Unglaubliche Reise des Smithy Ide
Und ich bin jetzt in Huron, Indiana. Ich hab einen Bart.
Norma: Einen Bart? Wow. Ich würde dich gern mit Bart sehen.
Ich: Ich weiß nicht.
Norma: Ich wette, du siehst toll aus.
Ich: Ich sehe nicht toll aus. … Na, ich sollte jetzt Schluss machen, damit ich mein kleines Zelt aufschlagen kann … Ein Zelt hat sie mir auch gekauft.
Norma: Ich liebe dich.
Ich: Hey, Norma?
Norma: Ja, Smithy?
Ich: Haben sie mich bei Goddard gefeuert?
Norma: Ja.
Ich: Bye, Norma.
Norma: Bye, Smithy.
38
W ir haben nie erfahren, wo Bethany in den Monaten vor meiner Heimkehr gewesen war. Ich nehme an, sie wusste es selbst nicht. Ich wusste, dass es dort nicht sanft zugegangen sein konnte, denn ein paar Zähne waren ausgeschlagen, und zusätzlich zu ihrem Wahnsinn fand man im Bradley Hospital einen angebrochenen Oberschenkel und eine gebrochene Rippe. Bethany blieb zwei Wochen im Krankenhaus, und sie passten ihre Medikamente an, und dann passten sie sie noch einmal an. Pop hatte ihr auch eine neue Psychiaterin besorgt, eine Ärztin namens Georgina Glass. Dr. Glass war eine der schönsten Frauen, die ich je gesehen hatte. Wahrscheinlich hatte sie die dichtesten schwarzen Haare der Welt, sie war groß, und sie hatte gigantische Brüste. Die verliehen ihr eine Aura, glaube ich. Ich hatte wirklich Achtung vor ihr, und immer wenn Bethany einen Termin in ihrer Praxis am Blackstone Boulevard in Providence hatte, ging ich mit.
Dr. Glass war geschieden. Das wusste ich, weil sie Bethany alles erzählte. Sie erzählte ihr alles, und sie erwartete, dass Bethany es auch tat. Sie hatte zwei Freunde; einer war natürlich Arzt, der andere Footballcoach an der Brown University. Sie war reizend, und sie mit meiner Schwester zu sehen, war wie ein Wunder. Sie holte alles heraus, was an Bethany großartig war. Und nach jeder Sitzung umarmten sie sich.
Ich hatte meinen Job bei Goddard angefangen. Ich arbeitete in der »SEAL Sam«-Fertigung. Ich war noch nicht zum Vorarbeiter aufgestiegen und verbrachte deshalb den größten Teil des Tages am Fließband. Fließband ist einfach, aber nach einer Weile wird es schwer. Als Vorarbeiter wurde ich nie wütend, wenn am Band einer der Leute einen Arm anbrachte, wo ein Bein sein sollte. Ich hatte siebeneinhalb Jahre lang am Band gearbeitet, und ich wusste, dass Arme und Beine schon um halb zwölf vormittags gleich aussahen.
An den Tagen, an denen Bethany zu Dr. Glass musste, raste ich nach Hause – ich wohnte damals noch zu Hause -, zog meinen roten Goddard-Overall mit dem Gesicht von »SEAL Sam« auf dem Rücken aus und meinen anthrazitgrauen Anzug von Anderson Little and Co. an. Ich hatte angefangen zuzunehmen, und die 40er Jacke ließ sich nicht mehr zuknöpfen, aber wenn ich sie offen ließ, sah sie nicht übel aus, fand ich. Und ich steckte immer meine »Purple Heart«-Nadel an.
»Du fährst mich gern zu der Ärztin, nicht wahr?«, sagte Bethany, als ich Pops Wagen über die Old George Washington Bridge fuhr.
»Ich glaube, ja.«
»Warum?«
»Ohne Grund.«
Bethany schwieg eine Weile. Sie starrte hinaus über den schwarzen Providence River. »Ich werde wieder im Second-Hand-Laden arbeiten«, sagte sie nüchtern.
»Gut.«
»Da kommen alte Leute. Manchmal sind es Landstreicher. Es ist schwer zu sagen, ob sie wirklich welche sind, aber ich kann es erkennen. Sie wollen Schuhe und warme Jacken. Manchmal wollen sie was und haben überhaupt kein Geld.«
Ich bog in die Waterman Avenue und fuhr hinüber zum Blackstone Boulevard. »Was machst du, wenn sie Schuhe wollen und kein Geld haben?«
»Ich gebe sie ihnen.«
»Und niemand hat was dagegen?«
»Schnibe«, murmelte sie. »Schnibe, Callop, Disper.«
»Was?«
»Was?«
»Du hast gerade was gesagt.«
»Nein, hab ich nicht.«
»›Schnibe‹ oder so was.«
»Nein, hab ich nicht.«
Dr. Glass hatte ihre Praxis zu Hause in einem Klinkerhaus in der Nähe des Campus der Brown University. Das Footballfeld lag oberhalb davon, und ich parkte neben der Betontribüne.
»Callop«, sagte sie lauter.
»Was?«
»Es ist das Footballfeld. Der eine von Dr. Glass’ Freunden ist Footballcoach.«
»Ich weiß«, sagte ich. Ich tat, als interessierte mich das nicht, aber das tat es doch. Ich mochte Dr. Georgina Glass. Ich mochte ihren Namen. Sie war die einzige Georgina, der ich je begegnet war. Immer wenn ich sie mit Bethany in ihrer Praxis sah, war es wie das erste Mal, denn sie erinnerte sich nie an mich, und deshalb streckte sie immer die Hand aus und sagte:
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