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Unglaubliche Reise des Smithy Ide

Unglaubliche Reise des Smithy Ide

Titel: Unglaubliche Reise des Smithy Ide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R McLarty
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Indiana, wurde ich langsamer und machte schließlich Halt. Der Abend war gekommen, und ich hatte es gar nicht bemerkt. Es war mein bisher bester Tag auf dem Rad. Ich dachte an Norma und bereute, dass ich sie nicht zwischendurch angerufen hatte, denn jetzt war kein Telefon in der Nähe, nur ein großes Sonnenblumenfeld. Alle Blumen waren der untergehenden Sonne zugewandt. All die Reihen von Blumen wiegten sich im warmen Wind. Ich hatte noch nie in einem Blumenfeld geschlafen, und ich sagte laut: »Was ist Hook doch für ein Glückspilz.«
    In diesem Augenblick erwischte Carl Greenbergs Pick-up mich von hinten.

30
    B ill Butler war der einzige Mensch – abgesehen von meiner Familie, den Ärzten und Norma -, dem ich je von Bethany erzählt hatte. Meine Tante Paula wusste natürlich Bescheid, und Count und Bea und unser Pfarrer von Grace Episcopal, aber mit denen sprach ich nie über sie. Das heißt nicht, dass ich mich geschämt hätte, aber man konnte es nicht erklären – und selbst wenn man es hätte erklären können, wäre daraus wahrscheinlich eine Art Entschuldigung oder so was geworden. Ich brauchte mich aber für meine Schwester nicht zu entschuldigen.
    Bill kriegte nie viel Post, und eines Tages, als ich einen Brief von meiner Schwester las – einen der wenigen Briefe, die sie mir schrieb -, setzte er sich zu mir.
    »Gute Nachrichten?«
    »Nur meine Schwester.«
    »Geht’s ihr gut?«
    »Ich nehm’s an.«
    »Hübsch?«
    »O ja.«
    »Was schreibt sie?«
    Es regnete auf unser Zelt, und ich weiß noch, wie sehr es mich an das Boyscout-Camp erinnerte. Das war der Krieg für mich. Ich bekam nichts mit. Ich wusste einfach nichts. Kleine, schlammige Pfützen bildeten sich in Alpha Base, und Bäche flossen unter den Sperrholzplatten auf dem Boden hindurch.
    »Meine Schwester schreibt ein bisschen seltsam.«
    »Was denn?«
    Bill zündete sich eine Zigarette an und gab mir auch eine. Marlboro. Ich nahm einen Zug und schaute wieder auf den Brief.
    »Na ja, Bethany, so heißt meine Schwester, sagt, sie kennt eine Menge Geheimnisse, und eins davon besteht darin, dass es, wenn die Stimme ihr sagt, sie soll sich das Gesicht zerkratzen oder die Haare ausreißen, eine Phase ist, die sie durchmachen muss, um eine bessere Bethany zu werden. Außerdem weiß sie, wo Gott wohnt, und manchmal in der Kirche weiß sie, dass sie umherschweben könnte, wenn sie wollte, aber sie will niemandem Angst einjagen.«
    Bill nickte und zog an seiner Zigarette.
    »Sie sagt, meine Eltern sind gut, aber mein Pop beobachtet sie dauernd, und eines Tages nimmt sie sich vielleicht ein Steakmesser und schneidet sich den Kopf ab. Sie sagt, dann wird er aufhören, sie zu beobachten. Außerdem glaubt sie, ich werde hier drüben sterben.«
    Bill nahm wieder einen Zug. »Ich hab zwei Schwestern. Ich hab Tanya und Dorothy. Tanya ist schwarz, und Dorothy ist braun. Derselbe Daddy. Tanya hat eine Riesenklappe. Die kann vielleicht quatschen. Jap jap jap. Dorothy ist wie’ne Maus.«
    »Sind sie hübsch?«
    »Tanya ja. Dorothy sieht scheiße aus. Ist aber nett.«
    »Das ist doch auch gut«, sagte ich. Wir rauchten unsere Zigaretten schweigend zu Ende. Dreißig Sekunden nur rauchender Atem. Es regnete immer noch. Bill nahm zwei neue Marlboro aus der Packung und gab mir eine.
    »Dann ist sie verrückt?«
    Draußen vor dem Zelteingang, auf dem Mattenweg aus geflochtenem Gummi, der uns alle verband, stand Bethany in ihrem weißen Ballkleid in einer Pose. Es war eins der ersten Male, dass ich sie klar und deutlich sah. Sie stand im Regen, aber sie war trocken. Ihr Lächeln, ihr Haar, ihre Augen spiegelten die Sonne wider, obwohl die Sonne nicht schien.
    »Ja«, sagte ich.
    Bill nickte und sagte nichts weiter. Nach einer Weile stand er auf und legte sich auf seine Pritsche. Ich schaute in den Regen hinaus, bis Bethany weg war.

31
    E r kam um den vorderen Kotflügel herum und blieb stehen, stützte sich mit beiden Händen auf die Motorhaube und sah mich an. Sah mein Fahrrad an. Er weinte.
    »Oh«, sagte er. »O nein.«
    Ich saß mit ausgestreckten Beinen auf dem Boden und machte mit Sicherheit das dümmste Gesicht, das der Mann je gesehen hatte. Ich schwankte hin und her.
    »Raleigh«, sagte ich.
    »Ich kann nicht hin«, sagte er. »Und wenn ich hinkönnte, könnte ich es nicht aufheben.«
    Ein paar Vögel schwirrten über uns hinweg, und ich sah so was wie Nebel über einem anderen Feld, geformt wie eine Wolke. Wir schwiegen. Ich fühlte Blut unter meinen

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