen. Mehr als zweihundertsiebzig Jahre lang hatte eine erzwungene Harmonie zwischen den Völkern geherrscht, und man hatte einander eigentlich ignoriert. Ein kalter Krieg, der jetzt nicht mehr kalt war.
Er sah, wie sie das Handtuch fallen ließ und ein dunkelblaues Kleid von einem Bügel zog. »Wie lange bist du schon hier?«, fragte er sie.
»Ich weiß es nicht.« Sie zog sich das Kleid über den Kopf. »Zeit hat hier keine Bedeutung.«
»Bist du hier geboren worden?«
»Nein. Ich war acht, als Birik mich von meiner Mutter wegholte und zu seinem Lehrling machte. Auch er ist in der Lage, andere Lebewesen in seinen Bann zu ziehen, aber seine Gabe ist längst nicht so stark wie meine. Meist schart er nur Schlangen um sich.« Ein finsterer Ausdruck huschte über ihr Gesicht und deutete ein hitziges Temperament an, dessen Zeuge er noch nicht geworden war. »Er lehrte mich, zwang mich, Energie zu bündeln, damit er sie nutzen konnte. Ich bin seitdem nicht mehr aus diesen Wäldern herausgekommen.«
»Was passierte gerade in der Welt der Menschen, als du hierherkamst? Erinnerst du dich noch daran? Weißt du irgendetwas?«
»Sie schickten Menschen in die Umlaufbahn der Erde und versuchten gerade, zum Mond zu fliegen.«
»Das war in den Sechzigerjahren. Du bist dann also seit ungefähr vierzig Jahren hier unten. Du bist noch sehr jung.«
Sie zuckte mit einer Augenbraue, und in ihren Augen funkelte es herausfordernd, worüber er sich freute. »Und du bist also älter?«
Er lächelte und überraschte damit sich selbst. »Ich bin fast vierhundert.«
Ein verstehendes, belustigtes Lächeln ließ ihr Gesicht erstrahlen, war aber genauso schnell wieder verschwunden, wie es gekommen war. Trotzdem hatte Paenther das Gefühl, als hätte ihm jemand mit aller Kraft in den Unterleib geboxt.
Skye schob ihre Ärmel hoch und kam zu ihm. Ihren
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