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Unglaubliche Reise des Smithy Ide

Unglaubliche Reise des Smithy Ide

Titel: Unglaubliche Reise des Smithy Ide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R McLarty
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Händen, die mich aufrecht hielten.
    »Fahrrad«, sagte ich schließlich.
    Er schaute an mir vorbei auf die Trümmer meiner kastanienbraunen Kindheit.
    »Kein Fahrrad mehr. Werden Sie sterben?«
    Bill Butler hatte mich das Gleiche gefragt, als sie mich zusammengeschossen hatten. Da war ich ziemlich sicher, dass ich sterben würde, aber ich hab’s nicht getan.
    »Nein.«
    »Können Sie in mein Auto steigen?«
    »Kann ich in Ihr Auto steigen?«
    Wir warteten beide, und langsam sah ich ihn deutlicher. Klapperdürre Arme, flach auf den Wagen gelegt. Schlabberige Jeans und ein graues Sweatshirt, das an ihm hing wie ein Zelt. Langes, feines braunes Haar hing ihm verschwitzt über die Ohren, und da, wo kein Bart sein milchweißes Gesicht bedeckte, sah ich große, eckige roten Flecken, die aussahen, als wollte gleich Blut aus ihnen hervorspritzen. Und das waren meine Gedanken, als wir einander anschauten: Ich dachte, wie merkwürdig die Strömungen in dem See in Maine waren, kalt und warm. Mom zählte – »zwei, vier, sechs« -, während ich den Atem anhielt und mich unter Wasser an Steinen festhielt. Ich dachte an einen großen Felsen, nur wenige Zoll unter der Wasseroberfläche, und daran, wie mein Pop und Bethany und ich mit gelben Bojen hinausschwammen und sie unten an dem Felsen festbanden, damit die Motorboote nicht dagegenfuhren. Das rote Kanu. Die Entenmütter, die ihre Küken vorführten und im leichten Wind des Spätsommernachmittags um Futter bettelten.
    Sein Weinen holte mich aus Maine zurück.
    »Es tut mir so Leid«, sagte er, immer noch an die Haube des Pick-up gelehnt. Er war blau. Nein, er war grün. Es war ein grüner Pick-up.
    »Sie müssen zu meinem Wagen kommen. Ich glaube, ich kann nicht loslassen. Mir ist schlecht. Mir ist ganz schlecht.«
    »Das sieht man«, sagte ich. »Mein Raleigh …«
    »Das Rad ist hin.«
    Mein Rad, meine Bananen. Das gute, klare Quellwasser in den guten, klaren Plastikflaschen.
    »Sie müssen in meinen Wagen steigen.«
    »In Ihren grünen Wagen?«
    »Ja.«
    Die Sonne hing tiefrot, ein roter Ball mit gelbem Rand, eine Handbreit über den hohen Sonnenblumen.
    »Kommen Sie auf Händen und Knien zu meinem Wagen.«
    Ich hielt meine Hände hoch, zu ihm und dem Kotflügel des Pick-up. »Blut«, sagte ich.
    »O Gott!«, schluchzte er. »Auf Händen und Knien, auf Händen und Knien.«
    Ich rollte mich auf Hände und Knie herum und starrte den Pick-up an wie ein Bluthund.
    »Kommen Sie. Kommen Sie jetzt. Das können Sie.«
    Ich konnte es. Ich fühlte keinen Schmerz. Ich erinnerte mich ans Fliegen, aber nicht ans Landen. Hände und Knie. Hände und Knie. Meine Pfoten hinterließen blutige Abdrücke. Ein paar Autos bremsten kurz ab, hielten aber nicht an. Er schob sich, einen schlurfenden Schritt nach dem andern und mit den Händen am Blech, zur Beifahrerseite und öffnete die Tür.
    »Mein Gott«, keuchte er erschöpft.
    Ich kroch in die Kabine des Pick-up, fiel auf die Seite und stemmte mich hoch, bis ich saß. Er schloss die Wagentür. Als er um die Motorhaube herum zur Fahrerseite gekommen war, war die Sonne vollends untergegangen. Er zog sich herein, und wir fuhren ab. Mein Raleigh blieb hinter uns zurück.
    »Clarion Mercy Hospital«, sagte er.
    Fünf Minuten später sagte er: »Die Mennoniten führen das Mercy Hospital. Ich gehe da manchmal hin.«
    Ich legte die Hände auf das Armaturenbrett. So hielt ich mich aufrecht. Solange man sitzt, kann man nicht sterben.
    »Brüste«, sagte ich irgendwie beiläufig. »Titties, sagte sie, aber dann zeigte sie auf die Muschi. Traurig, natürlich, und verlegen. Hechte.«
    Der dürre Mann, dem so schlecht war, trat aufs Gaspedal.
    Wir hielten in der halbrunden Zufahrt vor der Notaufnahme. Er stieg aus dem Pick-up und bewegte sich in Zeitlupe zur Beifahrerseite.
    »Ich komme«, keuchte er. »Keine Angst.«
    Er hatte eben die Hand auf den Türgriff gelegt, als zwei uniformierte Notfallsanitäter, ein schwarzer und eine massige Frau in Orange und Grün, ihn mit festem Griff in einen Rollstuhl setzten.
    Er wollte etwas sagen, aber die Frau drehte den Rollstuhl um und schob ihn die Rampe hinauf zu der Doppeltür.
    »Wir sorgen dafür, dass es ihm gleich besser geht.« Der schwarze Sanitäter nickte mir beruhigend zu.
    Ich nickte zurück.
    Ich sah ihnen nach, als sie durch die hellblaue Tür verschwanden. Ich schaute mich um. Meine Augen waren kalt, und ich fühlte, wie das Blut an meinem Arm und auf meinem Rücken hart wurde. Ich holte ordentlich

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